Grenchen
Grenchner Finanzchef: «Wir sind nicht pessimistisch, aber vorsichtig»

Grenchens Finanzen sind (noch) gesund, sagt Finanzchef David Baumgartner. In den nächsten Jahren soll jedoch ein Defizit von 12 Millionen entstehen. Dafür sorge unter anderem ein Kostenanstieg in den Bereichen Bildung und Soziale Sicherheit.

Andreas Toggweiler
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David Baumgartner, Leiter Finanzen und Informatik

David Baumgartner, Leiter Finanzen und Informatik

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Die finanzielle Lage in vielen Städten ist angespannt. Mancherorts spricht man schon von Shutdowns. Wie steht Grenchen im Vergleich zu anderen Städten finanziell da?

David Baumgartner: Die finanzielle Lage in der Stadt Grenchen ist zwar angespannt, zeigt sich aber im Vergleich zu anderen Städten immer noch als gut. Sollten sich die Kosten in den Bereichen Bildung und insbesondere Soziale Sicherheit nach wie vor ungebremst weiterentwickeln, wird dies jedoch zu einer Verschlechterung der Lage führen. Ebenso stehen in den kommenden Jahren weiterhin grössere Infrastrukturprojekte an, welche sich in den Zahlen niederschlagen werden. Basierend auf Probleme in den USA auch in der Schweiz von «Shutdowns» zu sprechen finde ich aber vermessen.

Der Finanzplan sieht Defizite von insgesamt 12 Millionen vor in den nächsten fünf Jahren. Was ist für diese Entwicklung verantwortlich?

Steigende Kosten in den Bereichen Bildung und Soziale Sicherheit und anstehende Investitionen führen zu höheren Aufwendungen. Ebenso zeigen sich auf der Einnahmenseite zusehends die Auswirkungen der Steuergesetzrevisionen. Diese Ausfälle werden sich nachhaltig negativ auf die Erträge auswirken.

Sind Sie einfach zu pessimistisch? Letztes Jahr war auch ein Defizit prognostiziert, aus dem ein am Ende ein anständiger Überschuss wurde...

Dank des günstigen Zinsumfeldes und einer disziplinierten Ausgabenpolitik im Sachaufwand konnten die Ausfälle bei den Steuern teilweise kompensiert werden. Da aber immer mehr Leistungen vom Bund an die Kantone und von diesen an die Gemeinden delegiert werden, ist in bestimmten Bereichen ein erhöhter Kostendruck entstanden. Die wirtschaftliche Entwicklung läuft besser als prognostiziert. Die Steuererträge zeigen sich momentan und erfreulicherweise robust. Dies in einem Finanzplan als gegeben zu betrachten, wäre allerdings fahrlässig. So gesehen sind wir nicht pessimistisch, aber vorsichtig.

Der Kanton will ein Sparprogramm von 155 Millionen jährlich lancieren. Inwiefern könnte Grenchen davon betroffen sein?

Jedes Sparprogramm in dieser Grössenordnung hinterlässt Spuren auf Ebene der Gemeinden. Wie sich dieses im Detail auswirken wird, ist momentan schwer abzuschätzen. Die Gemeinden sind untereinander im Austausch, um über die möglichen Konsequenzen zu sprechen und bei Bedarf gegenüber dem Kanton vorstellig zu werden. Die konkrete Benennung einzelner Bereiche wäre zum jetzigen Zeitpunkt rein spekulativ.

Welche Ausgaben kann die Stadt überhaupt noch selber beeinflussen?

Der Anteil der administrierten Kosten steigt stetig an. Im Bildungs- und Sozialbereich sind wir als Gemeinde den Vorgaben verpflichtet. Der Spielraum für die Gemeinden wird immer mehr eingeschränkt und sollte diese Entwicklung anhalten, werden die kleineren Gemeinwesen zu reinen Ausführungsorganen ohne Gestaltungsspielraum. So wie sich die Kantone gegenüber der Bundesverwaltung organisieren, müssen sich auch die Gemeinden und Städte vermehrt und konsequent für ihre Anliegen einsetzen, um die verbliebenen Einflussmöglichkeiten zu bewahren.

Budgetverhandlungen des Gemeinderates: heute ab 17 Uhr im Gemeinderatssaal.