Gemeinderatskommission
In Grenchen hat das Seilziehen um die GRK-Sitze begonnen

Die Sitzverteilung in der neuen Gemeinderatskommission ist klar geregelt – oder doch nicht? Die Kräfteverhältnisse haben sich etwas verändert. Die SP musste bei den Gemeinderatswahlen Federn lassen und klärt nun die rechtliche Situation ab.

Oliver Menge
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Sesseltanz im Sitzungszimmer: Die Sitze für die Gemeinderatskommission sind heiss begehrt.

Sesseltanz im Sitzungszimmer: Die Sitze für die Gemeinderatskommission sind heiss begehrt.

Oliver Menge

Die Gemeinderatskommission der Stadt Grenchen ist die wichtigste Kommission überhaupt. Und, wie man in den letzten Jahren bei heiklen Geschäften immer wieder feststellen musste: Die Sitzungen sind nicht öffentlich, das Potenzial für Indiskretionen bis hin zu Amtsgeheimnisverletzungen gross. Kein Wunder sind die Sitze in der GRK äusserst begehrt.

Nur über die Zusammensetzung wird momentan spekuliert, und das hat seinen Grund: Bisher war die GRK streng nach Proporzstärke der Parteien zusammengesetzt, auch wenn es dafür in der Gemeindeordnung keine eigentliche Bestimmung gibt. Dort heisst es lediglich, dass der Gemeinderat die ordentlichen Mitglieder und die Ersatzmitglieder aus den eigenen Reihen wählt und dabei die im Gemeinderat vertretenen Parteien angemessen zu berücksichtigen seien.

Kräfteverhältnisse verschoben

Mit Stadtpräsident Boris Banga war die SP von Amtes wegen mit einem Sitz vertreten, der jetzt designierte neue Vize-Stadtpräsident Urs Wirth hatte den zweiten Sitz für die SP, proporzmässig die stärkste Partei. Von Amtes wegen war FDP-Mann Hubert Bläsi als Vize-Stapi gleichzeitig auch der einzige Vertreter seiner Partei. Die SVP stellte mit Ivo von Büren und die CVP mit Andreas Kummer je einen Mann für ihre Partei.

Nun muss für die nächste Legislatur die GRK neu zusammengesetzt werden. Die Kräfteverhältnisse haben sich etwas verändert, denn die SP musste bei den Gemeinderatswahlen Federn lassen: Der Wähleranteil sank von 37,4% im 2009 auf gerade noch 31%, die SP verlor einen Sitz und hat nur noch 5. Die FDP legte zu, von 24,6% auf 26,2%, sie behielt 4 Sitze. Neu im Gemeinderat ist die GLP vertreten, die einen Sitz erhielt, SVP mit 3 und CVP mit 2 Sitzen bleiben unverändert.

Wer soll den zweiten Sitz erhalten?

In bürgerlichen Kreisen wurden einige Stimmen laut, die meinten, die SP habe kein Recht mehr auf zwei Sitze in der GRK. Der FDP stehe neu ein zweiter Sitz zu. Denn der neu gewählte Stadtpräsident François Scheidegger, FDP, sei ja schon von Amtes wegen in der GRK und als Leiter einer gewissen Neutralität verpflichtet. Also müsse ein weiteres FDP-Mitglied die Interessen der Partei vertreten.

Das ist die mächtige GRK

In der Gemeindeordnung sind Zusammensetzung und Aufgabe der GRK wie folgt umschrieben: Die Gemeinderatskommission GRK zählt fünf Mitglieder. Vorsitz hat der Stadtpräsident. Er und der Vize-Stadtpräsident gehören ihr von Amtes wegen an. Die Befugnisse und Kompetenzen sind umfassend: Sie ist unter anderem vorberatende Kommission für Geschäfte des Gemeinderates oder des Stadtpräsidenten, wählt Beamte und Angestellte, wenn das die Personalordnung so vorsieht, schliesst mit den SWG Verträge über Erbringung und Verrechnung von Dienstleistungen ab, hat die Kompetenz über die Verwendung vorhandener Kredite und die Vergabe von externen Aufträgen. Sie erstellt den Finanzplan und hat weitreichende Finanzkompetenzen: Einmalige Ausgaben bis 100 000 Franken und jährlich wiederkehrende Ausgaben bis 20 000 Franken liegen in ihrer Kompetenz. (om)

Ebenfalls in die Waagschale geworfen wird der Umstand, dass mit Hubert Bläsi ein erfahrenes GRK-Mitglied über die Klinge springen müsste. Bläsi hatte nach Scheidegger das zweitbeste Resultat bei den Gemeinderatswahlen erreicht, und den erfahrenen Politiker möchte man eigentlich in der GRK behalten. Insbesondere weil Bläsi in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, dass er mit seiner integrativen Art Fronten aufweichen und Wogen glätten kann. Ausserdem wäre er als ehemaliger Vize-Stadtpräsident auch Garant für Kontinuität und Dossierfestigkeit.

Die SP ihrerseits ist daran, die rechtliche Situation abzuklären. Denn sie pocht darauf, immer noch die stärkste Partei zu sein, und erhebt, neben dem von Amtes wegen der GRK angehörenden Urs Wirth, Anspruch auf einen zweiten Sitz. Interesse daran bekunden würden sowohl Parteipräsident Remo Bill als auch Newcomerin Angela Kummer. Und ebenfalls Clivia Wullimann, die zwar nur erster Ersatz wurde, jetzt aber für Boris Banga in den neuen Gemeinderat nachrutschte, wäre dem Vernehmen nach nicht abgeneigt.

Ebenfalls denkbar wäre für manche SPler auch, dass jemand aus einer «anderen» Fraktion Einsitz in der GRK nehmen würde, solange sich die Interessen mit denjenigen der SP-Gemeinderäte decken. Hier käme zum Beispiel Nicole Hirt von der GLP infrage. Allerdings wäre das dann nicht mit dem Proporzgedanken vereinbar.

Eine komplizierte Ausgangslage, zu der sich die Fraktionen noch nicht definitiv äussern wollen. Gerüchten zufolge denken manche auch über eine Änderung der Anzahl GRK-Mitglieder nach. Das bedingt aber eine Anpassung in der Gemeindeordnung, und dies kann nur die Gemeindeversammlung beschliessen.

Für Stadtkanzlei ists klar

Fest steht, dass die Stadtkanzlei im November die Parteipräsidenten der GR-Parteien und die Fraktionschefs anschreiben und über das weitere Vorgehen informieren wird. Gemäss Anne-Catherine Schneeberger von der Stadtkanzlei will man, wie das bereits an der Gemeinderatssitzung vom 20. August 2013 geschehen ist, nochmals über die rechtlichen Grundlagen informieren und die genauen Proporzzahlen präsentieren.

Stellt man bei der Verteilung der Mandate GRK auf die Stimmenergebnisse der Gemeinderatswahlen ab, ergäbe sich gemäss unseren Berechnungen folgendes Verhältnis: SP 1,551 Mandate, FDP 1,310 Mandate, SVP 0,992 Mandate und die Listenverbindung CVP/BDP/GLP 1,115 Mandate.

Stützt man sich bei der Verteilung der Mandate GRK auf das Kriterium Sitze im Gemeinderat, ergäbe sich folgendes Verhältnis: SP 1,667 Mandate, FDP 1,333 Mandate, SVP 1,0 Mandate, CVP 0,667 Mandat, GLP 0,333 Mandat. Daher das Gerangel um die fünf Sitze.

Verlängerung wäre rechtswidrig

Laut Vorgabe des Kantons muss die Gemeinderatskommission für die kommende Legislatur noch in diesem Jahr konstituiert werden. Die Amtsdauer der jetzigen GRK wurde vom Gemeinderat bis Ende Jahr 2013 verlängert, eine Verlängerung der Amtsperiode über den 31. Dezember 2013 hinaus wäre rechtswidrig.

Am 24. November 2013 wird der neue Vize-Stadtpräsident an der Urne gewählt – Gemeinderat Urs Wirth ist gesetzt. Die Wahl der GRK erfolgt dann am 3. Dezember 2013. Stehen so viele Kandidaten zur Wahl, wie Sitze zu vergeben sind, kann die Wahl offen erfolgen. Hat es mehr Kandidaten, als Sitze zu vergeben sind, wird geheim gewählt.