Der Stadtpräsident und Gründer Paul Ott weihen das «Schweizer Krimiarchiv Grenchen» ein.
Im Rahmen des 1. Schweizer Krimifestivals wurde in einer stilvollen Feier das Schweizer Krimiarchiv Grenchen im Untergeschoss der Stadtbibliothek eröffnet. Stadtpräsident François Scheidegger erklärte, dass er «Feuer und Flamme» gewesen sei, dass Grenchen die Möglichkeit erhalte, einen weiteren kulturellen «Leuchtturm» in der Stadt einzupflanzen. Einige Hindernisse mussten zwar aus dem Weg geräumt werden, dank der Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen der Stadt konnte das Vorhaben aber in kurzer Zeit realisiert werden. Das Archiv basiert auf der Sammlung des Berner Autors Paul Ott. Der Stadtpräsident wandte sich mit den Worten an den Gründer:
«Wir sind ungemein stolz und werden Sorge zu diesem aussergewöhnlichen Werk tragen. Dazu wird es die Stadtbibliothek als Ort der Begegnung stärken.»
Paul Ott erzählte, dass er sich bereits als Jugendlicher für Kriminalromane interessiert habe. Schon bald regte sich in ihm das Verlangen, auch solche Geschichten zu erzählen. Unter den Pseudonym Paul Lascaux erfüllte er sich diesen Wunsch: «So entstand ein Wechselspiel zwischen Lektüre und Schreiben.» Humorvoll erzählt er auch davon, dass er bei seiner Arbeit in der Jury für den Glauser-Preis jeweils denke: «Wenn ich selber nur die Hälfte der Fehler, die ich bei andern erkenne, nicht mache, habe ich viel gelernt.»
Was Paul Ott am meisten interessiert, ja fasziniert, sind «die Lebensgeschichten der Autoren, ihr Milieu und ihr Nachlass, sofern noch etwas greifbar ist», wie er sagt. Dies sei leider oftmals nicht der Fall. Denn Manuskripte und Weiteres wurden oft von den Erben vernichtet. Er hoffe, dass durch das Bekanntwerden des Krimiarchivs da und dort noch Dinge ans Tageslicht kommen. «Die Digitalisierung bietet ja mittlerweile viele Möglichkeiten, ohne dass es viel Platz braucht. Im Archiv ist Raum für etwa 5000 Bücher, meine private Sammlung beläuft sich auf etwa 1200 Bücher. Es hat also noch Potenzial.»
Schweizer Kriminalliteratur im weiteren Sinne gebe es seit rund 200 Jahren, so Ott weiter. Im 19. Jahrhundert wurden dabei eher real existierende Kriminalfälle beschrieben und bisweilen ausgeschmückt.
«Der fiktionale Kriminalroman, wie wir ihn heutzutage kennen, kam erst im 20. Jahrhundert auf.»
Ein Meilenstein gelang ihm 2005 mit dem Buch «Mord im Alpenglühn», das in der Zwischenzeit mehrmals überarbeitet und erweitert wurde und heute als Standardwerk gilt. Damals habe er seriös zu sammeln begonnen. Immer auch mit dem Ziel, daraus ein Schweizer Krimiarchiv zu machen. Der Weg zu diesem war allerdings noch lang. Erst in Grenchen fand man nicht nur die Begeisterung, sondern auch den Willen, das Projekt umzusetzen. Und alles gesammelte Material findet sich nun in der umgebauten ehemaligen Küche im Untergeschoss der Stadtbibliothek Grenchen.
Neben der Sammlung von Paul Ott kamen etwa 500 Bücher von Kurt Stadelmann sowie eine grosse Anzahl Bände des »Neuen Pitaval» aus der Sammlung von Armin Arnold, der das erste Krimilexikon bei Reclam verantwortet hat, dazu. Die Sammlung wird laufend ergänzt. Im Gespräch sind auch einzelne Nachlassregelungen. Corona hat das Ganze etwas verzögert. Sobald die Pandemie überstanden ist, gibt es wieder mehr Energie für diese Arbeiten und auch für Veranstaltungen und Anlässe rund um das Krimiarchiv.
«Nicht zuletzt möchten wir auch eine Anlaufstelle für die Forschung sein»,
betont Paul Ott. Im Schweizer Krimiarchiv Grenchen findet man die Bücher gesondert nach Alphabet, daneben Ordner, Sekundärliteratur, Anthologien und Comics, Reihen vor allem aus der Kriegszeit, Neuausgaben der «Edition Mordstage» sowie auch Doubletten, die verschenkt werden, wobei ein Obolus dafür dankend angenommen wird.
Grenchen wird also zu einem Krimizentrum. Zur Betreuung werden noch helfende Hände gesucht.
Hinweis: Aktuell ist die einmalige kriminalistische Sammlung zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek (Di, Do, Fr 15.30–18.30, Mi 14.00–19.00, Sa 10–13.00) zugänglich und wird auch von ihr betreut.