Gewerbeverband
Mehr als ein Jahrhundert Geschichte aufgearbeitet

Der Gewerbeverband Grenchen (GVG) wurde 1898 gegründet. 2009 feierte er demzufolge das 111-Jahr-Jubiläum, im selben Jahr wurde auch das Kultur-Historische Museum Grenchen nach halbjährigem Um- und Ausbau wiedereröffnet.

Oliver Menge
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Angela Kummer mit einem Vorabdruck des Werkes, das in den letzten eineinhalb Jahren entstanden ist.

Angela Kummer mit einem Vorabdruck des Werkes, das in den letzten eineinhalb Jahren entstanden ist.

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Die erste Ausstellung war dem Grenchner Gewerbe und seiner Entwicklung gewidmet und die Museumsverantwortlichen arbeiteten eng mit dem damaligen Präsidenten des GVG, Ruedi Spielmann, und dem gesamten Vorstand zusammen. Grundlage zur Ausstellung im Museum war eine Festschrift, die der frühere Grenchner Stadtarchivar Hans Kaufmann zum 75-Jahr-Jubiläum des GVG verfasst hatte – eine chronologische Aufzählung des Gewerbes, illustriert mit Fotos aus der Zeit.

«Das kleine Büchlein war nicht sehr umfangreich und ist längst vergriffen, aber es zeigte ein interessantes Bild des Gewerbes und seiner Entwicklung bis in die 70er-Jahre. Seither wurde nichts mehr dokumentiert, und das während nun fast 40 Jahren», erklärt Historikerin Angela Kummer. Der GVG aber war sehr daran interessiert, seine eigene Geschichte professionell aufarbeiten zu lassen. Ruedi Spielmann trat mit der Idee an Alfred Fasnacht, Präsident der Stiftung Museum Grenchen und Angela Kummer heran und rannte förmlich offene Türen ein. Denn auch von Museumsseite bestand ein grosses Interesse daran, die Geschichte des Grenchner Gewerbes aufzuarbeiten, für einmal nicht aus der Sicht der gut dokumentierten Uhrenindustrie.

«Wir beschlossen, ein Werk zu erarbeiten, das nicht nur chronologisch wiedergibt, was gewesen ist, sondern wir wollten ein interessantes und unterhaltendes Buch schreiben, das über trockene Geschichtswiedergabe hinausgeht», erklärt Kummer. Bald wurde klar, dass ein mehrteiliges Werk entstehen würde.

Drei unterschiedliche Teile

In einem ersten Teil wurde die Geschichte des GVG von der Gründung an chronologisch aufgearbeitet. Die Schrift Kaufmanns diente dafür zum Teil als Grundlage, wurde aber ergänzt und vervollständigt. Im zweiten Teil kommen Zeitzeugen zu Wort. Die verschiedenen Autoren – Rainer W. Walter, Fred Fasnacht, Angela Kummer und Lukas Walter – machten Interviews mit Gewerblern, die in Grenchen ihre eigene Geschichte erlebt hatten und eine Rolle spielten. Darunter Personen wie Heini Vollenweider, die GREWA-Gründer Willy Schneider und Hansruedi Spielmann, Markus Frei, Heidi Guex von der Metzgerei Guex, die Staader Marktfahrer Margrit Sperisen und Max Gloor, die seit Jahrzehnten auf dem Grenchner Markt anzutreffen sind und vielen mehr.

Die jeweiligen Autoren legten Wert darauf, dass nicht Firmengeschichten präsentiert werden, sondern Begebenheiten und Zusammenhänge, die sonst nirgends thematisiert wurden. So zum Beispiel die Stimmung im Grenchner Gewerbe während der grossen Uhrenkrise, der so genannten «Quarzkrise», als sehr viele Leute Grenchen verliessen, arbeitslos wurden und damit sehr viel Kaufkraft verloren ging. «Es ist sehr interessant, zu beobachten, wie man damals mit Krisen umging und was für Rezepte man fand, um das Gewerbe zu stärken», stellt Angela Kummer fest.

Für den letzten Teil des Buches, dem Feuilleton, erschloss man zum Teil neue Quellen und stellte bekannte Persönlichkeiten vor, wie zum Beispiel den Grenchner Verleger Arnold Niederhäuser, der 1884 eine Druckerei gründete und fünf Jahre später das erste Grenchner Tagblatt herausgab. Aber auch andere, interessante historische Aspekte der Grenchner Gewerbegeschichte werden beleuchtet.

Breites Zielpublikum

«Unser Buch über den Gewerbeverband lehnt sich in Stil und Format eng ans Grenchner Jahrbuch an», sagt Kummer. In erster Linie richte es sich an die Grenchner, an Gewerbler und historisch Interessierte. «Es wäre wünschenswert, wenn wir damit den Zusammenhalt unter den Gewerblern stärken könnten», meint Kummer. Denn gerade jetzt sei es interessant für das Gewerbe, wenn man ihnen zeigen könne, wie ihre Vorgänger mit schwierigen Situationen innovativ umgegangen seien.

Das Titelblatt der Festschrift ziert ein Foto des in Grenchen nicht ganz unumstrittenen Kreiselschmuckes an der Solothurnstrasse. «Wir wissen, dass dieser Kreisel nicht allen Leuten gefällt. Aber dieses Werk entstand als ein Gemeinschaftsprojekt von vielen Grenchner Lehrlingen und hat dementsprechend auch eine Bedeutung», erklärt Kummer.

Noch dauert es einen Monat bis zur Buchvernissage vom 8. November, die anlässlich der Herbstversammlung des GVG stattfindet. Ab diesem Tag wird man das Buch, das in einer Auflage von 600 Stück erscheint, auch käuflich erwerben können.