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1935 gründeten die in Grenchen ansässigen Schwarzbuben ihre Vereinigung. Die Uhrenstadt lockte mit damals Arbeitsplätzen. Aus den Schwarzbuben wurden schliesslich Grenchner. Jetzt wurde die Vereinigung aufgelöst.
Dieses Frühjahr fand im Restaurant Marti in Bettlach die letzte Versammlung der Schwarzbubenvereinigung Grenchen statt. Damit fand eine Geschichte einen Abschluss, die 1935 ihren Anfang nahm. Vom wichtigen Anlass existiert nur gerade das Gruppenfoto der Gründer, aufgenommen vor dem Restaurant Jurahalle in Grenchen. Dieses Lokal befand sich an der Kirchstrasse 57 und existiert heute nicht mehr. Zu den Gründern, deren Namen heute leider nicht bekannt sind, gehörten Frauen und Männer, die ihre familiären Wurzeln in den beiden solothurnischen Bezirken Thierstein und Dorneck hatten.
1935 war nicht allein für die neue Schwarzbubenvereinigung, sondern auch für Grenchen ein wichtiges Jahr, denn die Solothurner Stimmbürger wählten zwei Grenchner, Adolf Furrer und Albert Helbling, in den Nationalrat. Im gleichen Jahr wählte dann die Vereinigte Bundesversammlung den Grenchner Hermann Obrecht sogar in den Bundesrat.
Zuletzt noch 24 Mitglieder
Doch zurück in die jüngste Gegenwart: Zuletzt zählte die Schwarzbubenvereinigung Grenchen noch 24 Mitglieder. Sie wurde von folgendem Vorstand geleitet: Präsident: Heiner Grolimund; Vize-Präsident: Franz Saner; Sekretär: Engelbert Jeger; Kasssier: Markus Jeker; Beisitzerin: Bethli Wenger; Beisitzer: Marcel Hägeli und Karl Bucher. Die Versammlung beschloss zwar die Auflösung der Vereinigung, gleichzeitig aber auch, dass sich alle hier ansässigen Schwarzbuben in Zukunft immer am 1. Freitag im Februar des Jahres um 19 Uhr in der Tennishalle Grenchen treffen wollen. Allerdings, Einladungen würden keine verschickt und jedes Mitglied der nun aufgelösten Vereinigung sei gehalten, diesen Tag in seiner Agenda einzutragen und alle andern Schwarzbuben in geeigneter Form zu orientieren.
Immer wieder zogen auch in der Vergangenheit initiative Schwarzbuben nach Grenchen, um hier ihr Glück zu machen: Seraphin Lambert, der Leiter der gleichnamigen Maschinenfabrik, den die Bürgergemeinde 1918 in Würdigung seiner grossen wirtschaftlichen Verdienste wegen zum Ehrenbürger ernannte; Erwin Jeker, Baumeister und Gründer der Firma Jeker und Söhne, die zahlreiche wichtige Bauwerke Grenchens realisierte und Lehrer Albin Stebler, der den Samariterverein Grenchen gründete und in Grenchen die Ferienkolonie ins Leben rief. Werner Strub aus Breitenbach gründete und führte die Gärtnerei Strub, die heute von seinem Sohn Werner weitergeführt wird. Heinz Hänggi gründete die erfolgreiche Feinstanz-Fertigung, die heute in zwei Betrieben von seinen Söhnen Eugen und Rolf geleitet wird.
Im Schwarzbubenland sahen sich im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts viele Arbeitnehmer gezwungen, ihre angestammte und vertraute Umgebung zu verlassen, um anderswo Arbeit zu finden. Die Uhrenindustrie und die Betriebe der Zulieferfirmen in Grenchen schien vielen von ihnen jene wirtschaftliche Sicherheit zu bieten, die sie suchten. Von Vorteil war es auch, dass man in Grenchen im angestammten Heimatkanton blieb. Zudem kannte man sich von Begegnungen in Vereinen, die im gesamten Kanton tätig waren. Grenchen besass für sie den Vorteil, dass die Uhrenstadt eigentlich recht nahe am Schwarzbubenland lag.
78 Jahre verbunden
Man ging gemeinsam bräteln, organisierte Wanderungen und Ausflüge, pflegte das Zusammensein beim Jassen und beim Kegeln. Immer aber achteten die Mitglieder darauf, dass sie die Sprache der Heimat pflegten, Nachrichten aus der Heimat verbreiteten, und nicht zuletzt wusste jedes Mitglied, dass es auf die andern zählen konnte, wenn es drauf ankam.
Besonders wichtig war den Grenchner Schwarzbuben der Kontakt zum Kalendermacher und Heimatdichter Albin Fringeli aus Nunningen. So fand 1943 in Zusammenarbeit mit dem Kaufmännischen Verein eine Vorführung des Films «Farbenfrohes Schwarzbubenland» statt, an der auch Albin Fringeli teilnahm. Im gleichen Jahr war Albin Fringeli auf Einladung der Literarischen Gesellschaft wiederum in Grenchen zu hören. Die kulturellen Verbindungen zwischen Grenchen und dem Schwarzbubenland waren sichere Werte. So publizierte der Grenchner «Spaten» Verlag der Schmelzi Druckerei Bücher von Albin Fringeli. – Aus vielen Unterlagen der Vereinsgeschichte geht hervor, dass der Gründer des berühmten Schwarzbubenkalenders in Grenchen in sehr hohem Ansehen stand.
78 Jahre lang hielt sich die Schwarzbubenvereinigung in Grenchen – 78 Jahre lang unternahm man gemeinsam dies und das. Die Kinder der Jeger, der Stebler und Dietler, der Grolimund und Borer waren bald einmal in Grenchen vollständig integriert, und die Heimat, von der ihre Eltern sprachen, war nicht mehr derart stark die ihre. Aus den Schwarzbuben wurden Grenchnerinnen und Grenchner, und je länger eine Familie von der alten Heimat im Lützeltal oder vom Land an der Lüssel weg war, desto stärker waren die Kinder und Grosskinder im Boden der neuen Heimat verwurzelt.