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Das Unterstufe-Dorf-Schulhaus in Lengnau setzt auf Brieffreundschaften mit einer Klasse in Studen. So sollen die Kinder lernen, worum es bei der schriftlichen Kommunikation geht. Ein Treffen der beiden Klassen wird geplant.
Letzte Woche ist die dritte Sendung von den Drittklässlern aus Studen in Lengnau eingetroffen, mit Rätseln und Zeichnungen von Fantasietieren. Die Schülerinnen und Schüler haben sich dafür von ihrem Lieblingsratespiel «Das Dings» inspirieren lassen. Dieses spielen sie oft zum Auftakt im Deutschunterricht. «Die Kinder haben sich riesig gefreut über die Briefe», sagt Klassenlehrerin Hannah Meister in Lengnau. «Jetzt überlegen wir uns, wie wir antworten wollen.» Denn nach zwei Briefen sei die gegenseitige Vorstellung mit Fragen und Antworten abgeschlossen. Nun brauche es, wie von Studen vorgemacht, eine frische Idee, damit das Projekt für beide Seiten interessant bleibt. Bis zum Ende des Schuljahres soll die Brieffreundschaft auf jeden Fall fortgesetzt werden, da sind sich die beiden Lehrerinnen einig.
Begonnen hat der Austausch der Klasse 3A im Lengnauer Unterstufe-Dorf-Schulhaus mit Studen im November, als das Briefe schreiben auf dem Lehrplan stand. Danica Moser, die Lehrerin der Klasse in Studen, ist überzeugt: «Darüber reden, reicht bei Weitem nicht. Damit die Kinder begreifen, worum es bei der schriftlichen Kommunikation geht, brauchen sie die Gelegenheit echte Briefe zu verfassen.»
Jetzt, nach drei Monaten sehen beide Lehrerinnen deutliche Fortschritte. «Inhaltlich haben die Texte mehr Hand und Fuss als beim ersten Mal», sagt Danica Moser. Ihre Kollegin, Hannah Meister, stellt auch bei der Rechtschreibung und der Leserlichkeit Verbesserungen fest: «Die Kinder geben sich Mühe, weil der Brief echt ist und nicht bloss eine Fingerübung für die Lehrerin.» Den Schülern gefällt das Projekt. Das dokumentieren ihre zahlreichen Zitate in der aktuellen Ausgabe der «Lengnauer Notizen», in der Hannah Meister der Einwohnerschaft die Brieffreundschaft vorstellt.
In Lengnau hat zum Auftakt das Los entschieden, wer wem schreibt. «Zufällig haben zwei Schüler ihren Namensvetter gezogen, Matheo schreibt an Matteo und Lorik an Lorik», sagt Hannah Meister. «Das hat natürlich für einige Lacher gesorgt.» Die Tatsache, dass beide Klassen je 19 Schüler hatten, war ebenfalls ein Glücksfall.
Überbracht werden die Briefsendungen nicht von der Post, sondern von einer Lengnauer Lehrerin, die oft in Studen zu tun hat. Der private Kurierdienst hält die Kinder nicht davon ab, Briefmarken mit Marienkäfern auf ihre Umschläge zu malen, damit diese möglichst echt aussehen. Inzwischen ist ein Kind aus Studen weggezogen.
Damit nun in Lengnau niemand leer ausgeht, will Danica Moser ein Schreibtalent ihrer Klasse bitten, künftig zwei Briefe zu verfassen, allenfalls mit der Unterstützung eines weiteren Kindes. «Ausserdem hat mich das Mädchen beim Abschied um die Adresse ihrer Brieffreundin gebeten. So kann der Austausch auf privater Basis weiterhin stattfinden», sagt sie.
Die Idee zur Brieffreundschaft ist entstanden, als sich Hannah Meister und Danica Moser letzten Sommer bei einer Weiterbildungswoche an der Pädagogischen Hochschule in Bern kennen lernten. Hannah Meister sagt: «Als Viertklässlerin habe ich im Rahmen einer solchen Klassenbrieffreundschaft selbst an einen anderen Schüler schreiben müssen, wenn ich mich richtig erinnere, irgendwo im Thal. Sebastians Antwortbriefe habe ich bis heute aufbewahrt.»
Inzwischen hat die Begeisterung für Klassenbrieffreundschaften in Lengnau Schule gemacht, im wahrsten Sinn des Wortes. Abgesehen von den ersten Klassen habe nun jede Klasse in ihrem Schulhaus ein solches Projekt begonnen, sagt Hannah Meister. Sie freut sich über diese Entwicklung, denn: «Die Kinder lernen damit praktische Fähigkeiten fürs Leben, die weit über die Anrede und Grussformeln hinausgehen.»
Nun planen die beiden Lehrerinnen ein Treffen ihrer Klassen. Zur Diskussion steht entweder eine gemeinsame Schulreise der Drittklässler oder ein Besuch im Rahmen eines Lagers. Danica Moser erklärt: «Diesen Herbst verbringen wir die Landschulwoche in der Region Solothurn. Vielleicht lässt es sich einrichten, dass die Lengnauer uns dann besuchen. Besonders schön wäre es natürlich, wenn sie über Nacht bleiben könnten.»