Granges Melanges organisiert in Zusammenarbeit mit den Schulen eine Erzählnacht. Diese soll die Schüler zum Lesen animieren.
«Wer hat die Filme von Harry Potter gesehen?», fragt Animateurin Sevim Polat, und praktisch alle Hände werden in die Höhe gestreckt. Bei der nächsten Frage, wer denn die Bücher gelesen habe, bleiben nur noch ganz wenige Zeigefinger der rund fünfundzwanzig Fünft- und Sechstklässler in der Luft, die sich um halb sechs in der Aula des Schulhaus Kastels versammelt haben und es sich auf ihren mitgebrachten Kissen gemütlich gemacht hatten.
Polat nickt und meint mit einem leichten Lächeln: «Vielleicht werdet ihr nach heute Abend Harry Potter lesen wollen.» Darauf fängt sie an, das erste Kapitel von «Harry Potter und der Stein der Weisen» zu lesen, das erste Buch von sieben über den berühmten Zauberschüler Harry von J.K. Rowling.
Polat führt immer wieder als Animateurin Veranstaltungen mit Kindern zur Leseförderung durch. Am vergangenen Donnerstag fand ein solcher Anlass für Fünft- und Sechstklässler statt, eine Woche zuvor für Dritt- und Viertklässler. Organisiert wurden die Anlässe, die jeweils rund eine Stunde dauerten, von Granges Melanges und dem Lehrerteam des Schulhauses Kastels. Dabei übernahmen Marijana Martic von Granges Melanges, Simone Flury und Lena Aebi, Primarlehrerinnen des Schulhauses Kastels, die leitenden Rollen in der Organisation und waren auch bei den Anlässen anwesend.
Es ist das erste Mal, dass Granges Melanges Anlässe zur Leseförderung anbot, und auch das erste Mal, dass man in der Frühförderung mit einer Schule zusammenarbeitete. Dafür hat Granges Melanges die Grenchner Schulen angefragt. Die beiden Lehrerinnen zeigten sogleich Interesse, sodass man sich fürs Schulhaus Kastels und die dortigen Schulklassen entschied.
Noch vor den Herbstferien mussten die Kinder sich anmelden. Das Ziel dieser Angebote war, die Kinder zum Lesen zu animieren. Dass sie sich beispielsweise mal ein Buch aus der Bibliothek ausleihen. «Das Lesen macht Spass und es ist sehr wichtig, denn es fördert die Sprachbildung», erklärt Polat. Wie Statistiken zeigen, sei das Lesen in den letzten Jahren zurückgegangen.
Die Kinder hingen Polat an den Lippen, die deutlich und in angenehmer Geschwindigkeit vorliest und dabei mit Mimik und Stimme spielt. Damit verleiht sie der Geschichte zusätzliche Spannung. Sie liest die erste Hälfte des ersten Kapitels; dieser Teil kommt im Film nicht vor, der erst unmittelbar darauf einsetzt. Das Kapitel stellt in der ersten Hälfte Tante, Onkel und Cousin vom Protagonisten Harry vor, die in der magischen Welt «Muggel» genannt werden; so werden in der Zauberwelt Nichtmagier genannt. Dabei geht Harrys Onkel los zur Arbeit, wobei er alles andere als den gewünschten gewöhnlichen Tag erlebt.
Nach dem Vorlesen, das ungefähr zwanzig Minuten dauert, schlüpfen die Kinder in die Rolle von Kommissaren und versuchen, drei Rätsel von Kommissar Maroni zu lösen. Geschrieben wurde das Buch mit den 40 Minikrimis von Jürg Obrist. Dabei ist jeweils zunächst der Fall von einem Kind vorgelesen worden, ehe in Gruppen über Text und Bild getüftelt wird.
Die Schülerinnen und Schüler stellen sich als sehr gewieft heraus: Ihnen bleibt demnach nicht verborgen, wer
in den Tee eines Profisportlers Schlafmittel mischt, und auch nicht, weshalb es sich bei den UFO-Bildern von Gert Nörmangler nur um Fotomontagen handelt.
Auch die fast vierzig Dritt- und Viertklässlern schlüpften bei der ersten Erzählnacht eine Woche zuvor in die Detektivrolle und machten sich dafür ihr eigenes Visitenkärtchen, ehe sie zusammen mit Polat Fall um Fall lösten.