Alle SWG-Verwaltungsräte haben sich zu einer Aussprache mit dem Gemeinderat Grenchen eingefunden. Doch kein einziger Gemeinderat stellte eine Frage. «Ich bin irritiert», meinte ein Verwaltungsrat danach.
Nach der Gemeinderatssitzung von Dienstag Abend referierte Silvio Bertini,der Vizepräsident des Verwaltungsrates der Städtischen Werke Grenchen SWG zum Thema Strategie und weiteren Themen, die in den vergangenen Wochen bei der Politik für gewisse Irritationen gesorgt hatten.
Sämtliche SWG-Verwaltungsräte waren an der Gemeinderatssitzung dabei, dies auch in der Erwartung, es gebe nach dem Referat weiteren Klärungsbedarf. Doch keine einzige Frage wurde von einem Gemeinderat im Plenum gestellt. Immerhin wurde am anschliessenden Apéro die eine oder andere Diskussion beobachtet.«Wir haben uns umfassend vorbereitet weil wir ja in der Kritik standen. Dass jetzt niemand das Wort ergreift, hat mich schon ziemlich irritiert», meinte Raphael Pilloud, Vertreter der FDP im SWG-Verwaltungsrat.
Hatte SWG-Vizepräsident Silvio Bertini mit seiner umfassenden Powerpoint-Präsentation schon alle Fragen geklärt? - Wohl eher nicht. Denn schon aus den einleitenden Worten von Stadtpräsident François Scheidegger war abzuleiten, dass das Problem tiefer liegt. «Wir haben grosse Probleme bei der strategischen Kommunikation und wir haben auch unterschiedliche Auffassungen über Rollen und Kompetenzaufteilung zwischen SWG-Verwaltungsrat und Gemeinderat», hatte dieser zu Beginn unmissverständlich festgestellt. «Es gibt Handlungsbedarf.»
Scheidegger redete den versammelten Politikern und Verwaltungsräten ins Gewissen, dass beide Seiten für einen funktionierenden Informationsfluss verantwortlich seien. Er werde künftig eine jährliches Reporting der SWG gegenüber dem Gemeinderat analog der anderen städtischen Abteilungen anberaumen. Ferner werde er noch vor den Sommerferien ein Projekt starten für die Entwicklung einer Eignerstrategie, für die Überprüfung der Zusammensetzung des Verwaltungsrates und für eine allfällige Umwandung in eine privatrechtliche AG. «Dieser Prozess wird von hoher Fachlichkeit begleitet werden», so Scheidegger.
Silvio Bertini hatte vorgängig alle Karten auf den Tisch gelegt und erläuterte ausführlich, wie es 1996 zur Verselbständigung der SWG gekommen war. Nämlich aus der Motivation heraus, mit kürzeren Entscheidwegen und mehr Flexibilität für den sich öffnenden Energiemarkt parat zu sein. «Das Ziel war klar, den Einfluss des Gemeinderates zu beschränken.» Dafür erhielt die SWG in § 15 der Statuten zum Beispiel auch die Kompetenzen, Liegenschaften zu kaufen und sich an anderen Unternehmen zu beteiligen.
Auch die Gründe für die Übernahme der Baufirma Panaiia & Crausaz erläuterte Bertini einmal mehr und unterstrich, dass ein Rechtsgutachten ein «lupenreines Vorgehen» auch im Submissionsbereich bestätige. «Im Vergangenen Jahr hat die Firma einen Steuerbaren Erfolg von 305 000 Fr. erzielt.» Von 1996 bis 2017 habe die SWG total 37,3 Mio. Fr an die Stadtkasse abgeliefert.
In Zukunft werde die SWG noch vermehrt auf die Erträge der neuen Geschäftsfelder und aus Aufträgen für Dritte angewiesen sein, wenn sie das Ziel, Mehrwert für die Eigentümerin zu erzielen, erfüllen wolle. Dazu sei auch der Windpark zu zählen, von dem jährliche Erträge von 1,1 Mio. Fr. erwartet werden.
Denn die Einnahmen im Monopolbereich würden laufend zurückgehen. Anderseits warten grosse Investitionen durch die defekten Duktilgussleitungen der Wasserversorgung und der Gruppenwasserversorgung, wo die marode Fernwasserleitung entlang der Bahnlinie ersetzt werden muss. Insgesamt rechnet Bertini mit einem Ivestitionsbedarf von total 69 Mio. Fr. (inkl. Windpark).
Der Gemeinderat hatte vorgängig diverse weitere Geschäfte behandelt, so die Umbenennung der Unterführungsstrasse in Léon-Breitling-Strasse. Diese «salomonische Lösung» zwischen den Interessen der Anwohner der Schlachthausstrasse und dem Luxusuhrenhersteller Breitling hatte sich im Vorfeld abgezeichnet: Die Schlachthausstrasse behält ihren Namen, Breitling kann seine Postadresse trotzdem ändern, weil man an der Ecke der beiden Strassen domiziliert ist. Nur Peter Brotschi (CVP) wollte dem Schritt nicht zustimmen, da Léon Breitling gar kein Grenchner sei, wie er betonte. Man schaffe mit der Namensänderung ein Präjudiz für andere Firmen. Die Lösung wurde vom Gemeinderat somit mit einer Gegenstimme gutgeheissen.
Der Gemeinderat hat ferner Kenntnis genommen vom Umsetzungsstand der Lärmsanierung der Gemeindestrassen durch Flüsterbeläge. Folgender weiterer Zeitplan ist vorgesehen: Kirchstrasse Nord und Schmelzistrasse (Einbau 2019), Dählenstrasse (2020), Centralstrasse (2021), Wissbächlistrasse Nord (2022). Im Jahr 2022 werden laut Stadtbaumeister Aquil Briggen die letzten Bundessubventionen ausgerichtet.