Gewerbe
Lädelisterben in Grenchen: Wieder gehen drei Geschäfte zu

Grenchen leidet unter dem Lädelisterben: Mit unterschiedlichen Geschichten zwar, aber doch mit dem gleichen Resultat müssen die Läden «Easy Price», «Top-Druck» und «Gems» müssen alle drei schliessen.

Patrick Furrer
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Fabio Zanatta vom Fashion-Outlet «Easy Price» verlegt seinen Laden gezwungenermassen nach Biel.

Fabio Zanatta vom Fashion-Outlet «Easy Price» verlegt seinen Laden gezwungenermassen nach Biel.

Patrick Furrer

Das Fashion-Outlet «Easy Price» an der Bettlachstrasse geht zu und zieht nach Biel um. Das Textildruckgeschäft «Top-Druck» an der Marktstrasse wird aufgegeben und künftig noch bei der bereits bestehenden Werkstatt mit Laden an der Allerheiligenstrasse weitergeführt.

Auch beim Sportkleidershop «Gems 2000» – der früher den FC Grenchen mit Trikots versorgte – ist die Luft draussen, Andy Liechti schliesst den Laden demnächst ganz. Die Hintergründe sind zwar unterschiedlich, doch unter einem hatten die drei Geschäfte im Stadtzentrum alle zu leiden: Zu wenig Kundschaft, zu hohe Einbussen.

Sie sind nicht die Einzigen: Auch ein Kinderkleiderladen, ein Gewürzshop und eine Modeboutique sind zugegangen oder gehen noch zu. Zum Leid aller hart arbeitenden Kleinunternehmer – das Grenchner Gewerbe scheint vom Pech verfolgt zu sein.

«Wir werden im Stich gelassen»

Klartext redet Fabio Zanatta, der Inhaber von «Easy Price». Knapp 4 Jahre konnte sich das trendige Outlet am Leben halten. Eine riesige Auswahl günstiger Anziehsachen, Skaterwear, Snowboardbekleidung, Streetwear, präsentiert der Geschäftsführer auf zwei Etagen. Der schlechte letzte Winter war auch schlecht für den Umsatz, und seit Januar habe er massiv weniger Kunden. «Wird die kommende Wintersaison gut, mache ich noch bis März weiter. Wenn nicht, schliesse ich schon Ende Jahr.» Zanatta fühlt sich im Stich gelassen. Die Stadt kümmere sich nicht genug um Geschäfte wie seines. «Da hilft auch eine mia und ein Cüpli-Samstag nichts», sagt Zanatta.

Er werde sogar den Eindruck nicht los, dass selbst das Gewerbe gegeneinander arbeitet. Die Einzige beispielsweise vom Gewerbeverband, die sich mit ihm beschäftigt habe, sei die leider verstorbene Präsidentin Brigitte Gürber. «Dafür möchte ich mich sehr herzlich bei ihr bedanken», sagt Zanatta. Aber: «Irgendwann musste ich mir sagen: das mache ich nicht mehr mit.» Der Ehemann und Vater will mehr als gerade mal so durchkommen. Sein Geschäft zügelt er deshalb nach Biel. Dort werde es bestimm besser laufen, glaubt er. «Dort gibt es eine andere Kundschaft, und auch die Stadt ist definitiv hipper als Grenchen.» Die Menschen, die tagsüber durch die Strassen laufen oder auf dem Marktplatz rumlungern, sind meistens auch nicht mein Zielpublikum.» Der Bettlacher sieht dunkelgrau. Die Verkehrsberuhigung habe dem Gewerbe geschadet, ebenso der Marktplatz, und auch ein neuer Lidl werde keine zusätzliche Kundschaft generieren. Der Dank gilt seinen Stammkunden und Kollegen. «Vor 20 Jahren war hier alles besser», lautet das ernüchternde Fazit.

«Ich weiss nicht, woran es liegt»

Gefasster aber einigermassen ratlos wirkt Ursula Gerber, Inhaberin von «Top-Druck», dem Spezialisten für Druck- und Stickereisachen mit 12 Jahren Erfahrung. Der Verkaufsladen an der Marktstrasse 3 wird per Ende November geschlossen, derzeit ist grosser und günstiger Ausverkauf mit bis zu 50 Prozent Reduktion. Es bleibt die Werkstatt mit Outlet-Laden an der Allerheiligenstrasse 99. Der Wunsch, im Zentrum noch viel mehr Kunden als am Berg zu gewinnen, hat sich nicht erfüllt. «Das mag einen natürlich schon», sagt Ursula Gerber. «Obwohl wir alles probiert haben, viel Werbung gemacht, im Internet, mit Inseraten – es hat einfach nicht geklappt.»

Wie auch Fabio Zanatta ist sie sehr erstaunt, dass sehr viele Leute auch nach vielen Jahren noch nicht einmal wussten, dass es ihren Laden gibt. «Ich weiss nicht, warum es in Grenchen nicht funktioniert», sagt Gerber. «Das letzte Jahr war eine Katastrophe. Vielleicht sollten auch die Grenchner selbst mehr in der eigenen Stadt einkaufen als ausserorts.» Dem Zentrum fehle eine eigentliche Shoppingzone, meint auch Zanatta. «Wenn wir das Zentrum betrachten, gibt es da vor allem den grossen Coop. Daneben steht ein Puff, und jetzt wird eine Bank gebaut. Nicht gerade das, was ich eine attraktive Einkaufsmeile nenne.»

«Wozu mache ich das noch?»

Elf Jahre lang hielt sich der Gems2000-Shop an der Marktstrasse 11, der gediegene italienische Sport- und Freizeitbekleidung zu vernünftigen Preisen anbietet. Geschäftsführer und Grenchner Unikat Andy Liechti muss nun bald schliessen. «Gems 2000» hatte früher jahrelang den FC Grenchen mit Trikots versorgt, Liechti ist begeisterter Sportfan. Er habe nie wirklich Gewinn gemacht, sagt Andy Liechti. Einmal drohte sogar der Konkurs. «Irgendwann wurde mir der Aufwand zu gross. Ich wusste einfach nicht, wozu ich das noch machen soll», erklärt er.

Wie die anderen beiden Gewerbler konnte zwar auch Liechti auf eine Stammkundschaft setzen, das reichte aber nicht. «Es fehlt an Laufkundschaft. In die Läden im Zentrum kommen zu wenige Passanten, der Einkaufsstandort ist nicht belebt genug. Auch das Kaufverhalten hat sich geändert, Qualität darf heute nichts mehr kosten.» Ob es die Verkehrssituation, die Parkplätze, die hohen Mieten oder die als nicht vorhanden kritisierte Zentrumsaktivität ist – Andy Liechti, Ursula Gerber und Fabio Zanatta wissen nicht genau, woran es wirklich liegt, dass Grenchen vom Pech verfolg ist. Sie wissen nur: Dieses Pech hat nun auch sie gezwungen, den Bettel hinzuschmeissen.