Grenchen
Gründerin der Leuziger Wohngemeinschaft und Band «Jabahe» nimmt Abschied

Die Grenchnerin Thesi Frei kündigte ihren Lehrerjob und gründetet die Wohngemeinschaft und Band in Grenchen. Nach 20 Jahren nimmt sie Abschied.

Oliver Menge
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Die Grenchnerin Thesi Frei, Gründerin der Wohngemeinschaft und Leiterin der Jabahe-Band, gibt zum Jubiläum ihr Amt in neue Hände.

Die Grenchnerin Thesi Frei, Gründerin der Wohngemeinschaft und Leiterin der Jabahe-Band, gibt zum Jubiläum ihr Amt in neue Hände.

Oliver Menge

Es war im Sommer 1998, als an einem Konzert der Berner Band «Hot Strings» im alten «Ticino» «komische Gestalten» den Saal betraten. «Sie hatten Hüte auf und sahen irgendwie eigenartig aus», erzählt die heute 72-jährige Thesi Frei, damals verantwortlich für die Engagements der Bands, die im Rahmen von ProJazz auftraten. Es handelte sich bei den «komischen Gestalten» um Mitglieder der zu der Zeit sehr populären Band «die Regierung», bestehend aus Musikern mit und ohne geistige oder körperliche Einschränkung, die damals schon fast 20 Jahre lang unterwegs waren und bereits mit unzähligen Grössen der Schweizer Musikszene aufgetreten waren.

Im darauffolgenden März engagierte Frei «die Regierung» für ProJazz – und das sollte in der Folge ihr Leben komplett auf den Kopf stellen. Sie musste für die Bandmitglieder eine Übernachtungsmöglichkeit organisieren und lernte sie so näher kennen. Thesi Frei war derart begeistert von diesem damals einzigartigen Projekt, sodass ihr Entschluss, selber eine Wohngemeinschaft für Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen zu gründen, einfach feststand, wie sie sagt.

Thesi Frei war 1971 nach Grenchen gezogen und am Eichholzschulhaus als Lehrerin tätig. Neben dem Lehrberuf engagierte sie sich bei diversen Projekten, wie dem Sonntagsforum und dem bereits erwähnten ProJazz. 1998 reichte sie bei der Schulverwaltung ihre Kündigung ein. «Eine alte Lehrerin wollte ich nie werden», sagt sie.

Dass sich ihr Leben aber so radikal ändern würde, hätte sie nie gedacht, sagt sie heute. Denn kaum hatte sie den Entschluss, eine WG zu gründen gefasst, ging alles Schlag auf Schlag: Ein Ehepaar mit einer behinderten Tochter fragte sie kurze Zeit später an für einen Betreuungsplatz tagsüber. Thesi Frei nahm das Mädchen zu sich nach Hause. So kam sie zu ihrer ersten Bewohnerin in einer Wohngemeinschaft, die es eigentlich noch gar nicht gab.

Die Wohngemeinschaft erhält ihren Namen

Musik sollte in ihrer WG eine wichtige Rolle spielen. Sie sei zwar schon immer musikalisch gewesen, habe aber selber nie gelernt, ein Instrument zu spielen, sagt Frei. Aber Rhythmus, den habe sie schon immer im Blut gehabt. «Auf dem Weissenstein am Uhuru-Festival belegte ich einige Kurse mit rhythmischen Instrumenten.» Dort erlernte sie auch ein afrikanisches Lied, mit dem Titel «Jabahe», dem ghanaischen Wort für «Willkommen». Dieses Lied lehrte sie auch ihrer ersten WG-Bewohnerin. Das Mädchen begrüsste in der Folge jedermann auf der Baustelle – das Haus, welches für die Wohngemeinschaft vorgesehen war, musste zunächst umgebaut werden – mit einem freudigen «Jabahe!». Sogar Lieferscheine von Baufirmen wurden in der Folge auf die Adresse «Jabahe» adressiert – der Name der Wohngemeinschaft und der späteren Band war geboren.

Am 1. Oktober 1999 schliesslich bezog Thesi Frei mit zwei Frauen mit Beeinträchtigungen das Haus. «Göss», ein Grenchner Original und Musiker, besuchte die WG regelmässig einmal pro Woche mit seiner Gitarre, es wurde musiziert, die Anzahl Bewohnerinnen wuchs auf vier und später sechs Frauen. Auch die Anzahl der Musikerinnen und Musiker, die Jabahe über die Jahre unterstützten, nahm stetig zu. So zum Beispiel Jürg Rickli, der den gemischten Chor Rüti dirigiert, der Perkussionist José de Mena, der Gitarrist Giova Esposito, die Querflötistin und Sängerin Milena Zahariewa und viele mehr.

Die Altersvorsorge wurde aufgebraucht

«Etliche meiner Freunde und Bekannten meinten, das geht gar nicht und du verlochst da deine ganze Altersvorsorge. Nur drei oder vier enge Freunde glaubten an das Projekt.» Tatsächlich «verlochte» sie ihre Altersvorsorge. Denn Frei finanzierte das ganze Projekt die ersten 12 Jahre selber. «Ich konnte zwar keine grossen Sprünge machen, doch dafür hatte ich ohnehin keine Zeit», sagt sie schmunzelnd.

2011 wurde die Wohngemeinschaft mit einer anderen WG in Cortébert unter einem Dach, dem Trägerverein «Cicada» vereint und institutionalisiert. Seither erhält die Institution Subventionen. Thesi Frei löste gleichzeitig die Jabahe-Band aus der Institution heraus. Die letzten zwei Jahre kümmerte sich die inzwischen Pensionierte nur noch um die Leitung der Band. Bis heute. Thesi Frei wird die Leitung der Band nun an Silvia Stampfli übergeben.

«Es waren die glücklichsten 20 Jahre meines Berufslebens», sagt sie. Ihre Arbeit trug auch Früchte: 2014 wurde die Frauenband Jabahe mit dem Anerkennungspreis der Stadt Grenchen ausgezeichnet. Allerdings, so sagt sie, ohne die Unterstützung von Freunden, allen voran Kurt Gilomen, dem Organisator des Grenchner «Rock am Märetplatz», der den Erlös aus dem Buttonverkauf jeweils der Jabahe-Band übergab, wäre das Projekt über kurz oder lang nicht finanzierbar gewesen.

Dieses Wochenende findet auf dem Dorfplatz Leuzigen nun die grosse Geburtstags- und Abschiedssause statt.

Zwei Tage lang wird gefeiert und gerockt

Freitag:

Festbetrieb ab 18 Uhr.

20 Uhr: Jabahe-Band.

21 Uhr: MGM-Blues De Luxe mit Schöre Müller von Span, Phippu Bluedög Gerber aus Leuzigen und Didi Meier.

22.30 Uhr: Fat Dog, Band aus Solothurn.

Samstag:

15 Uhr: Ansprache Gemeindepräsident Daniel Baumann.

16 Uhr: Bärzelifäger (Kleinformation MG Arch/Leuzigen).

17 Uhr: Afrikanische Sounds mit Afropercussion Ensemble.

18 Uhr: Jabahe-Band.

19 Uhr: Festansprache Alt Bundesrat Samuel Schmid.

19.30 Uhr: Yacun - Weltmusik aus Solothurn.

20.30 Uhr: Gemischter Chor Rüti.

21.30 Uhr: Claudia Masika aus Kenia mit Band.

22.30 Uhr: Light Food.

23.30 Uhr: Special Guest, der Mundartsänger George.

Anschliessend DJ bis 02 Uhr.