Zu Weihnachten werden Geschenke gemacht, man fliegt schnell nach New York zum Shoppen oder besucht Weihnachtsmärkte. Im Lichtermeer erstrahlen soll das eigene Haus, je heller, desto besser. Während einzelne Hausbesitzer versuchen, mit ihrem nervös blickenden LED-Schneeflocken-Lichtervorhang die im angrenzenden Garten taghell leuchtenden Deko-Rentiere in den Schatten zu stellen, umhüllt der grüne, umweltbewusste Nachbar sein Haus mit der 22 Meter langen Solarlichterkette.
Findet man bei so vielen Aktivitäten Zeit zum Innehalten? Weihnachten wäre eine gute Gelegenheit, sich zu erinnern. Sich daran zu erinnern, wie wir als Kinder diese Zeit erlebten? Als man zum Beispiel bei jeder Witterung an der Bielstrasse vor dem damaligen Warenhaus Innovation, wo sich heute Music- und Fitnesscenter die Räume teilen, anstand, damit man nach tapfer vorgetragenem Gedicht ein Klausensäckli vom Samichlaus erhielt. Am Abend freute man sich auf das Nachtessen, das in der Regel aus Rollschinkli, Kartoffelgratin und Erbsli mit Rüebli aus der Büchse bestand. Weihnachten ist auch ein Augenblick, wo man geliebte Menschen vermisst, die nicht mehr unter uns sind. Und man ist dankbar, dass der Kelch ein weiteres Jahr an einem vorbeiging.
Der Abriss des alten Spitals steht kurz bevor. Zufall oder nicht, vor 65 Jahren wurde das Gebäude gebaut. Es hat «sein Pensionsalter» erreicht. In diesem Haus kam ich zur Welt. Meine Eltern verliessen wie viele andere Arbeitssuchende in den Fünfzigerjahren ihre Heimat und fassten hier Fuss. Zahlreiche Fabriken aus dieser Zeit sind verschwunden. Mit dem Abbruch des alten Spitals geht für viele Grenchnerinnen und Grenchner ein weiterer Zeuge ihrer Geschichte verloren.
Dieses Jahr organisierte ich für einen 60. Geburtstag eine Feier, an der die Grenchnerin Michèle Bumbacher den Anlass gesanglich sehr schön begleitete. Michèle schickte mir im Vorfeld eine Liste mit Liedern zu, die sie passend zum runden Geburtstag fand. Da ich nicht alle Titel kannte, hörte ich mir die Lieder auf Youtube an. Es waren mehrheitlich ruhige, balladenhafte Songs. Was dann geschah, stimmte mich nachdenklich. Kaum hatte ich mir das letzte melancholische Lied angehört, erhielt ich ungefragt Werbung; Werbung für Antidepressiva, für Beratungsstellen, für Kliniken zwecks Behandlung von Burnouts. Die Algorithmen hatten mich allein aufgrund der Liederwahl katalogisiert. Welche Werbung hätte ich wohl erhalten, wenn mir Michèle Lieder mit Titeln wie «I Shot the Sheriff («Ich erschoss den Sheriff») von Bob Marley zugestellt hätte? Übrigens, ich mag Lichterketten, auch wenn es unvernünftig und kitschig ist ...