Am Mittwoch um 9.23 Uhr konnte die Grenchnerin Julia Gartenbach ihren Sohn Pino zum ersten Mal in die Arme schliessen. Grundsätzlich nichts Aussergewöhnliches – wäre die 29-jährige Frau in ihrer Frühschwangerschaft nicht querschnittgelähmt geworden.
Julia und David Gartenbach aus Grenchen freuten sich auf ihr Familienglück. Die 29-Jährige war im vierten Monat schwanger, als sie im April einen Bandscheibenvorfall mit darauffolgender Querschnittlähmung erlitt. Deshalb musste sie im Inselspital Bern operiert werden und war anschliessend stationär für fünf Monate im Schweizer Paraplegiker- Zentrum in Nottwil in Rehabilitation.
Nun wurde das Baby im Luzerner Kantonsspital Sursee per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. «Ich bin einfach nur glücklich», strahlt die junge Mutter, die Physiotherapeutin ist. «Im Moment bin ich fast sprachlos...».
Die Chance, dass ihr Baby überlebt oder gesund zur Welt kommt, hatte sich durch ihre Querschnittlähmung auf ein Minimum reduziert, teilen das Schweizer Paraplegiker Zentrum und das Luzerner Kantonsspital am Donnerstag in einer gemeinsamen Medienmitteilung mit.
Grundsätzlich spreche nichts gegen eine Schwangerschaft bei bereits querschnittgelähmten Frauen. Das Besondere an diesem Fall sei aber gewesen, dass die Patientin bereits schwanger war, als sie eine Querschnittlähmung erlitt. «Häufig kommt es bei solch aussergewöhnlichen Situationen zur Schädigung oder gar zum Tod des Kindes im Verlauf der Schwangerschaft, entweder durch das Trauma selbst oder die Folgen von Operation, Infektionen, Medikamenten etc.», heisst es in der Mitteilung.
Dies habe Ärzte, Pflegende, Physio- sowie Ergotherapeuten vor ganz aussergewöhnliche Herausforderungen gestellt. Die Rehabilitation sei genau auf diese Sonderbedürfnisse angepasst worden.
Am 8. August hat das Paar geheiratet, um den Bund der Familie zu besiegeln.
Glück im Unglück
Dr. Andrea Hayek, Oberärztin Paraplegiologie des SPZ Nottwil, ist sichtlich erleichtert. «Es passiert zum Glück nicht oft, dass eine bereits Schwangere eine Querschnittlähmung erleidet. Die geglückte Geburt ist nicht nur ein freudiges, sondern auch ein sehr seltenes Ereignis. Denn die Rehabilitation war aufgrund der bestehenden Schwangerschaft eine besondere Herausforderung – umso mehr freuen wir uns nun über die Geburt!».
Die Schwangere wurde sehr eng mit der Gynäkologie des Luzerner Kantonsspitals Sursee begleitet, unter anderem auch mit einem speziellen Geburtsvorbereitungskurs.
Am Montag wird die junge Familie nach Hause fahren, ab Januar fängt für Julia Gartenbach dann die zweite Phase der Rehabilitation an – diesmal mit den selben Voraussetzungen wie bei den anderen Patienten im Paraplegiker-Zentrum. (nch)