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Richard Aschberger ist als Secondo kein typischer SVP-Politiker und vertritt doch eine klare Linie. Im Kampf gegen steigende Sozialkosten sind im besonders «Sozialschmarotzer» ein Dorn im Auge.
Richard Aschberger, für Sie ist die Arbeit im Gemeinderat ja nichts wirklich Neues?
Richard Aschberger: Nein, denn ich war die letzten vier Jahre Ersatzgemeinderat und war aufgrund vieler Abwesenheiten der ständigen Mitglieder oft an Sitzungen. Ich habe ausreichende Erfahrungen sammeln können, wie zum Beispiel Interpellationen, Motionen etc. einzureichen sind.
Woher kommt Ihre Motivation, sich politisch zu betätigen?
Politisch interessiert war ich schon immer, allerdings ohne einer Partei anzugehören oder bei politischen Aktionen mitzumachen. Ursprünglicher Auslöser für die Parteimitgliedschaft bei der SVP war die Verkehrsführung in Grenchen. Das geht auf die Jahre 2007 und 2008 zurück. Damals hatten wir überall viele Schlaglöcher, ständig gab es neue Baustellen und die Strassen wurden aufgerissen.
Da das ja nicht ohne finanzielle Folgen für die Steuerzahler bleibt, begann ich mich dafür zu interessieren, welche Partei sich um diese Probleme kümmert. Ich informierte mich, besuchte eine Mitgliederversammlung der SVP und stellte fest, dass man dort offen über alles diskutiert. Also wurde ich Parteimitglied.
Sie machten also eine steile Karriere vom politischen Nobody zum Parteipräsidenten?
Gleich zu Beginn 2008 hatte ich die Gelegenheit, mit den bisherigen Gemeinderäten sehr gute Gespräche zu führen. Die Gelegenheit einer Kandidatur auf der Gemeinderatsliste anerbot sich und ich wurde auf Anhieb als Ersatzgemeinderat gewählt. Als erster Ersatzgemeinderat erhielt ich, wie die ordentlichen Gemeinderäte, alle Unterlagen und erhielt so Einblick in alle möglichen politischen Geschäfte in Grenchen. Das hat mich umso mehr motiviert, mich politisch zu betätigen.
Ich erkannte, dass, wenn man gute Argumente ins Feld führt und die Leute überzeugen kann, man auch die Möglichkeit hat, etwas zu verändern. 2009 wurde ich dann angefragt, ob ich das Parteipräsidium übernehmen möchte, und ich sagte zu.
Und dennoch machen Sie nach aussen nicht den Eindruck eines typischen SVP-Politikers, ketzerisch gesagt: Sie sind kein «Polteri». Sind Sie in der richtigen Partei?
Das höre ich immer wieder. Ja, ich bin ganz sicher in der richtigen Partei und hatte auch nie Zweifel daran. Und ja, ich bin ein untypischer SVP-Politiker: Ich bin ein Secondo. Mein Vater ist Deutscher, meine Mutter Taiwanesin. Ich bin aber hier geboren, bin Grenchner Bürger. Und vielleicht gibt mir der Umstand, ein Secondo und gleichzeitig Grenchner Bürger zu sein, auch etwas Narrenfreiheit. Aber wenn ich mich zu einem Thema äussere, dann muss das auch Sinn machen. Es ist nicht meine Art, Veränderungen oder Aktionen zu fordern, ohne konkrete Vorschläge zu machen. Und wenn ich etwas ablehne, dann sage ich auch wieso.
So, wie zum Beispiel im Fall der Moschee?
Der Zug ist zwar abgefahren und man kann nichts mehr dagegen unternehmen. Aber ich hatte trotzdem keine Probleme, für die Partei hinzustehen und klar gegen die Moschee Stellung zu beziehen. Sich so zu exponieren, bringt aber auch Nachteile mit sich: anonyme Briefe, E-Mails, nächtliche Anrufe während mindestens 14 Tagen, die eine Deaktivierung der Combox nötig machen. Das passiert regelmässig seit 2010. Jedes Mal, wenn ich mich irgendwo in den Medien äussere, erhalte ich von unbekannten oder unterdrückten Nummern zu jeder Tages- und Nachtzeit Anrufe, manchmal
25 bis 30 Stück pro Tag. Ich habe damit kein Problem, es nervt höchstens.
In welchen Bereichen werden Sie politisch einen Schwerpunkt setzen?
Etwas vom Wichtigsten für mich ist Transparenz: Was passiert mit unseren Steuergeldern? Was macht überhaupt die Verwaltung? Was macht die Politik? Mein Ziel wäre es, an einen Punkt zu kommen, wo es jedem Bürger und jeder Bürgerin möglich wäre, zu sehen, wohin jeder Franken ihrer Steuern fliesst. Es kann nicht sein, dass man sich hinter einem Amtsgeheimnis oder irgendwelchen Verträgen versteckt. Mauscheleien oder Ähnliches gehen mir enorm gegen den Strich.
Setzen Sie sich für eine Steuersenkung ein, wie das die SVP ja schweizweit immer wieder fordert?
Auch wir haben das Ziel, den Verwaltungsapparat möglichst klein zu halten und die Steuern wenn möglich zu senken. In der jetzigen finanziellen Situation Grenchens sind wir, zusammen mit den anderen bürgerlichen Parteien, dafür, den Steuerfuss beizubehalten. Zuerst muss Grenchen wieder gesund werden.
Gesund werden?
Man muss dafür sorgen, dass neue Steuerzahler nach Grenchen kommen. Für sie sind viele Gebäude mit Miet- und Eigentumswohnungen im Bau. Man muss auch mehr für Industrie und Gewerbe tun: In Lyss baut man momentan einen grossen Gewerbepark, und das fehlt in Grenchen. Möglichkeiten zur Ansiedelung von kleineren Betrieben bieten, Spezialisten, innovativen Unternehmern, die nicht unbedingt auf Verkaufsflächen in der Innenstadt angewiesen sind.
Stichwort Innenstadt: Die SVP macht sich auch für eine Attraktivierung stark. Wie will man das erreichen?
Es gäbe ganz einfache Mittel, mit denen man sehr viel erreichen könnte: Kürzlich war ich in St. Moritz und habe dort an allerbester Lage parkiert: Die erste Stunde ist dort gratis. Überall gibt es Kurzzeitparkplätze direkt vor den Geschäften. In Grenchen passiert genau das Gegenteil. Und wenn man das «Gstürm» betrachtet, das zum Beispiel wegen der zwei Parkplätze vor der Chäsi gemacht wurde, könnte man auch zum Schluss kommen, dass man am besten das Gewerbe in der Innenstadt gleich ganz abschaffen sollte.
Ich machte bereits einige Vorstösse betreffend Förderung von Kurzzeitparkplätzen, wie beispielsweise vor der Apotheke am Zeitplatz. Stattdessen hat man dort jetzt hässliche Betonblöcke hingestellt. Parkiert wird nun einfach vor dem Stadtdach vis-à-vis oder sonst irgendwo illegal rund um den Marktplatz. Das Gewerbe muss gefördert werden. Wenn es aus der Innenstadt verschwindet, dann ist auch irgendwann die Stadt erledigt. Und das kann für niemanden ein Ziel sein. Nur begreifen das gewisse Leute einfach nicht.
Attraktivierung auch der sogenannten «Problemquartiere»?
Das steht schon länger auf der Traktandenliste und die SVP machte bereits einige Vorstösse diesbezüglich. Aber da müssen alle mitmachen. Solange man die Eigentümer dieser Liegenschaften nicht motivieren kann, ihre Häuser zu sanieren, passiert rein gar nichts. Man kann niemanden enteignen, das wäre auch nicht unser Ziel (lacht).
Was gedenken Sie, gegen die steigenden Sozialkosten zu unternehmen?
Man muss alle Möglichkeiten ausschöpfen und dafür sorgen, dass sogenannte Sozialschmarotzer aus Grenchen verschwinden. Diejenigen, welche tatsächlich Anspruch auf Sozialhilfe haben, die sollen diese auch erhalten, da gibt es keine Diskussion. Das Problem hat auch mit den Liegenschaftsbesitzern zu tun, die zu tiefe Mieten verlangen. Denn solange man in Grenchen eine Viereinhalbzimmer- oder Fünfeinhalbzimmerwohnung für knapp 1000 oder 1200 Franken erhält, sind wir hochattraktiv für «schwarze Schafe».
Finden Sie Grenchen schön?
Ja, mir gefällt die Stadt, ich hatte auch nie Pläne, von hier wegzugehen. Grenchen ist ein grosses Dorf, eine Stadt mit Dorfcharakter. Das macht Grenchen attraktiv.
Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft Grenchens aus?
Die Stadt hat viel Potenzial: grosse Industriezonen, in denen man neue Firmen ansiedeln kann. Wir haben eine gute Anbindung an die Autobahn, einen Flughafen, die Bahnlinie ist da, man hat viele Möglichkeiten, die es auszuschöpfen gilt. Mit Warten gewinnen wir keinen Preis. Und vielleicht schaffen wir irgendwann den Turnaround und können auch das Klumpenrisiko, das wir mit der Uhrenindustrie mittlerweile haben, etwas verringern. Denn, wenn die Uhrenindustrie zugrunde ginge, sind wir gleich weit wie vor 30 Jahren und Grenchen ist erledigt. Darum muss man eine gute Durchmischung von Industrie und Wohnbevölkerung erreichen.
Ihre politische Vision?
Das Ziel muss sein, dass es mit Grenchen vorwärtsgeht, egal, ob vorne ein roter oder ein blauer Kopf regiert. So oder so bin ich zuversichtlich, denn der Gemeinderat wurde etwas bürgerlicher als in der letzten Legislatur, von daher erhoffe ich mir doch einiges. Wenn es einen Wechsel gibt und der Ton etwas gemässigter und konstruktiver würde, wäre das sehr zu begrüssen und würde vielleicht viele Leute wieder für die Politik motivieren. Denn, wenn man die Beteiligung in Grenchen bei Wahlen, Gemeindeversammlungen und Abstimmungen anschaut ... die Zahlen sind erschreckend tief.
Ihre Hobbys?
Motorrad fahren, Auto fahren und Schiessen mit Pistolen, ausschliesslich mit Berettas in diversen Kalibern. Ich bin viel unterwegs, in der Schweiz und im Ausland, früher etwas mehr als jetzt. Und natürlich zählt Politik auch zu meinen Hobbys.