25-Jahr-Jubiläum
Lacky’s Tattoo-Shop - Wo selbst Politiker Hand an sich legen lassen

Lacky’s Tattoo-Shop ist Treffpunkt für Körperkultfans aus allen Teilen der Schweiz und dem Ausland. Seit 25 Jahren wohnt und arbeitet Inhaber Lacky Grossenbacher in der Uhrenstadt. Vor rund 35 Jahren hat «Lacky» das erste Mal zur Nadel gegriffen.

Patrick Furrer
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Luc «Lacky» Grossenbacher geht bei der Arbeit höchst konzentriert und behutsam vor.

Luc «Lacky» Grossenbacher geht bei der Arbeit höchst konzentriert und behutsam vor.

Tätowieren ist nicht etwa eine Kunst, die keine Grenzen kennt, sondern vielmehr eine Kunstform, die diese Grenzen ganz absichtlich überschreitet. Ein Körperkult, dem Schoss des Rebellentums und dem Stigma von Seeleuten, Rockern und Sträflingen entwachsen, dem spätestens seit den 1990er-Jahren immer grössere Beliebtheit zukam. Einer, der das Tätowieren noch von der Pike auf kennt, ist Luc Grossenbacher. Ein gross gewachsener Biker – selbst von Tattoos übersät – mit langen, zusammengebundenen Haaren, einer sympathischen Art und leichtfüssigem Lebensmut.

Vor rund 35 Jahren hat «Lacky», wie ihn alle nennen, zum ersten Mal zur Tätowiernadel gegriffen, seit 25 Jahren wohnt und arbeitet er in der Uhrenstadt. Als er anfing, gab es nur drei weitere offizielle Tätowierer in der Schweiz. Aktuell schätzt Lacky Grossenbacher deren Zahl auf zwischen 500 und 700.

Achtung vor dem Kommerz

Einerseits hat sich der Beruf des Tätowierers emanzipiert, andererseits hat der Mainstream auch seine Schattenseiten, sagt der 52-jährige gebürtige Aargauer. Tätowieren bringe viel Verantwortung mit sich. Grossenbacher selbst ist Mitgründer und Präsident des Verbands Schweizerischer Berufstätowierer (VST).

Im Shop an der Kirchstrasse hängen diverse Leistungsnachweise: Standesdiplom, Hygienezertifikat, vom BAG empfohlenes Qualitätslabel. «Das Geschäft heute ist ganz anders», sagt er. «Früher haben wir die Farbe noch selber gemischt und die Nadeln selber gelötet, heute bestellen alle Tätowierer ihre Produkte einfach im Katalog.»

Tätowierer kann jeder sein, dazu braucht er weder das Handwerk gelernt noch eine spezielle Bewilligung zu haben. Luc Grossenbacher sagt: «Für mich ist Tätowieren kein Beruf, sondern eine Berufung.» Die Jungen hätten viel von dem, was die Alten aufgebaut haben, wieder kaputtgemacht.

Grossenbacher macht kaum spontane Tätowiersitzungen, Beratung gehört dazu, selbst wenn das Kundschaft kosten kann. So hat der Grenchner auch schon jungen Männern das Tattoo ausgeredet, wenn er ihnen beispielsweise erklärte, dass ein Hanfblatt-Tattoo in gewissen Ländern schon reicht, um von der Polizei abgeführt zu werden.

Hochachtung vor der Kunst

Gelernt hat Luc Grossenbacher eigentlich Autoersatzteilverkäufer und Gastronom. Sein Wunschberuf war Physiotherapeut. Andererseits hatte er schon als Kind nebenbei immer viel gezeichnet, in der ersten Primarschule gewann er seinen ersten Wettbewerb, erzählt er stolz.

Schliesslich waren es dann Kollegen, die Lacky auf die Idee brachten, Tätowierer zu werden. Dass er kein Physiotherapeut ist, sei ihm heute Schnuppe. «Nur so habe ich zu meinem wirklichen Traumberuf gefunden.» Auch leben könne man gut davon. Nach eigenen Angaben des Schweizer Tattoo-Pioniers reicht sein Kundenstamm nicht nur ins gesamte In-, sondern auch ins Ausland. Nebst «Normalos» zählen auch bekannte Leute, etwa aus Fussball oder Politik, zu seinen Kunden. Wer konkret, verrät er natürlich nicht. «Gerade diese Kunden legen Wert auf höchste Diskretion.»

Der Trend in der Tattoo-Szene wandelt sich stetig. Früher waren es viele Einzelbilder, die sich die Leute tätowieren liessen, später grossflächige, die wie ein Pilz langsam über den gesamten Körper wachsen. Ein vollständig tätowierter Körper kann gut und gerne 50000 Franken kosten.

Nach den Arschgeweihen kamen die Tribals, danach chinesische Zeichen, heute stehen Schriften und Sternchen ganz zuoberst auf der Beliebtheitsskala. Grossenbacher: «Das mache ich zwar auch, aber ich sehe mich als Künstler und kreiere lieber eigene, anspruchsvollere Ideen.» Sein grösster Stolz ist ein rückengrosses Tattoo, das einen Original-Guzzi-Motor als Querschnittzeichnung, mit allen, noch so kleinen, technischen Details zeigt. Dafür gab es sogar Gratulationen vom Motorrad-Unternehmen selbst.

Achtung, Politiker

Schaut man sich im Tattoo-Shop um, fallen einem nebst Wettbewerbspreisen auch die vielen Skelettschädel auf, als Poster, als Vase oder als überdimensioniertes Originalabbild. In der Biker-Szene führe einem das Symbol vor Augen, dass der Tod immer mitfährt, erklärt Lacky Grossenbacher, der selbst zwei Harley-Motorräder besitzt. Beim Tätowieren erinnern die Schädel daran, dass das Tattoo einen bis zum Ableben begleiten wird.

Lacky hat aber auch noch eine andere Seite: Eigentlich ein freiheitsliebender Mensch, der jede Chance nutzt, mit Freundin Monika auf dem Bike auszufahren, ist Luc Grossenbacher in Grenchen nicht nur sesshaft geworden, sondern auch zur Politik gekommen. Als Präsident der Jugendkommission ist er bekannt.

Zu seinen politischen Erfolgen gehören der Skaterpark oder der Jugendevent Midnight Grenchen. Warum das Thema Jugend, ist für ihn klar: «Wollen wir die Zukunft gestalten und etwas ändern, müssen wir in der kommenden Gesellschaft ansetzen, und das sind die Jungen.» Und warum er sich parteipolitisch für die SVP entschieden hat: «Die einzige Partei, die die Probleme noch beim Namen nennt, auch wenn sie nicht immer eine Lösung parat hat.»

Berufspolitiker wollte Lacky Grossenbacher dennoch nie werden, auch Gemeinderat nicht. Die Lobbyarbeit, das Bauchpinseln und Bitti-Bätti-Machen sei einfach nicht sein Ding, sagt er. Nein, sein Ding ist das Tätowieren, und das – wie es die etlichen Skelettschädel in seinem Schädel grinsend unterstreichen – wohl bis zu seinem Tod.