Gemeinderat Grenchen
Marco Crivelli will Grenchen zu attraktiver Wohn- und Arbeitsstadt entwickeln

Marco Crivelli ist neu im Grenchner Gemeinderat. Für den Urgrenchner und Präsidenten der CVP Grenchen ist Politik allerdings nichts Neues. Verschiedene Familienmitglieder engagierten sich schon in der Politik.

Oliver Menge
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Marco Crivelli bei sich zu Hause.

Marco Crivelli bei sich zu Hause.

Oliver Menge

Marco Crivelli, seit 2011 sind Sie Parteipräsident der CVP-Grenchen und wurden jetzt neu in den Gemeinderat gewählt. Woher das Interesse an Politik?

Politik war schon im Elternhaus ständig präsent. Mein Vater war CVP-Mitglied und vor allem in der Bürgergemeinde aktiv, mein Onkel beschäftigte sich mehr mit der Gemeindepolitik. Schon als kleiner Junge kam ich so mit Politik in Berührung.

Crivellis sind in Grenchen ein «berühmtes» Geschlecht, politische Schwergewichte. War der Name Verpflichtung, in die Politik einzusteigen?

Berühmt, das sagt man so. Das politische Engagement der Familie hat schon früh angefangen, zuerst mit dem Grossvater, dann mit meinem Onkel. Aber ein Müssen war es nie für mich. Wir wurden erzogen, unsere eigenen Wege zu gehen, auch beruflich. 2008 wurde ich für die Forstkommission der Bürgergemeinde angefragt, dort war die Anbindung an eine Partei zwingend. So wurde ich Mitglied der CVP. Zwei Jahre lang war ich Mitglied und seit 2010 Präsident der Forstkommission. So fing ich an, mich politisch zu betätigen. Meine Hauptmotivation aber: Ich bin ein Urgrenchner und will etwas für meine Stadt tun, etwas beitragen.

Zur Person Marco Crivelli

Marco Crivelli, 1972, geboren in Grenchen, Primarschule und Bezirksschule in Grenchen, Lehre als Hochbauzeichner bei Baumann+Khanlari AG in Biel. Militärdienst bei den Genietruppen, 1 jähriges Praktikum auf dem Bau. Studium der Architektur an der Zürcher Hochschule in Wintherthur, Diplomjahr 1999. Verschiedene Anstellungen in Zürich, Raum Aarau und Grenchen. Seit 2007 selbstständig und seit 2010 Mitinhaber der Bigolin+Crivelli Architekten AG in Grenchen. (RRG)

War das auch die Motivation, das Parteipräsidium anzustreben?

Ja.

Und auch dafür, sich jetzt in den Gemeinderat wählen zu lassen?

2011, als ich das Parteipräsidium übernahm, betonte ich, dass ich mich nicht auf die Wahlliste setzen lasse. In diesem Jahr habe ich mich im Interesse einer guten Liste der CVP dafür entschieden anzutreten und es hat sich ergeben, dass ich gewählt wurde.

Was möchten Sie für Grenchen erreichen?

Die CVP-Grenchen hat ein Positionspapier «agenda 2020» vorgelegt. Hauptziel ist es, Grenchen zu einer modernen, attraktiven Wohn- und Arbeitsstadt zu entwickeln. Hauptpunkt ist die Attraktivierung des Zentrums mit einer Erweiterung des Einkaufangebots und den Marktplatz mit Läden und Boutiquen zu beleben. Grenchen muss für Familien aus dem Mittelstand attraktiver werden, sodass man längerfristig Steuergelder generieren kann.

Was für konkrete Massnahmen muss man ergreifen?

Wir haben eine gut funktionierende Wirtschaftsförderung, diese hat aber ihr Hauptgewicht auf der Ansiedlung von Firmen im Industriegebiet. Eine mögliche Lösung wäre eine Erweiterung mit der Schaffung einer Anlaufstelle fürs Kleingewerbe und für Leute, die in Grenchen zum Beispiel einen Laden eröffnen möchten. Auch das brachliegende Standortmarketing muss man wieder beleben. Es wäre wichtig, nicht nur Grenchen-interne Veranstaltungen und Anlässe zu bewerben, sondern auch die Stadt aktiv nach aussen hin zu vermarkten. Wir von der CVP möchten eine Pendler-Umfrage starten, um herauszufinden, was nötig wäre, die Pendler dazu zu bewegen, nach Grenchen zu ziehen. Der Ruf der Stadt muss besser werden, ebenfalls eine Aufgabe des Standortmarketings.

Muss man auch in den «Problemquartieren», wie zum Beispiel dem Lingeriz, etwas unternehmen?

Hier sind sich im Grunde alle Parteien einig und jetzt muss man ein Gesamtkonzept erstellen, wie man das Quartier attraktivieren kann, wie man die Wohnungen attraktiver machen kann, sodass wieder Familien aus dem Mittelstand dort einziehen. Aber das lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Die ETH Zürich hat eine Entwicklungsstudie über ganz Grenchen erstellt und ich erhoffe mir gewisse Ideen, gerade für solche Quartiere. Man kann dieses Problem nicht mit «Pflästerlipolitik» lösen, sondern muss es im Ganzen anschauen. Und darum wird das auch seine Zeit brauchen.

Finden Sie Grenchen schön?

Grenchen ist sehr schön. Die Stadt liegt in einer wunderschönen Umgebung mit einem Naherholungsgebiet - Witi und Aare, Grenchenberg - das seinesgleichen sucht. Wir haben eine gute Infrastruktur mit der Sportstättenzone, dem Flughafen, dem Parktheater, mit der man sich zeigen kann. Es ist ruhig und grün hier, ich fühle mich sehr wohl in Grenchen. Ausser bestimmten Einkaufsangeboten hat man hier alles, was man zum Leben braucht.

Sind Sie für Steuersenkung, Steuererhöhung, Beibehalten des Steuersatzes?

Im Moment ist das Ziel, die Steuervorgaben beizubehalten. Angesichts der Budgetzahlen Grenchens ist an Steuersenkungen nicht zu denken. Aber die Attraktivität der Stadt lässt sich durch Steuererhöhungen auch nicht steigern. Wir müssen haushälterisch mit dem Budget umgehen und Investitionen in einem Rahmen tätigen, den die Finanzen zulassen.

Neu im Gemeinderat

In unserer kleinen Serie stellen wir die vier Neuen im Grenchner Gemeinderat vor, die Mitte April vom Stimmvolk gewählt wurden. Im dritten Teil ein Interview mit Marco Crivelli von der CVP. Als Parteipräsident wurde er erstmals in den Gemeinderat gewählt. (om)

Wo werden Sie in der Gemeinderatspolitik Ihre Schwerpunkte haben?

Ich möchte mich nicht jetzt schon auf einen Schwerpunkt festlegen. Mich interessiert das Soziale, die Bildung, die Entwicklung der Stadt aus baulicher Sicht. Aber man kann die Bereiche nicht einzeln betrachten, denn alles ist miteinander verknüpft. Jedes Quartier hat beispielsweise seine eigenen sozialen Strukturen und die ändert man nicht, indem man ein Gebäude hinstellt oder abreisst.

War der Entscheid richtig, den Kindergarten nicht im Lingeriz zu bauen?

Ja, ich bin nach wie vor dieser Meinung. Denn dieser Kindergarten wäre ein Provisorium für drei bis fünf Jahre gewesen. Und so viel Geld auszugeben für etwas, von dem man weiss, dass es wieder wegkommt, finde ich falsch. Solange man nicht weiss, wohin es mit dem Lingerizquartier geht, war der Entscheid, den bestehenden Kindergarten beim Lindenhaus auszubauen, meiner Meinung nach richtig. Das gibt nun halt eine Denksportaufgabe für die Schulverwaltung, denn schliesslich hat man schon Kindergärten im Lingeriz. Jetzt kommt es einfach auf eine geschickte Einteilung der Kinder an. Beim Kindergartenthema wurde auch etwas Wahlkampfpolemik betrieben.

Inwiefern beeinflusst der Wahlkampf ums Stadtpräsidium die Arbeit im Gemeinderat?

Es ist wichtig, jetzt diesen Wahlkampf zu führen und ich hoffe, er wird fair und sauber geführt. Am 22. September wird der Entscheid gefällt. Wir von der CVP hoffen, dass Herausforderer François Scheidegger gewählt wird. Nach der Wahl - unabhängig davon, wer gewählt wird - muss man zum Wohle Grenchens zurück zur Sachpolitik finden. Es darf nicht sein, dass die einen dann Vorlagen der anderen nur aus dem Grund abschiessen, weil die Wahl anders ausgegangen ist, als erhofft. Wir sind gewählte Volksvertreter und haben die Aufgabe, etwas für Grenchen zu tun und die Stadt weiterzubringen. Das ist unsere Aufgabe für die nächsten vier Jahre.

Gibt es neben Politik und Beruf noch Platz für Hobbys und Freizeit?

Die Familie ist mir sehr wichtig und kommt auch als «Hobby» an erster Stelle. Ich bin seit 15 Jahren mit meiner Frau Carole verheiratet, habe zwei Kinder, meine Tochter Kira, die 15 Jahre alt wird und mein 12 jähriger Sohn, Siro. Politik ist für mich ebenfalls ein Hobby, bei dem ich viel Zeit investiere, genauso wie auch mein Beruf. Ich bin sehr an Sport interessiert, habe selber lange Fussball gespielt und trainierte beim FC Grenchen Junioren. Momentan beschränke ich mich etwas auf «Sofasport» und auf die sportlichen Aktivitäten, die wir als Familie unternehmen können: im Winter vor allem Skifahren. Ich lese sehr gerne, vor allem Krimis.