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Nach 16 Jahren im Grenchner Gemeinderat findet für Daniel Trummer heute die letzte Sitzung statt. Im Interview spricht er über seine Zeit im Amt und erteilt Ratschläge für die zukünftige Stadtregierung.
Herr Trummer, Sie waren vier Legislaturen, also 16 Jahre lang im Grenchner Gemeinderat. Wie hielten Sie das aus, wenn das Politklima angeblich so schlecht sein soll?
Daniel Trummer: Auch in der Politik gibt es Klimaveränderungen. So schlimm, wie einige Exponenten glauben machen wollen, war es nicht. Klar gab es Zeiten, da wurde hemdsärmelig und manchmal ohne Beachtung der Gürtellinie gestritten. Der Gemeinderat erhielt gar Nachhilfe von extern. Leider haben einige Streitlustige diese Veranstaltungen boykottiert. Für die Arbeit im Ratssaal brauchte es einen breiten Rücken und die sachliche, oft heftige Auseinandersetzung gehört dazu.
Sie haben vier Jahre lang als Grüner politisiert und haben nachher zur SP gewechselt. Warum haben die Grünen in Grenchen keine Bedeutung mehr?
Die Grünen haben in Grenchen sehr wohl noch eine Bedeutung. Zwar gibt es keine Parteistrukturen mehr, das grüne Gedankengut lebt aber weiter.
Wie erleben sie die Haltung der Bevölkerung gegenüber der Politik? Man spricht gleichzeitig von Gleichgültigkeit und Polarisierung...
Daniel Trummer wurde am 2. Juli 1949 in Bremgarten (AG) geboren, und hat Wurzeln nach Frutigen ins Berner Oberland. Nach Schulen in Münsingen, Schwarzenburg und Thun. Erstausbildung zum Buchhändler, Studium der Sozialarbeit. Langjährige Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe des HEKS und des SRK in Bern. Selbständig in der Buchhandlung Satrum in Grenchen. Trummer arbeitet heute als Friedensrichter, Inventurbeamter und freischaffender Journalist. «Liebeleien mit Literatur und Musik sind alltäglich», sagt er. Daniel Trummer ist verheiratet, Vater, Grossvater und lebt seit 1992 in Grenchen. (mgt)
Ich begegne vielen Menschen, die sich sehr wohl für die politischen Prozesse in Grenchen interessieren und werde oft darauf angesprochen. Ob aber diese Mitbürgerinnen und Mitbürger sich aktiv an Wahlen und Abstimmungen beteiligen, steht auf einem andern Blatt. Eine gewisse Polarisierung ist nicht von der Hand zu weisen. Es handelt sich dabei beileibe nicht nur um ein Grenchner Phänomen.
Was waren die wichtigsten Errungenschaften der Stadt in dieser Zeit?
Ich freue mich, dass es dem Gemeinderat gelungen ist, in den letzten Jahren die Steuerbelastung in kleinen Schritten zwar, aber nachhaltig, zu senken. Die Pflege des Ortsbildes und der daraus resultierende Wakkerpreis war ein Ding, die Umgestaltung des Marktplatzes, die Schaffung von Begegnungszonen und die angepasste Verkehrsführung. Manchmal wünschte ich mir bescheidenere Lösungen der damit verbundenen baulichen Massnahmen. Und ich habe viel gelernt.
Gab es auch Dinge, für die Sie gekämpft haben, aber ohne Erfolg?
Schmerzlich war beispielsweise die Ablehnung von Integrationsprojekten im Lingerizquartier, einer Wohnzone wo die Lebensqualität beachtlich ist. Der unsägliche und falsche Entscheid vor Wochen, im Lingeriz keinen zusätzlichen Kindergarten einzurichten, stösst mir immer noch sauer auf.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der Verwaltung erlebt?
Diese Zusammenarbeit war durchwegs positiv. Ich habe die Verantwortlichen als hilfsbereit und mitdenkend erlebt.
Sie machen in der Kommissionsarbeit weiter (Kulturkommission). Haben Sie also immer noch nicht ganz genug?
«Ich gehe nie ins Kino, Theater oder Konzert», äusserte sich einmal ein gewichtiges Mitglied der Verwaltung mir gegenüber und fragte, «brauchen wir eigentlich Kultur oder Kulturförderung?» Auch deshalb engagiere ich mich weiter, nun zwar in der zweiten Reihe und bleibe so im Kontakt mit Kulturschaffenden und der Bevölkerung. Vielfältige Formen der Kultur sind für mich notwendiges Lebenselixier.
Was wünschen Sie Ihren Nachfolgern im Gemeinderat?
Meine Wünsche: Vergesst nie, dass ihr Volksvertreter seid, sprecht mit dem Volk, hört zu und bleibt nicht im stillen Kämmerlein. Und amtet zum Wohle der Bevölkerung, nicht zum Eigennutz.
Und was dem (neuen?) Stadtpräsidenten?
Dem neuen, hoffentlich alten Stapi, wünsche ich kreative Ideen, lösungsorientiertes Handeln und nicht allzu leere Kassen, damit auch neue Ansätze Platz im Budget finden. Die Politik darf nicht zum «courant normal» verkommen. Mögen die Kontakte mit Handel, Gewerbe und Industrie aber insbesondere die Kontakte mit allen Bevölkerungsschichten auch künftig ein wichtiges und unkompliziertes Anliegen bleiben. Gerne sende ich im Januar 2014 meine Akten des Friedensrichteramtes zur Durchsicht und Kontrolle wieder an den Gerichtspräsidenten François Scheidegger nach Solothurn...