Grenchen
Im Training stimmen die Rundenzeiten, im Ernstfall hofft Heinz Frei noch auf Flügel

Heinz Frei will im Velodrome in Grenchen für ein weiteres Glanzlicht sorgen. Das Training für die Schweizer Stundenbestleistung stimmt den Ausnahmesportler positiv.

André Weyermann
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Rollstuhlsportler Heinz Frei will am 16. März in einer Stunde 40 km weit kommen.
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Heinz Frei im Velodrome
Heinz Frei

Rollstuhlsportler Heinz Frei will am 16. März in einer Stunde 40 km weit kommen.

Michel Lüthi

Sportfans dürfen sich das nicht entgehen lassen: Einer der erfolgreichsten Schweizer Athleten überhaupt, Heinz Frei, wird am 16. März im Tissot Velodrome in Grenchen eine Schweizer Stundenbestleistung mit dem Bahn-Handbike anvisieren. Es ist eine Premiere, die wegweisend sein könnte: «Seitdem ich das Bahnfahren mit dem Handbike entdeckt habe, möchte ich ein wenig provozieren. Wer weiss, vielleicht ebnet meine Bestleistung einer neuen Disziplin den Weg», erklärt der 59-Jährige.

40 Kilometer anvisiert

Swiss Cycling hat für diesen Anlass eigens ein spezielles Reglement erarbeitet und hofft, dass der Weltradsportverband die Bestleistung auch anerkennen wird. Wie auch immer: Wenn einer wie Heinz Frei antritt, ist mit einer Spitzenleistung zu rechnen. «Es wäre schon schön, wenn am Ende eine Vier vorne stehen würde», gibt der unermüdliche Medaillensammler zu Protokoll. 160 Runden müsste er auf dem Grenchner Oval absolvieren, um auf die angestrebten 40 Kilometer zu kommen.

Ein Augenschein im Training stimmt zuversichtlich. Mit faszinierender Regelmässigkeit legt die «lebende Legende» Rundenzeiten zwischen 22 und 23 Sekunden auf die Bahn, genau die Kadenz also, die während einer Stunde gefragt sein wird. «In meinen Intervall-Trainings bis zu einer halben Stunde vermag ich die Leistung abzurufen. Ich hoffe, dass mir dann im Ernstfall noch Flügel wachsen werden», gibt der ebenso erfolgreiche wie bescheidene Protagonist der Szene zu Protokoll und hofft natürlich auf den Support eines begeisterungsfähigen Publikums.

Beeindruckender Palmares

Heinz Frei hat in seiner langen Karriere schon schier Unglaubliches geleistet. Seitdem er als 20-Jähriger bei einem Berglauf verunfallt ist, hat er in drei Disziplinen (Rollstuhlfahren, Handbike, Langlauf) 15 Goldmedaillen erobert, dazu 19 Silber- und Bronzemedaillen sowie zahlreiche Titel an Welt- und Europameisterschaften. 112 Marathon-Siege stehen auf seinem Konto, 10 Mal wurde er zum Sportler des Jahres gekürt. Er war auch der erste Rollstuhl-Sportler, der an einem Marathon die etwas mehr als 42-Kilometer schneller als die Läufer absolvierte. Sein Weltrekord liegt seit über 17 Jahren bei 1:20:14 (zum Vergleich Marathon-Weltrekord der Läufer: 2:02:57) An den letzten Paralympics in Rio verpasste er auch in hohem Sportleralter eine Medaille nur hauchdünn.

Und dennoch verspürt er eine gewisse Nervosität vor seinem Grenchner Einsatz: «Es ist schon speziell, wenn die Leute Eintritt zahlen, um mich in Aktion zu sehen.»

Das Material entscheidet mit

Der Oberbipper galt schon immer auch als Tüftler, als einer, der die gesamte Sportart weitergebracht hat. Entsprechend akribisch geht er das Unterfangen auch diesmal an, kann im Materialsektor auf Hightech und Spezialisten wie Kilian Oertli zählen, er ist Mechaniker beim Schweizer Radsportverband.

Es gelte jetzt noch, die optimale Übersetzung zu finden, denn auf der Bahn wird mit nur einem Gang gefahren. Die beste Linie scheint er auf jeden Fall schon gefunden zu haben. In den Kurven orientiert er sich an der schwarzen Linie, auf den beiden Geraden lässt er sich bis auf den blauen Bereich heruntertreiben. «Ich mache damit ein wenig mehr Weg als nötig wäre, dafür kann ich eine etwas komfortablere Position einnehmen», erklärt Heinz Frei diese Massnahme.

2020 nochmals Olympia?

Der Ausnahmesportler befindet sich im Herbst seiner Karriere, aber noch lange nicht an deren Ende. Die nächsten Olympischen Spiele in Japan 2020 möchte er zumindest noch anvisieren. Es wäre eine triumphale Rückkehr. Seit er den schon beschriebenen Weltrekord 1999 in der südjapanischen Stadt Oita aufgestellt hat, wird er dort verehrt, ist Ehrenbürger, erhält jeweils Flugtickets der Businness-Class offeriert – und die beste Suite im Hotel ist auch für ihn reserviert.

Zunächst gilt aber seine ganze Aufmerksamkeit dem Unterfangen Stundenbestleistung. Radsport-Geschichte wird er damit auf jeden Fall schreiben.

Infos und Tickets:
www.tissotvelodrome.ch