Stadtbummel
In der Seifenkiste dem Frühling entgegen

Andreas Toggweiler
Andreas Toggweiler
Drucken
Andreas Toggweiler: «Manchmal ist der Bahnhof auch ein Ort der Inspiration. Neulich sah ich beim neuen Veloständer doch tatsächlich eine parkierte Seifenkiste.» (Archivbild)

Andreas Toggweiler: «Manchmal ist der Bahnhof auch ein Ort der Inspiration. Neulich sah ich beim neuen Veloständer doch tatsächlich eine parkierte Seifenkiste.» (Archivbild)

Aargauer Zeitung

Vorletzte Nacht ist in unserer Wohnung wieder mal die Heizung ausgefallen. – Easy, der «Heiziger» ist in der Regel rasch da und schaut nach dem Rechten. Für die paar Stunden hilft man mit Heizlüftern nach und wartet, bis die Sonne durch die Dachluken scheint. Das funktioniert recht gut. Eine richtige Kraftdemonstration der Solarenergie.

Der Frühling kommt mit Macht und lässt fast vergessen, dass es noch vor wenigen Tagen bitterkalt war. Als ich in der beissenden Februar-Bise einmal auf dem zugigen Südbahnhof stand und schlotterte, erinnerte ich mich an eine Strategie aus meiner Pendlerzeit vor einigen Jahren. Damals flüchtete ich mich bei Kälte jeweils in den Vorraum des Bahnschalters, dort wo der Postomat steht, und wärmte mir am Heizkörper etwas den Rücken. Da begann der Tag gleich etwas besser.

Doch ohalätz, dort wo einst der Radiator war, klafft heute eine Lücke. Nur noch ein abgesägtes Rohr ragt aus der Wand. So was Kleinliches. Für etwas Wärme ist man heute an den Bahnhöfen gezwungen, in einem Laden oder Restaurant zu konsumieren. Die Wartehäuschen sind schon seit Jahren nicht mehr beheizt. Die Leute sollen selber schauen, wie sie warm werden. Die SBB Immobilien, die an den mondänsten Orten im Land für Hunderte Millionen Bauten hochziehen, lassen mich hier in Grenchen kalten Arsches einfrieren. Denn der Zug kam in der Kälte auch eher selten. Aufregung gibt immerhin auch etwas warm, habe ich da festgestellt.

Manchmal ist der Bahnhof auch ein Ort der Inspiration. Neulich sah ich beim neuen Veloständer doch tatsächlich eine parkierte Seifenkiste. Die weckte auch Erinnerungen. Früher machte die Jugend dort, wo ich aufgewachsen bin, Seifenkistenrennen. Mit abenteuerlichen Gefährten raste man die Dorfstrasse hinunter. Das Gaudi war gross, auch für die Zuschauer. Die Gemeinde sperrte die Strasse und die Suva wusste von nichts.

Grenchen wäre von der Topografie her für spektakuläre Seifenkistenrennen geradezu prädestiniert. Wäre vielleicht mal ein Programmpunkt für das Nostalgie-Grenchnerfest. Oder wenigstens als Ersatz für den Automobil-Slalom auf dem Badi-Parkplatz. Bin ich der Einzige, der ihm nachtrauert?