Während rund 100 Jahren wurde Kalkstein im Lengnauer Steinbruch Leisern abgebaut. Seit 1995 mit Aushubmaterial wieder aufgefüllt. Nun ist die letzte Fuhre Material eingelagert und die ganze Fläche bis auf die letzten 1,6 Hektaren aufgeforstet.
«Leisern» oder «auf dem hohen Stamm» heisst das ehemalige Steinbruchgebiet auf Lengnauer Seite. «Firsi» das Gebiet einige Meter daneben auf Grenchner Boden. 1 Million Jahre Erdablagerungen braucht es für die Entstehung von 20 Metern Kalkstein, schreibt Geologe Henri Kruysse, Solothurn, in der Dokumentation Steinbruch Firsi – eine alte Geschichte.
Der Jurakalk hat sich während 145 Millionen Jahren durch Ablagerungen aus Schalenresten von Muscheln, Schnecken, Planktontierchen und Kalkschlamm gebildet. Moränematerial aus der letzten Eiszeit legte sich darüber. In 100 Jahren verbrauchten kleine und grosse Baustellen den Rohstoff Leisern-Jurakalk.
Zuerst wurde von Hand gegraben, dann im grossen Stil für die Moutier-Lengnau-Bahn, die Uferverbauung der Aare, die Flurwege, den Sickerteppich im Hagneckkanal, den Unterbau der Autobahn. Während die Bürgergemeinde Grenchen beim Tunnelbau 1911 den Abbau auf Solothurner Seite ablehnte, stimmten die Lengnauer Burger damals zu.
Bis 1991 der Abbau auf Lengnauer Seite weiter westwärts an einer Urnenabstimmung abgelehnt wurde. Man befürchtete das Abgraben der Lengnauer Grabenbachquelle.
Dafür stimmten jetzt die Grenchner Bürgergemeinde und der Kanton Solothurn dem Abbau auf ihrer Seite nordwärts zu. Die Quellschutzzone blieb. 1994 wurden die letzten Steine abgeführt. 1995 eröffnete die Grube Firsi. Die Auffüllung des Steinbruchs Leisern ging vor allem mit Abbaumaterial aus dem Brügger Tunnel der Umfahrung Biel voran. Im Gegenzug wurden Schroppen für den Unterbau der Fahrbahn vom Firsi abgeführt. Am Tag der offenen Türen im 2014 schien die Grube Leisern bereits halb voll. Sorge bereitete das eingebrachte irgendwie «fliessende» Material aus der Bieler Umfahrung. Stützmauern wurden erstellt.
Seither wurde die gesamte Fläche der Grube in Etappen gemäss der Rodungsbewilligung von 1984 rekultiviert. 30 cm Walderde wurden aufgeschüttet. Die Aufforstungspflicht schreibt einheimische Laubbaumarten wie Eichen, Lärchen, Wildobst, Kastanien, Eiben und Sträucher vor. Ökologische Begleitmassnahmen wie Stein- und Asthaufen und mehrere Amphibienbecken wurden eingefügt. Diese werden Lebensraum für Kleinsäugetiere oder hoffentlich bald für den «Glögglifrösch» bieten.
«Ein jahrzehntelanges einträgliches Kapitel in der Geschichte der Burgergemeinde Lengnau ist jetzt abgeschlossen», schreibt Burgerverwalterin Monika Gribi im Bericht zur letzten Burgerversammlung. Der Steinbruch, betrieben durch die Münster-Lengnau-Bahn, dann in kleinem Umfang durch Adolf und Armin Rüfli («Chrusis»), die Vollenweider AG und jetzt durch die Firma Vigier Beton Seeland Jura brachte dem Eigentümer Burgergemeinde Lengnau namhafte Einnahmen. Diese wurden für die Waldpflege und viele weitere Aktivitäten zu Gunsten der gesamten Bevölkerung eingesetzt. Von Einnahmen profitiert jetzt die Bürgergemeinde Grenchen, bis vielleicht dereinst doch wieder auf der Lengnauer Seite Stein abgebaut werden kann.
Viel Lastwagenverkehr Mit je 5 Millionen Kubikmeter Material waren und sind die Zu- und Wegfahrten und die Sprengungen immer wieder Thema in Lengnau. «Viele tausend Tonnen Gestein werden aus dem Berg herausgesprengt und die Transporte mit den schweren Muldenkippern und Lastwagen sind für die Anwohner nicht gerade angenehm», steht im Lengnaubuch von 1973. In den 1990er Jahren wurden die Transporte auf 110 Fahrten pro Tag limitiert. Die Material-Transportseilbahn für die Moutier-Lengnau-Bahn war dagegen eine Attraktion.
Ein Erdbeben vermuteten die Lengnauer bei der Explosion des Sprengstoffes des Steinbruchs in der Nacht zum 1. Mai 1969. Durch die Detonation war Schaden im Dorf an Fensterscheiben, Fassaden und Kaminen entstanden. Menschen kamen keine zu Schaden. Dort wo die Baracken mit dem Sprengstofflager standen, gähnte danach ein Krater. Heute ersetzen moderne Sprengmethoden die damaligen Sprengverfahren.