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Zwei Wochen ohne Lift, marode Fenster und ein Chaos in den Gängen. Seit einem Handwechsel ist in der Liegenschaft Nummer 14 am Grenchner Marktplatz die Welt aus den Fugen geraten. Seitdem eine Lausanner Firma Besitzerin ist, geht es bergab.
«Ich weiss nicht mehr was ich machen soll», meldet sich eine betagte Bewohnerin der Liegenschaft Marktplatz 14 beim az Grenchner Tagblatt. Das Wohn- und Geschäftshaus mit zehn Parteien hat seit nun bald zwei Wochen keinen Lift mehr.
Da die Frau schlecht zu Fuss ist, sind die 87 Treppenstufen bis zur Haustür für sie fast unüberwinderbar. Mit waschen ist schon gar nichts mehr, denn in die Waschküche ist es noch weiter. «Und ich bin nicht die einzige ältere Person im Haus, es gibt Leute, die sind schon über 90. Ohne Lift sind wir buchstäblich an die Wohnung gefesselt», schildert sie ihre Not.
Von Pontius zu Pilatus
Die Frau hat scheinbar alles probiert. Bei der zuständigen Immobilienverwaltung wird sie an den Besitzer verwiesen. «So lange dieser die Kosten für die Liftreparatur nicht gutheisse, könne man nichts tun», hat man mir beschieden.»
Die Liftfirma habe zwar Offerte gestellt, warte aber ihrerseits auf ein Okay der Verwaltung, bzw. des Eigentümers. «Man könnte zwar an die Mietschlichtung gelangen, doch hinsichtlich einer kurzfristigen Liftreparatur hilft das auch nichts», sagt die Frau zu Recht.
Und überhaupt: seit dem Besitzerwechsel im vergangenen Herbst sei die Liegenschaft arg vernachlässigt. «Zwei Parteien sind bereits an die Mietschlichtungsstelle gelangt wegen Schimmel» Nach einer Fenstersanierung hätten diverse Scheiben ersetzt werden müssen, weil das Glas wegen Spannungen brach. «Und diese Unordnung im Gang spottet jeder Beschreibung», nervt sich die Bewohnerin, die schon seit Jahrzehnten im Haus lebt.
Nicht irgend ein Haus
Es ist nicht irgend ein Haus im Lingeriz. Die Liegenschaft grenzt direkt an den Marktplatz, im Parterre befindet sich die Denner-Filiale und ein Kiosk. Im September 2013 wurde das Haus zusammen mit drei weiteren angrenzenden Gebäuden am Marktplatz bzw. an der Marktstrasse von der Zürich Versicherung an eine unbekannte Lausanner Firma Namens Ardam SA verkauft.
«Seither geht es bergab. Steil bergab», bestätigt auch ein Nachbar, der unter der Situation leidet. Ein Hauswart sei zwar bezeichnet, doch unauffindbar und auch nicht wirklich tätig. «Wir müssen selber für Ordnung schauen.» Er fordere jetzt einen Teil der Nebenkosten zurück.
Ein Anruf bei der Besitzerfirma bestätigt die schlimmsten Befürchtungen. «Ich weiss nicht, wovon Sie sprechen, wir haben mit dieser Liegenschaft nichts zu tun», erklärt ein Mann mit ausländischem Akzent auf französisch. Die Schilderung der aussichtslosen Lage der älteren Frau entlockt dem Mann lediglich ein Lachen.
Als wir ihn darauf aufmerksam machen, dass die Firma immerhin als Besitzer im Grundbuch eingetragen ist, sagt er, das sei ein Kollege. Im Übrigen sei die Liegenschaft verkauft. Auf die Frage, an wen, kommt eine weitere nonchalante Antwort. «Das geht Sie nichts an, finden Sie's selber raus.». Und für alle Fragen sei ohnehin die Verwaltungsfirma in Bern-Liebefeld zuständig.
Verwaltung schmeisst hin
Dort gibt man sich hilflos. «Wir warten auf die Kostengutsprache des Besitzers» für die Liftreparatur», erklärt Doris Künzle von der Firma Bilfinger Real Estate AG. Vorher könne man nichts tun ausser die Mieter an die Mietschlichtungsbehörden verweisen. Immerhin so Künzle weiter, versuche man, so bald als möglich diesen Verwaltungsvertrag loszuwerden. Grund: «Die Philosphie dieser Besitzer können wir nicht mittragen.»
Offenbar ist die ganze Häuserzeile im Zentrum in den Besitz von Immobilienhaien geraten. «Ich habe sowieso das Gefühl, die wollen uns rausekeln», sagt die langjährige Mieterin resignierend.
Wie aussichtslos ist ihre Lage? Beim Mieterverband Soloturn macht man auf die Möglichkeit aufmerksam, dass die Mieter gemeinsam den Auftrag zur Liftreparatur erteilen - sozusagen als ultima ratio. Dies ist aber erst möglich, wenn per Einschreiben eine Frist gesetzt wurde und der Besitzer immer noch nicht reagiert. Auf jeden Fall sei eine vorherige Beratung durch Fachleute angezeigt, heisst es.