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Der Grenchner Busbetrieb kann elektronische Fahrkarten nicht abschliessend überprüfen. Doch eine Belastung stellt dies für die Kontrolleure nicht dar. Betrüger würden sowieso ertappt.
Wenn einer eine Reise mit Bus oder Bahn tut, dann braucht er ein gültiges Billett, oder aber er läuft Gefahr, erwischt, bestraft und gebüsst zu werden. Nicht zu vergessen: 2010 hatte der Busbetrieb Grenchen (BGU) so viele Schwarzfahrer wie noch nie, wie Stichproben ergaben. Doch um Schwarzfahrer geht es in der aktuellen Geschichte gar nicht. Die Frage ist eher: Was, wenn man ein gültiges Billett hat, es der Kondukteur aber nicht kontrollieren kann? Was, wenn man einfach behaupten könnte, das Billett sei gültig – gerade, weil es der Kondukteur nicht überprüfen kann? Nun. Das ist auf der Linie 38 in Grenchen kein Scherz, sondern Realität.
Billett übers Handy kaufen
Morgens, kurz vor 9 Uhr, beim Südbahnhof. Bus Linie 38 auf den Grenchenberg wartet schon, hastig kommt ein Mann mit Rucksack dahergelaufen. Es ist Freitag, offensichtlich hat er ein langes Wochenende (oder keine Arbeit) und will den Grenchner Hausberg bewandern. Als ihn der nette Chauffeur fragt, wo er denn sein Billett habe, hält ihm der Wanderer sein Mobiltelefon unter die Nase. Nun, elektronische Tickets sind heutzutage keine Science-Fiction mehr, sondern werden beispielsweise von den SBB seit längerem genutzt. Übers Handy können Billette gekauft werden, die von den Kontrolleuren dann mit speziellen Geräten überprüft werden können. Billette, die übrigens auch nicht übertragbar sind, um Missbräuchen vorzubeugen. Nun bringen aber sämtliche technischen Finessen dem Kontrolleur wenig, wenn er gar kein Gerät hat, mit dem er das Ticket unter die elektronische Lupe nehmen könnte. So geschehen im konkreten Fall: Der Chauffeur verwirft die Hände. «Ach, Sie haben so ein Handy-Billett? Das können wir bei uns nicht überprüfen. Wird schon gut sein, sitzen Sie einfach rein.» Der Mann nimmt Platz, wenige Sekunden später geht es ab gen Berg. Ob der Mann mit Handy wirklich eine gültige Fahrkarte hatte, wusste bis auf ihn selbst wohl keiner. Der BGU hat keine speziellen Geräte, um die so genannten «E-Tickets» zu überprüfen.
Der Grund für die kuriose Situation ist nicht kompliziert: Linie 38 gehört zum so genannten «direkten Verkehr», wie BGU-Geschäftsführer Hans-Rudolf Zumstein erklärt. Als einzige der Grenchner Busstrecken kann man das Billett auch von den Ticketautomaten der SBB oder eben im Internet und übers Handy kaufen. Für alle anderen Strecken gibts nur an den eigenen BGU-Automaten eine Fahrkarte. Wer also auf dem Handy ein Zugbillett von Solothurn nach «Unterer Grenchenberg» (Linie 38) kauft, darf damit offiziell und legal bis auf den Grenchenberg fahren.
Betrügen heisst riskieren
Nun wäre das für Schwarzfahrer ein gefundenes Fressen, wäre da nicht die kleine Tatsache, dass sich die elektronischen Billette zwar nicht scannen, aber mit etwas Geschick und Aufwand dennoch zum guten Teil überprüfen lassen. Der Verband öffentlicher Verkehr der Schweiz (VöV) hat eine Anleitung herausgegeben, die es Kontrolleuren ermöglicht, auch ohne Kontrollgerät ein «E-Ticket» zu überprüfen. Ganz so einfach geht das Bescheissen also doch nicht, denn verschiedene Elemente auf dem Handy, einem iPhone oder Smartphone werden so dargestellt, dass der Kontrolleur bei genauem Hinschauen eine Fälschung sofort erkennen würde.
Auf Dauer rechnet es sich nicht
«Für uns ist es kein Problem, dass wir diese elektronischen Billette nicht mit Scanner überprüfen können», sagt deshalb auch Hans-Rudolf Zumstein. Ein Betrüger wäre schnell ertappt – wenn er denn kontrolliert wird. Und ausserdem: Ein Billett von Solothurn bis Unterer Grenchenberg kostet knapp 7 Franken – eine Busse mehr als das 11-Fache. Ob sich das wirklich lohnt für einen öV-Schmarotzer? Es ist wie beim Falschparkieren: Man kann es riskieren und nicht bezahlen. Auf Dauer allerdings rechnet sich das Ganze aber in der Regel doch nicht.