Grenchenberg
Internationales Projekt: Durch diesen Mauerbau werden Brücken gebildet

Ein Bauprojekt. hilft bei der Völkerverständigung. Den Teilnehmer der kleinen internationalen Gemeinschaft sollen andere Kulturen gezeigt werden. Dabei werden interkulturelle Themen ausgetauscht und Konflikte zur Sprache gebracht.

Patric Schild
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Gute Stimmung trotz garstigem Wetter am internationalen Trockenmauer-Lager auf dem Grenchenberg.

Gute Stimmung trotz garstigem Wetter am internationalen Trockenmauer-Lager auf dem Grenchenberg.

Patric Schild

Die Sicht ist durch den dichten Nebel stark eingeschränkt, es regnet beinahe ununterbrochen und ein geradezu eisiger Wind peitscht einem permanent um die Ohren. Inmitten dieser widrigen Wetterbedingungen renovieren während acht Tagen 16 junge Erwachsene aus Irland, der Schweiz, Israel und Palästina an der Wandfluh auf dem Obergrenchenberg Trockenmauern unter professioneller Leitung.

Auch in ihren Heimatländern schlägt den Teilnehmern ein rauer Wind entgegen, denn die politischen Umstände sorgen dafür, dass sie dort selbst durch hohe Mauern voneinander getrennt sind. Der Lommiswiler Verein Naturkultur hat es sich daher unter dem Motto «Mauern bauen, Brücken bilden» zur Aufgabe gemacht dem entgegenzuwirken. Unterstützt wird er dabei unter anderem auch von der Bürgergemeinde Grenchen.

An Konflikten arbeiten

Bereits 2013 wurde die Idee zum ersten Mal als Pilotprojekt gestartet. Vier Teilnehmer aus jedem Land und zusätzlich jeweils ein Gruppenleiter kommen zusammen, um einerseits gemeinsam die Mauer instand zu setzen und andererseits, um an interkulturellen Themen zu Alltag, Lebenswelt und Konflikten in den jeweiligen Herkunftsländern zu arbeiten.

Damit die Landsleute nicht nur unter sich bleiben, werden sie in sogenannten «Mixed Groups» arrangiert. In den Diskussionsrunden geht es dann beispielsweise um Themen, ob Grenzen oder Armeen etwas Positives beziehungsweise Negatives seien. Einer der wichtigsten Punkte bildet dabei die Thematik rund um die Diskriminierung. «Wir haben beispielsweise einen Nordiren, der ein wirklich guter Fussballspieler ist. Da er aber Katholik ist, wird ihm das Spielen im protestantischen Nordirland untersagt», erklärt Oliver Schneitter, Schweizer Gruppenleiter und Präsident des Organisationsvereins. Dabei soll es aber keineswegs um gegenseitige Schuldzuweisungen gehen. Grundsätzlich seien Konflikte hier oben aber sowieso kein Problem.

Bald im Militärdienst

Das Teilnehmerfeld reicht von 18 bis 24 Jahren. Gerade für die jungen Israelis findet das Projekt kurz vor einer wichtigen Phase ihres Lebens statt. « In einem Jahr werden sie in den Militärdienst einberufen, und einige von ihnen werden sicher auch in den besetzten Gebieten stationiert werden», erzählt Schneitter. Der Aufenthalt auf dem Obergrenchenberg soll ihnen daher auch helfen, wichtige Präerfahrungen zu sammeln.

Ein Blick auf die Baustelle zeigt: Die internationale Gemeinschaft ist mit vollem Elan dabei. Das bestätigt auch Vizevereinspräsident Jörg Lötscher, der mit den Teilnehmern an der Front arbeitet. «Sie motivieren sich gegenseitig zum Weitermachen», so der Landschaftsgärtner. Auffallend sei ausserdem auch, dass die Frauen härter mitanpacken als die Jungs. Neben der Arbeit an der Mauer stehen noch weitere Aktivitäten auf dem Programm. So bringen sie sich gegenseitig die eigene Kultur näher. «Die Iren haben zum Beispiel die erst kürzlich in ihrem Land legalisierte gleichgeschlechtliche Ehe thematisiert», sagt Schneitter.

Ein «Exportartikel»

Nach der gelungenen Startphase in der Schweiz wird das Konzept nun auch in die Länder der Teilnehmer getragen. «Das Projekt wird dieses Jahr zum ersten Mal auch in Irland stattfinden und nächstes Jahr dann in der Nähe von Jerusalem», erklärt Schneitter. Auch in der Schweiz wird das Projekt in kommenden Jahren noch weitergeführt werden. Erste Erfolge gibt es jedenfalls schon jetzt zu verbuchen: «Zwei Palästinenser und drei Israelis stehen via Internet auch heute noch in täglichem Kontakt zueinander», so der Vereinspräsident.