Kantonsratswahlen
In Grenchen liegen Freud und Leid nahe beieinander

Zwei neue Gesichter und eine Abwahl. Die Reaktionen der Grenchner Kandidaten nach den Kantonsratswahlen.

Andreas Toggweiler und Jocelyn Daloz
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Grenchner Richard Aschberger war Kandidat für den Regierungsrat sowie den Kantonsrat. Die Wahl in Letzterem hat er bereits geschafft.

Grenchner Richard Aschberger war Kandidat für den Regierungsrat sowie den Kantonsrat. Die Wahl in Letzterem hat er bereits geschafft.

Tom Ulrich / Fotomtina / Solothurner Zeitung

In Grenchen hat sich das Gesicht der Kantonsratsdeputation nach dem Wahlwochenende geändert. Zu den drei bekannten Gesichtern im Rat, Remo Bill (SP), Richard Aschberger (SVP) und Nicole Hirt (GLP) gesellen sich mit Mattias Meier-Moreno (CVP) und Farah Rumy (SP) zwei Neue. Überraschend nicht mehr gewählt wurde Hubert Bläsi (FDP).

Beim Grenchner Gesamtschulleiter herrscht Ernüchterung und Enttäuschung. Über die Gründe einer Abwahl müsse er mehr oder weniger rätseln, meint Bläsi auf Anfrage. «Vielleicht habe ich zu stark auf meine bisher guten Wahlresultate vertraut», werweisst er am Tag nach den Wahlen.

Corona schränkte Wahlkampf ein, meint abgewählter Hubert Bläsi

Gesamtschulleiter Hubert Bläsi bei der Eröffnung der Stadtbibliothek Grenchen im Jahr 2019.

Gesamtschulleiter Hubert Bläsi bei der Eröffnung der Stadtbibliothek Grenchen im Jahr 2019.

Oliver Menge / D5

Mit dem Wahlresultat in Grenchen selber (1391 Stimmen, das zweitbeste Resultat in Grenchen nach Richard Aschberger 2453, mit Anm. d. Red) sei er an sich zufrieden. «Wenn man aber bedenkt, dass die Stimmbeteiligung in Solothurn massiv höher war als in Grenchen, dann fehlen rasch einmal die nötigen Prozentpunkte», gibt Bläsi zu bedenken. Insofern sei es nicht verwunderlich, dass drei der fünf Freisinnigen Kantonsräte der Amtei nun aus Solothurn kämen.

Da der Wahlkampf durch Corona stark eingeschränkt gewesen sei, sei es auch nicht einfach festzustellen gewesen, wie man bei der Wählerschaft positioniert sei, so Bläsi.

Social Media zahlt sich aus für neugewählten Matthias Meier-Moreno (CVP)

Matthias Meier-Moreno, Präsident des Lindenhauses.

Matthias Meier-Moreno, Präsident des Lindenhauses.

Hanspeter Bärtschi / SZ

Zunehmend Bedeutung erhalten haben im Wahlkampf Social Media. Matthias Meier-Moreno hat es ermöglicht, dass der Grenchner CVP-Sitz von Peter Brotschi in Grenchen blieb. «Ich habe eigentlich maximal damit gerechnet, als erster Ersatz abzuschneiden, jetzt hat es doch für den Sitz gereicht», freut sich Meier. Es sei zwar ein Quäntchen Glück dabei gewesen, doch habe ihm der Umstand, dass er schon seit einigen Jahren mit Social Media gut vernetzt sei, bestimmt geholfen, meint der frischgebackene Kantonsrat.

Als Präsident des Lindenhauses hat er einen guten Draht, vor allem auch zur jüngeren Generation. Meier ist zudem bereits CVP-Gemeinderat und GRK-Mitglied. Er betont, dass er trotz Corona die Gelegenheiten zu persönlichen Kontakten genutzt habe. «Meine Aktion mit der Verteilung von selbstgemachter Konfitüre ist jedenfalls gut angekommen und hat meinem Wahlkampf eine persönliche Note verliehen.»

Newcomerin in der Politik: Farah Rumy (SP)

Farah Rumy ist Pflegefachfrau. Ihr liegen Generationenprojekte am Herzen, wie etwa ihre Aktion "Ich schenke einen Brief."

Farah Rumy ist Pflegefachfrau. Ihr liegen Generationenprojekte am Herzen, wie etwa ihre Aktion "Ich schenke einen Brief."

Oliver Menge / Solothurner Zeitung

Ein Paradebeispiel optimaler Vernetzung ausserhalb Grenchens gibt aber die neu gewählte SP-Frau Farah Rumy ab: Die Grenchner Mitarbeiterin des Bürgerspitals erreichte in Grenchen gerade mal 800 Stimmen, in der restlichen Amtei aber 2720 Stimmen. Ein Ergebnis, das auch sie überrascht hat: «Ich hatte schon gehofft, dass ich gewählt werde, aber ein solches Resultat war ein überaus schöner und etwas unerwarteter Vertrauensbeweis.»

Und weiter sagt sie lachend:

«Ich bin noch etwas überwältigt.»

Die 29-jährige Fachexpertin Pflege ist eine Newcomerin in der Politik und hatte bisher wenig Medienpräsenz – bei ihrer Aktion «Ich schenke einen Brief», bei der im vergangenen Dezember jüngere Menschen mit älteren Kontakt aufnahmen, um Solidarität und Zusammenhalt in der Krise zu fördern, erwähnte sie ihre Kandidatur im Kantonsrat gar nicht erst. «Diese beiden Sachen waren unabhängig voneinander», meint Rumy. Ihre Kampagne ist parallel davon verlaufen – durch Plakate und einer aktiven Präsenz auf sozialen Medien.

Berufsbedingt ist sie sehr oft mit sozialen- und gesundheitspolitischen Realitäten konfrontiert. Deshalb könnte sie sich sehr gut vorstellen, im Kantonsrat der Sozial- und Gesundheitskommission anzugehören. Wobei sie auch sagt, dass sie jede Kommission interessant und bereichernd finden würde. «Aber man hat da auch seine Herzensthemen», meint Farah Rumy.