Grenchen
Im Untergeschoss der Migros: Das Kleintheater ist ein Kind der Krise

Ende August beginnt im Kultur-Historischen Museum eine Ausstellung zu den Grenchner Uhrenkrisen. Im Vorfeld der Eröffnung beleuchten wir verschiedene Aspekte.

Rainer W. Walter
Drucken
Kultur-Historisches Museum Grenchen

Kultur-Historisches Museum Grenchen

Kaspar Haupt

In der Zeit der Krise entdeckten viele Grenchnerinnen und Grenchner neu den Weg zu kulturellem Schaffen. Einer dieser Wege führte ins Untergeschoss der alten Migros ins Kleintheater, ein anderer blieb an der Oberfläche und brachte unter anderem die Kunstmappe «Grenchen 81».

Die alte Migros, an bester Stelle in der Stadt, stand leer. Hier, aber im Untergeschoss, entstand ein erstes, sehr lebendiges Kulturzentrum. Hier tagte die Kulturkommission, hier wurden die Kulturpreise vergeben und hier entwickelte sich ein lebendiges kulturelles Biotop.

Berühmt wurden Teddy Busers «Rendez-vous», in deren nicht immer vorhersehbaren Verlauf der Moderator dem Publikum Grenchner Grössen jeglicher Art vorstellte. Teddys «Rendez-vous» waren das, was man heute einen «Renner» nennen würde.

Titelblatt Signet des Kleintheaters 1979.

Titelblatt Signet des Kleintheaters 1979.

Rainer W. Walter

Eines Tages versammelte Werner Gusset seine Freunde um sich und gründete das Grenchner Kleintheater. Werner Gusset war arbeitslos geworden und verschrieb sich mit der Gründung des Grenchner Kleintheaters ein ganz eigenes Arbeitsbeschaffungsprogramm.

Der Start des Kleintheaters erfolgte erst, nachdem mehrere Hürden überwunden waren. Unter anderem schrieb der Kanton vor, dass an jeder Vorstellung ein Feuerwehrmann anwesend sein müsse.

Um die damit verbundenen Ausgaben vermeiden zu können, formierte sich die gesamte Kulturkommission als «Freiwillige Kleintheater Feuerwehr». Kommandant war Albert Weder. Als erstes montierten die «Freiwilligen» grüne Leuchten, die den Notausgang in der verwinkelten Unterwelt wiesen.

Am 18. Oktober 1975 fand im Untergeschoss des alten Migros die erste Aufführung statt. Statt eines Eintrittspreises zu berappen, mussten die Besucher einen Stuhl mitbringen. In der Versuchsphase fanden neun Vorstellungen statt – der Versuch wurde zum erfolgreichen Start.
Diskussionen entstanden in der Folge, weil der Kleintheaterpionier Werner Gusset verständlicherweise eine von der Stadt bezahlte Teilzeit-Leiterstelle einforderte. K

ulturkommission und «Hôtel de ville» sprachen sich dagegen aus. In der Folge einigte man sich auf die Gründung eines Trägervereins. Dieser wurde am 17. August 1979 gegründet. Erste Präsidentin war Brigitte Stettler. Die heutige Präsidentin ist Marisa Thöni.

Und nun «Grenchen 81»

Im Jahre 1981 feierte der Kanton Solothurn (und mit ihm die gesamte Eidgenossenschaft) die 500-jährige Zugehörigkeit Solothurns zum Bund. Dieses Ereignis hatte zahlreiche Feiern und Anlässe zur Folge.

Grenchen nutzte die Stunde und präsentierte eine kulturelle Standortaufnahme: Neben einer illustrierten Kurzgeschichte der Stadt enthielt die Mappe 16 Originalgrafiken von Grenchner Kunstschaffenden und 12 Geschichten von einheimischen Schriftstellern sowie schliesslich eine Schallplatte mit 18 Aufnahmen unterschiedlichster Darbietungen von Gruppen oder einzelnen in Grenchen aktiven Musikern.

Für das Gelingen des Projektes war vor allem Teddy Buser zuständig – und das mit grossem Erfolg. Die Mappe erhielt viel Lob, grosse Anerkennung – doch der Verkauf stockte. Zahlreiche Kauf-Zusicherungen wurden gestoppt, weil eine neue Krise die Region beschäftigte. «Grenchen 81» ist, heute genau betrachtet noch immer ein einzigartiger und umfassender Zustandsbericht der Stadt. Die nicht verkauften Mappen ruhen heute im Estrich des «Hôtel de ville».

Die Ausstellung im Kultur-Historischen Museum Grenchen mit dem Titel «Unruhige Zeiten – die Krisen in der Uhrenindustrie der Region Grenchen im 20. Jahrhundert» wird am 31. August 2017 eröffnet und dauert bis zum 13. Mai 2018. Im Rahmen der Ausstellung finden zahlreiche Veranstaltungen statt.