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Grenchen
Dem «blauen Faden» zu folgen, war nicht immer einfach an der diesjährigen Blauen Kulturnacht. Denn wie Barbara Pestalozzi vom Standortmarketing treffend sagte: «Es ist für jeden etwas dabei.»
Die Vielfalt war ausserordentlich hoch und zog sich durch alle Sparten der Kultur mal auf heitere, mal auf sinnliche Art. Da ist der Faden zwangsläufig nicht immer deutlich sichtbar.
Deutlicher fand man ihn zu Beginn, als die Grenchner Stadtmusik die Kulturnacht eröffnete. Im passenden Tenue trug sie verschiedenste feierliche und verspielte Stücke vor. Wohl im schmucksten Blau erschien anschliessend der Gemeindepräsident aus Unterschächen, Sepp Müller.
Im traditionellen Hemd resümierte der Urner die dramatischen Ereignisse von 1968, die Grenchen dazu veranlasst hatten, die Patenschaft für das «Büredorf» zu übernehmen. Dieses war durch Lawinen in Not geraten und auf auswärtige Hilfe angewiesen.
Noch heute findet ein reger Austausch statt. «Kültürüstüsch» heisst das auf urnerisch. So sorgte das Ländlertrio Klausengruss aus Unterschächen im Anschluss für weitere musikalische Unterhaltung mittels Akkordeon und Kontrabass. Natürlich in Blau – zumindest ansatzweise.
Pingelige Sekretärin auf der Strasse
Ziemlich blau wirkten die Jugendlichen vom Strassentheater. Aber nur, weil sie das Gegenteil ihres eigenen Ichs spielten. Da war ein Fernsehjunkie mit Alkoholproblem, eine Wahrsagerin oder eine pingelige Sekretärin. «Ich bin total unordentlich», begründete Lisa Haudenschild ihre Wahl.
Und Stephanie Zeni, die Wahrsagerin, sieht sich nicht als künftige Kollegin von Mike Shiva. Zusammen mit Jugendlichen vom Kinder- und Jugendtheater BLITZ sorgten sie in der Stadt für Unterhaltung.
Tatsächlich schon etwas blau waren wohl die Gebirgspoeten, die ihre urkomischen Texte am Stammtisch zum Besten gaben – und immer wieder zur Bierflasche griffen. Oder war in den Flaschen nur Süssmost drin? In breitem Bern- und Walliserdeutsch trugen die drei ihre Werke vor und konnten sich selbst des Öfteren ein Lachen nicht verkneifen.
Ein «Isch es wahr ...» mit anschliessender tragisch-komischer Anekdote oder der «Subventionsgospel» Bundesrot Moser sorgten für schallendes Gelächter im Publikum.
Mehr als ein blaues Auge hätte Hermann (Simon Tellenbach) gerne seiner Frau (Corinna Hofmann) verpasst. «Morgen bringe ich sie um!», stammt natürlich aus Loriots «Frühstücksei», einem von sechs Sketchen, die die Gesamtschule Theater Grenchen aufführte.
Es konnte herzhaft gelacht werden, denn die Schauspieler setzten Loriots humoristische Darstellungen von Kommunikationsproblemen wunderbar in Szene. Nur etwas Abkühlung hätte dem Publikum nicht geschadet, quasi einige blaue Felder auf einem Wärmebild. So voll war der Saal, dass die Temperaturen kurzerhand in den tiefroten Bereich stiegen.
Den buchstäblichen Raum zum Durchatmen fand das Publikum dafür im angrenzenden Raum, wo die Grenchner A-cappella-Gruppe Breathing Space auftrat. Sie sorgte zwar auch für Wärme, allerdings vor allem für die, die innerlich entsteht. Warme, harmonische Klänge füllten den Raum, als die sechs Sängerinnen und Sänger – in verschiedenen Blautönen gekleidet – Stücke wie «Lullabye» von Billy Joel oder «Family» aus dem Filmmusical «Dreamgirls» vortrugen.
Berner ziehen in Grenchen
Einen Aufmarsch provozierte der Berner Autor Pedro Lenz, der bewies, dass er keine «Beziehungsängste zu Grenchen» hat. Begleitet durch den Akkordeonisten Adi Blum, las er aus seinem Buch «Plötzlech hets die am Füdle» vor. Geschichten aus dem Alltag, unspektakulär im Inhalt aber literarisch genial inszeniert, waren es, die Lenz, scheinbar ohne Regung, den Hörern vortrug und diese so bestens unterhielt.
Die Gruppe Stiller Has unterhielt mit feinstem Berner Sound, der ungreifbar zwischen den Genres schwebte, selbst aber den Zuhörer ergriff und mal zum Nachdenken, mal zum Tanzen animierte.
Zum Tanzen zumute dürfte am Ende auch dem OK gewesen sein. Die Abläufe klappten, das Programm zog viele Menschen an und sogar das Wetter hielt sich ans Programm und hat die Kulturnacht unterstützt: mit spätsommerlichem Blau.