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Bei der Restaurierung des Maschinenhauses des alten Wasserkraftwerks in Hagneck ist der Bettlacher Enrico Sansoni mit seinem Malereibetrieb als Spezialist für historische Restaurierungen der gefragte Mann.
Während das alte Wehr dem neuen Kraftwerk Platz machen musste und abgebrochen wurde, beschloss man, das ehemalige Maschinenhaus, also das Gebäude, in dem über 100 Jahre Strom produziert wurde, zu restaurieren. Eine der fünf Turbinen ist nach wie vor in Betrieb. Die BKW haben sie auf den neusten Stand gebracht und revidiert. Die vier übrigen Turbinen wurden stillgelegt.
Mit der Denkmalpflege suchte die BKW nach Möglichkeiten, das historisch wertvolle Gebäude, das als eines der ersten Schweizer Wasserkraftwerke unter nationalem Denkmalschutz steht, in einen zeitgemässen Zustand zurückzuversetzen. Pläne, darin Lofts einzurichten, wurden zum Glück schnell fallengelassen. Im September 2015 führte der Nidauer Restaurator Hans-Jörg Gerber im Auftrag der BKW und der Denkmalpflege des Kantons Bern eine Untersuchung durch.
Untersucht wurde die Fassade sowie die Turbinenhalle auf die ursprüngliche Farbigkeit und die durch die Renovationen verursachten Veränderungen. Der Bericht enthielt Beschreibungen der verschiedenen Farbfassungen, die im Lauf der Zeit verwendet wurden. Das Maschinenhaus war sowohl innen als auch aussen mehrere Male neu gestrichen worden. Es galt nun, sich für eine Version zu entscheiden, die nicht zwingend der ersten Fassung entsprechen, sondern auch aus ästhetischen Aspekten her Sinn machen sollte.
Mit der anspruchsvollen Aufgabe betraut wurde unter anderem das Bettlacher Unternehmen Sansoni. Enrico Sansoni hatte sich in den letzten zwanzig Jahren einen Namen damit gemacht, verschiedenste Gebäude in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen und zu sanieren.
Darunter das Türmli-Schulhaus im Stedtli Büren, Turm und Schulhaus Leuzigen, das Bettlacher Gemeindehaus, Gebäude in der Bieler Altstadt, in Bern und aktuell ist er mit seiner Firma daran, den Jurakalksandstein am Ambassadorenhof in Solothurn zu reinigen.
Die Firma ist spezialisiert darin, kreative Lösungen für historische Wiederherstellungen zu finden. Sansoni hat regelmässig und gerne diverse Male mit der kantonalen Denkmalpflege zusammengearbeitet. Beim historischen Maschinenhaus galt es auch, Lösungen zu finden.
Denn es war nicht damit gemacht, die Farben zu entfernen, die das Original überdeckten. Beispielsweise waren die Fenstereinfassungen, ursprünglich aus rotem Backstein, weiss überstrichen worden. «Wir haben eine Technik mit einem Hochdruck-Heisswasserstrahler entwickelt, um Schmutz und lösliche Farben von Oberflächen zu entfernen, ohne Chemie. Aber das ursprüngliche Material wäre beschädigt worden, wenn man versucht hätte, die Farbe komplett zu entfernen.»
Also beschloss man, die Backsteine Stück für Stück in Lasurtechnik zu bemalen, im passenden Farbton, inklusive der dunkelgrauen Fugen. Selbst die überstrichenen Granitsteine, als Fortsetzung der Original-Fensterbänke aus echtem Granit, wurden entsprechend mit einem Granitmuster von Hand imitiert gemalt. «Da geht es nicht mehr um reine Malerei, das ist Leidenschaft», sagt Enrico Sansoni, der mit seinen Leuten mehrere Tausend Arbeitsstunden in die Restaurierung des Maschinenhauses investiert hat. Wenig wurde abgeklebt, sondern alles wie früher von Hand mit dem Pinsel beschnitten.
Im Innenraum stiessen Sansoni und seine Mitarbeiter auf unvorhergesehene Schwierigkeiten: Es galt, die 450 Quadratmeter grosse Decke zu streichen. Aber die Kalkfarbe war ursprünglich mit einer Dispersion überstrichen worden, auf der ein weiterer Anstrich unter Umständen nicht gehalten hätte. «Wir mussten die ganzen Anstriche komplett mechanisch entfernen, die Decke von Hand spachteln und überziehen, alles zweischichtig wieder aufbauen und anschliessend mit einer Silicatfarbe in Hellblau neu streichen.»
Die Bögen unter dem Dach, die mit Ölfarbe gestrichen waren, wurden nur gereinigt und im Originalzustand belassen. Alle Metallteile, die entweder grau oder gelb gestrichen waren, wurden nun in edles Schwarz gebracht, um der Einheit der Materie gerecht zu werden. So auch die Warnsignalhörner an der Fassade und die Lampen aussen am Gebäude. Auch im Untergeschoss, dem Turbinenhaus mit kleinen Kammern, mit Luken in den Böden, wo sich Spezialisten zu den Turbinen abseilen konnten und den Kammern unterhalb der riesigen Generatoren, haben Sansonis Mitarbeiter alles neu gestrichen.
Besonders heikel seien die Arbeiten an den Schiebern und Schützen unterhalb des Wasserspiegels gewesen. Denn vor den Einlässen zu den Turbinen und den Schiebern hatte man mit Spundwänden das Wasser gestaut. Es galt, die verschiedenen Schichten zu entfernen, die über dem Bleimenning aufgetragen worden waren. Bleimenning, seit etlichen Jahren verboten, ist der altbewährte Korrosionsschutz und wurde früher grossflächig verwendet. Glücklicherweise eigne er sich hervorragend als Untergrund für den neuen Korrosionsschutz in Schwarz, der nun aufgebracht wurde. Aber es sei einem schon ein wenig mulmig geworden, wenn man sich überlegt habe, welche Wassermassen da gegen die Spundwand drücken.
Noch sind die Arbeiten nicht ganz abgeschlossen an seinem schönsten Arbeitsplatz der letzten Jahre, sagt Sansoni. Ein Reststück der Grundmauer wird noch mit dem Heisswasser-Hochdruckreiniger vom Schmutz befreit – Sansoni arbeitet ganz ohne Chemie – der alte Drehkran auf der flussabwärts gewandten Seite soll saniert und neu schwarz gestrichen werden. Als Folgeauftrag ist die Firma Sansoni nun daran, das ehemalige Werkstattgebäude zu sanieren. In diesem Gebäude wurden jeweils die Turbinen des Kraftwerks überholt.
Stauwehr und Kraftwerk Hagneck waren ein wichtiger Bestandteil der Juragewässerkorrektion. Das Grosse Moos und der Abschnitt entlang der Aare zwischen Aarberg und Solothurn wurden im 17. und 18. Jahrhundert oft überschwemmt, weil die Aare als Gebirgsfluss viel Geschiebe mit sich brachte, das im flachen Teil unterhalb Aarbergs abgelagert wurde und so die Entwässerung aus dem tiefliegenden Seeland behinderte.
Nach verheerenden Überschwemmungen in den Jahren 1831 und 1832 wurde man aktiv und gründete ein Korrektionskomitee. 1848 wurde der moderne Bundesstaat gegründet, das beschleunigte die Sache zusehends, der Bund zahlte mit. Der Bündner Kantonsoberingenieur Richard La Nicca arbeitete im Auftrag der Kantone Bern, Solothurn, Freiburg, Neuenburg und Waadt ein Projekt aus. Dieses sah einen neuen Kanal zwischen Aarberg und dem Bielersee vor, durch den die Aare in den Bielersee umgeleitet wurde. Im gleichen Zug plante er die Ableitung des Bielersees durch einen neuen Kanal, den Nidau-Büren-Kanal. Der Seepegel wurde so um 2,5 Meter abgesenkt. Die Verbindungen zwischen den drei Seen wurden korrigiert. Auch die Flussstrecke zwischen Büren und Solothurn wurde angepasst.
1868 begann man mit dem Bau des Nidau-Büren-Kanals. Nach dessen Fertigstellung ab 1875 folgte der Bau des Hagneckkanals. 1878 floss erstmals das Wasser der Aare in den Bielersee. Diese erste Juragewässerkorrektion erwies sich aber als noch ungenügend, es kam immer noch zu Überschwemmungen.
Man setzte auf eine Regulierung der Abflüsse – bei Port wurde das Schleusenwehr erstellt und in den Jahren 1897 –1899 baute man das Schleusenwehr und das Wasserkraftwerk in Hagneck. Der Seespiegel wurde ein weiteres Mal abgesenkt, die St. Petersinsel wurde von einer Insel zur Halbinsel. Schon im Lauf der Planung wurde die Idee geboren, sich das Wasser als Energielieferant nutzbar zu machen. Die Konzession für das Kraftwerk wurde den Gemeinden Biel, Erlach, Hagneck, Neuenstadt, Nidau und Täuffelen-Gerolfingen durch die Regierung erteilt. Gebaut wurde die Anlage von der Aktiengesellschaft für angewandte Elektrizität Motor in Baden, die 1896 die Konzession für 20 Jahre übernahm.
Das Maschinenhaus enthielt fünf Maschinengruppen. Vier Gruppen hatten bei 100 Touren pro Minute eine Leistung von je 1350 PS, die fünfte 1600 PS. Jede Gruppe bestand aus einer vierkränzigen Etagen-Franzisturbine mit aufgebautem Generator. Die Einlauföffnungen zu den Turbinen wurden mit Drehtoren abgeschlossen oder geöffnet. Die mit den Turbinen gekoppelten Generatoren von 5,5 Meter Durchmesser erzeugten Energie in Form von Drehstrom mit 8000 Volt Spannung und 40 Perioden pro Sekunde. Bis Ende 1899 beliefen sich die Bau- und Anlagekosten ohne Leitungsnetze auf 2,97 Mio. Franken. Durch Ergänzungsarbeiten beliefen sich die Kosten bis 1913 auf 3,6 Mio. Franken. 1898 wurde die Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Hagneck gegründet mit einem Aktienkapital von 2,5 Mio. Fr. Diese wurde 1909 zur Aktiengesellschaft der Bernischen Kraftwerke in Bern erweitert. (om)
Quellen: Wikipedia, Bericht «Das Elektrizitätswerk Hagneck der Bernischen Kraftwerke AG» aus dem Jahr 1914.