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Bei einer Kontrolle auf der Baustelle des Gebetshauses der Albanisch-Islamischen Glaubensgemeinschaft AIG durch die Stadtpolizei flüchtet ein Arbeiter. Ein Polizist stürzt bei der Verfolgung drei Meter in die Tiefe.
Es war am Samstag vor einer Woche, als zwei Beamte der Polizei Stadt Grenchen auf Anweisung ihres Kommandanten Christian Ambühl zur Baustelle der Grenchner Moschee an der Maienstrasse fuhren. Man habe nämlich festgestellt, dass im und am neuen Gebetshaus der Albanisch-Islamischen Glaubensgemeinschaft AIG vermehrt am Wochenende gearbeitet werde, so Ambühl auf Anfrage.
Die Beamten trafen auf acht Personen ausländischer Abstammung, die mit irgendwelchen Arbeiten im Innern des Gebäudes beschäftigt gewesen seien. Sie sammelten deren Ausweise ein, um sie zu kontrollieren. Plötzlich habe einer der Männer die Flucht ergriffen und sei davongerannt, einer der Beamten habe die Verfolgung aufgenommen. «Der Mann stürmte im Obergeschoss durch eine Türöffnung nach draussen und flüchtete scharf rechts über die Aussentreppe, die nicht mit einem Geländer gesichert ist. Er schien die örtlichen Verhältnisse sehr gut zu kennen», so Ambühl. Der Beamte, der ihn verfolgte, habe die Kurve verfehlt, sei über die Treppe hinausgeschossen und rund drei Meter in die Tiefe gestürzt.
Christian Ambühl, Kommandant der Stadtpolizei Grenchen, hat die Befürchtung, dass mit dem Wirbel, der kürzlich um die Bieler Ar’Rahman-Moschee und den mutmasslichen Hassprediger Abu Ramadan gemacht wurde sowie der im Sommer erfolgten Schliessung der Winterthurer An’Nur-Moschee wegen Hasspredigern, radikalisierter Jugendlicher und Dschihad-Reisender, künftig möglicherweise radikale Islamisten den Weg nach Grenchen finden könnten. Grenchen liege strategisch günstig an der Ost-West-Verbindung, die Moschee nahe beim Bahnhof. Und man habe schlicht keinen Zugang zu diesen Kulturkreisen und auch keine Möglichkeit der Überprüfung dessen, was einem gesagt werde. Folglich wisse man auch nicht, was da tatsächlich abgehe. «Das finde ich persönlich sehr problematisch.» (om)
«Zum Glück lagen da keine Gerüstteile, Armierungseisen oder sonstiges Baumaterial mehr herum. Das hätte böse ins Auge gehen können. Der Polizeibeamte hat ein Riesen-Schwein gehabt, er hätte sich gerade so gut den Hals brechen können.» Aber zum Glück sei er unverletzt geblieben. Den Flüchtenden habe man allerdings dann nicht mehr ergreifen können, er sei noch immer auf der Flucht. Allerdings ohne seine Papiere. Die hatte er ja bereits den Beamten ausgehändigt.
Die Kontrolle der Ausweise, die allermeisten waren B- und C-Ausweise, brachte anschliessend ans Licht, dass der Mann, der geflüchtet war, sogar mit einer Einreisesperre in die Schweiz belegt war und sich folglich illegal hier aufhielt. «Keiner der anderen anwesenden Arbeiter wollte ihn natürlich kennen, keiner will ihn je zuvor gesehen haben», sagt Ambühl. Es sei auch nicht möglich gewesen, herauszufinden, wer jetzt auf der Baustelle verantwortlich sei und wer beispielsweise die Arbeiten koordiniere und vergebe. Die befragten Arbeiter hätten bloss gesagt, sie seien freiwillig hier und verrichteten Fronarbeit. Weshalb der Flüchtige mit einer Einreisesperre belegt sei, wisse er nicht, so der Polizeikommandant.
Laut Draszenka Dragila-Salis, der Grenchner Stadtbaumeisterin, weiss man auf der Baudirektion von dem Fall, die Stadtpolizei habe sie informiert. Der bisherige Ansprechpartner für die Behörden, N. P., der von der Albanisch-Islamischen Glaubensgemeinschaft den Auftrag als Projektleiter für den Bau der «Xhamia-Ebu-Hanife-Moschee» erhalten hatte, ging mit seiner eigenen Firma «Mimari Architektur und Generalunternehmung» Konkurs.
Die Albanisch-Islamische Glaubensgemeinschaft habe einen neuen Verantwortlichen benannt, der penibel genau eine Liste führe über alle Personen, die auf der Baustelle tätig seien. Darunter seien sowohl diese freiwilligen «Hobbyhelfer» – das seien Fronarbeiter, nicht zu verwechseln mit Schwarzarbeitern – als auch Firmen, die mit Unterakkordanten Verträge haben, die dann wiederum mit weiteren Subunternehmern vertraglich verbunden seien, sodass man am Schluss nicht mehr genau sagen könne, wer tatsächlich auf der Baustelle tätig sei.
Der Bau der Moschee hatte vor sechs Jahren landesweite Wellen geworfen, als Unbekannte ein totes Schwein und vier Schweinsköpfe dort vergruben sowie über 100 Liter Schweineblut auf dem Gelände verteilten, um damit den Untergrund zu entweihen und so den Bau zu verhindern. Die Täter wurden nie gefasst. Es blieb in der Folge bei diesen Vandalenakten, bis vor kurzem. «Überhaupt haben wir festgestellt, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung doch sehr gross ist», betonte der damalige Projektleiter noch im März 2017 gegenüber dieser Zeitung. Diese Akzeptanz scheint in gewissen Kreisen jetzt zu fehlen (siehe auch Haupttext). (om)
Auf die Frage, wer eigentlich für die Sicherheit auf der Baustelle verantwortlich sei, sagt Dragila: «Im Grunde der Bauherr selber. Die am Bau beteiligten Firmen müssen ihre Eigenverantwortung wahrnehmen.» Für die Kontrollen sei in erster Linie die Suva verantwortlich, aber wer freiwillig dort arbeite, der tue das auf eigene Verantwortung. «Es ist nicht die Sache der öffentlichen Hand, für die Sicherheit auf der Baustelle zu sorgen.»
Der neue Verantwortliche für die Baustelle, der aus Furcht vor Repressionen durch seine Vorgesetzten am Arbeitsplatz anonym bleiben will, bestätigt und ergänzt die Angaben der Stadtbaumeisterin. Er führe tatsächlich eine Liste der Personen, die auf der Baustelle Arbeiten verrichteten, sagt er gegenüber dieser Zeitung. Und das schon seit Beginn der Bauarbeiten. Allerdings notiere er nur die Namen und getätigten Arbeiten der Freiwilligen. «Wir hatten in der Vergangenheit viele Anfragen von Landsleuten aus Albanien und Mazedonien, die freiwillig beim Bau der Moschee mithelfen wollten. Aber wir haben sie alle abgelehnt. Wir beschäftigen nur Leute, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.» Das könnten hingegen auch Leute aus der Ostschweiz sein, die mithelfen würden, das Glaubenszentrum fertigzustellen. «Aber die meisten unserer Freiwilligen stammen aus unserer Region, von Solothurn bis in die benachbarten bernischen Gemeinden.» Mit Moslems aus dem arabischen Raum habe ihre Glaubensgemeinschaft übrigens nichts zu tun.
Was die Firmen und den konkreten Fall von vorletztem Samstag betreffe, könne er nur soviel sagen, dass sie als Bauherren diverse Maler- und Gipserarbeiten an eine Firma aus dem Kanton Freiburg vergeben hätten. Diese wiederum habe von sich aus Gipserarbeiten an eine weitere Firma delegiert, offenbar aus Genf. Zwei Männer seien bei dieser Firma beschäftigt gewesen und beim einen habe es sich eben um den gehandelt, der illegal im Land sei. «Wir können ja nicht Polizist spielen und jeden Arbeiter, der für eine solche Firma bei uns auf der Baustelle tätig ist, beim Eingang überprüfen.»
Er selber sei erst kurz nach dem Zwischenfall auf der Baustelle angekommen. Von einer Verfolgungsjagd und vom Sturz des Beamten habe er jedoch nichts gehört, meint er erstaunt. «Wenn das tatsächlich so gewesen wäre, hätten mir unsere Leute sicher davon erzählt. Ausserdem hatten die Beamten ja keinen Grund, dem Flüchtigen nachzurennen, da sie ja seinen Ausweis schon hatten.»
Auf die Frage, weshalb die Treppe nicht gesichert sei, sagt der Bauverantwortliche: «Dort (im ersten Stock) ist normalerweise der Durchgang verschlossen. Die Treppe wird später noch mit einem Geländer versehen – ohne dieses würde sie ja niemals von den Behörden abgenommen.»
Man habe sämtliche Eingänge des Gebäudes fest verschliessen müssen, da es vor ein paar Wochen zu einem Vandalenakt gekommen sei, so der Baustellenverantwortliche. Unbekannte seien durch einen Eingang auf der den Geleisen zugewandten Seite ins Gebäude eingedrungen und hätten im Innern Wände und Boden mit Schweineblut verschmiert.
Man habe deswegen Anzeige erstattet, wie auch wegen der kürzlich erfolgten Schmierereien an der Fassade. Unbekannte haben nämlich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag den Schriftzug «Shit Islam» an die Fassade geschmiert.