Grenchenberg
Jurasternwarte wird renoviert – Ersatzteile sind nicht einfach zu bekommen

Auf Knopfdruck schwebt das Dach der Sternwarte urplötzlich zur Seite, unter dem leisen Rattern eines Motors entschwindet die Seitenwand nach unten. Unter freiem Himmel stehen jetzt Apparaturen, die wie Kanonen ins Weltall gerichtet sind.

Lucien Fluri
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Hugo Jost vor dem geöffneten Cassegrain-Teleskop. Lfh

Hugo Jost vor dem geöffneten Cassegrain-Teleskop. Lfh

AZ

Es wirkt wie in der futuristischen Kulisse eines James-Bond-Films der frühen 70er-Jahre, wenn Hugo Jost das Dach der Jurasternwarte auf dem Grenchenberg öffnet.

1976, als Roger Moore James Bond mimte, wurde die Jurasternwarte gebaut. Die 35 Betriebsjahre haben Spuren an Instrumenten und Gebäude hinterlassen. Eine gute Handvoll Idealisten bringt die einzige Sternwarte im Kanton Solothurn wieder in Schuss – unter der Koordination von Hugo Jost. Würde man den 64-jährigen Elektroingenieur in eine Bond-Szenerie stellen, er käme wohl Bonds kongenialem Erfinder Q am nächsten. Denn nicht nur das Haus, auch die komplexen Instrumente reparieren die Betreiber der Jurasternwarte selbst – mit viel technischem Wissen und ebenso viel Geduld und Einsatz. Über 2000 Mal dürfte Jost schon auf dem Berg gewesen sein, seit er 1986 mit dem Hobby begann.

Einst grösste private Astrokamera

Ob sie den Spiegel am 25 Jahre alten Cassegrin-Teleskop ausbauen wollen, haben sie noch nicht entschieden. «Wir scheuen es, wie der Teufel das Weihwasser», scherzt Hugo Jost. Denn das Einbauen und genaue Justieren kann sehr schwierig werden. Die neue Aussenverkleidung bauen sie dagegen selbst, Motor und Getriebe beschaffen sie in Deutschland. Dazu braucht es Geduld: «Alles, was sehr präzise sein muss, hat lange Lieferzeiten», erklärt Jost. Seit Januar wartet er auf einen speziellen Sonnenfilter für das Linsenfernrohr, das auf der nebenstehenden Schmidtkamera montiert ist. Diese dient zum Fotografieren ferner Galaxien. Als sie auf den Grenchenberg kam, war sie die grösste private Astrokamera. Heute droht ihr die Ausrangierung, denn es gibt kaum noch Filme für sie.

Millimeterbruchteile sind wichtig

Neu stehen vier statt wie bisher zwei Instrumente auf dem Dachstock der Jurasternwarte. Zwei neue Spiegelteleskope sind hinzugekommen. Sternenhaufen, Galaxien und planetarischen Nebel kann man damit besichtigen. Die Instrumente stehen nicht auf dem Boden, sondern auf Säulen, die im Fels verankert sind. «Damit es weniger schwingt, wenn Leute auf dem Boden herumlaufen», erklärt Jost. Denn verschiebt sich das Teleskop durch Zittern um Bruchteile eines Millimeters, hat dies gewaltige Auswirkungen: Weit draussen im All ist man plötzlich an einem ganz anderen Ort.

Nicht nur feinmechanische Arbeiten müssen bei der Renovation erledigt werden, auch ganz Handfestes gehört dazu. Holz und Wände sind frisch gestrichen, Farbkübel stehen herum, der Zaun muss noch repariert werden. «Es ist eine riesige Liste, die wir abarbeiten. Wer Lust zu etwas hat, macht es», sagt Jost. 7000 Franken haben sie vom Lotteriefonds erhalten. Damit Besucher nicht stolpern, gibt es neu Lampen auf dem Dach – mit rotem Licht. «Normales Licht blendet die Augen, dann gehen die Pupillen zu» erklärt Jost. Für nächtliche Beobachtungen ist dies Gift.

Umwelt-Chronisten

Lange bevor die Lichtverschmutzung ein grosses Thema wurde, war sie für die Astronomen schon aktuell. Deswegen wurde die Anlage 1976 auf dem Berg gebaut. «Heute gibt es wohl etwa doppelt so viel Licht.» Schlimmer wirkt sich aber die Luftverschmutzung aus. Das Licht reflektiert an Wasserdampf und Staub in der Luft, aufgrund der Luftverschmutzung wird das Beobachten schwieriger. Die Astronomen, die ihre Beobachtungen in einem Logbuch festhalten, sind dadurch über die Jahre auch zu Umwelt-Chronisten geworden. Viel hinderlicher für die Beobachtungen ist momentan aber das Wetter – quasi der «natürliche Feind.» In den letzten Wochen konnte man fast nie beobachten.

Neue Gestirne haben sie noch nie entdeckt. «Für Amateure ist das heute fast unmöglich», sagt Jost. Nur ab und zu hat man schon Hoffnungen gehegt. «Es sind aber immer Wetterleuchten, oder Wetterballone, die täuschen.» Jost hat auch schon Telefone erhalten von Leuten, die etwas entdeckt haben wollen. «Dabei handelt es sich aber immer um Satelliten im Weltall. Ihre Solaranlagen reflektieren einfach sehr stark.» Trotzdem: Dass es draussen noch andere Zivilisationen gibt, kann sich Jost gut vorstellen.

Der Tag ist ebenso wichtig

Riesige Sonnenflecken und Gasexplosionen auf der Sonne interessieren Jost am meisten, denn die Sonne verändert sich ständig. Dadurch unterscheidet sich der Experte von vielen seiner Besucher. «Sternwarte heisst für viele Leute Nacht. Die Sonne interessiert sie weniger, obwohl es doch das einzige Gestirn ist, das wir so genau beobachten können.»

Einige Hundert Besucher kommen pro Jahr. An den «Nächten der offenen Dächer» kann es schon Mal bis nach Mitternacht dauern, bis alle Leute durch die Sternwarte sind. Einen Eintritt verlangt die Sternwarte nicht. «Wir wollen nicht, dass sich einige Familien den Eintritt nicht leisten können», sagt Jost, denn: «Ziel ist, dass die Leute Freude haben.»