Bierkultur
Grenchner Bier ist nicht mehr in den Brauerreihen der Biertage zu finden

Die zwei Grenchner Bierbrauereien «Cranicum» und «vo Gränche bi Gott» nehmen dieses Jahr nicht an den Solothurner Biertagen teil. Die Gründe dafür sind unterschiedlich.

Patrick Furrer
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Toni Lötscher schenkt sein «Granicum» auch gerne im heimeligen Gewölbekeller aus.

Toni Lötscher schenkt sein «Granicum» auch gerne im heimeligen Gewölbekeller aus.

Patrick Furrer

In einer Woche drängelt sich vor der Rythalle in Solothurn wieder allerlei durstiges Volk, wenn 28 Schweizer Kleinbrauereien an die 11. Solothurner Biertage zapfen – pardon, locken. Überraschend dabei: Der Solothurner Mix aus Fachmesse und frivolem Bierfest stösst zwar kapazitätsmässig an seine Grenzen, und doch fehlt etwas: Das Grenchner Bier nämlich. Erstmals seit Jahren nimmt keine Grenchner Brauerei mehr teil. Weil es keine mehr gibt? Hat es sich in der Uhrenstadt etwa ausgemalzt?

Mitnichten. Die Bierkultur lebt noch, auch wenn es ruhiger um das «Granicum» und das «vo Gränche bi Gott» geworden ist. Aus unterschiedlichen Gründen hat man sich entschlossen, nicht mehr an den Biertagen teilzunehmen. Wobei sich Freunde des Gerstensafts aus innovativer Grenchner Cervisiologenküche eigentlich nicht ängstigen brauchen.

Frisch und identitätsschaffend

In Grenchen gibt es einige Leute, die sich im Privaten an einem selbst gebrauten Bier versuchen. «Richtige» Brauereien gibt es zwei. Das Granicum von Toni Lötscher ist das bekanntere und wird vom früheren Käser kommerziell hergestellt. Gerade hat die Hauptsaison begonnen, und Toni Lötscher stellt klar: «Die Grenchner Bierkultur ist noch lange nicht tot.»

Toni Lötscher braut ein frisches, aromatisches aber nicht allzu herbes Bier. «Eine echte Alternative zu Industriebier», sagt der Chef. Die grössten Qualitäten des Granicums seien aber, dass es «heimisch ist und Identität schafft». Seit 2004 braut Toni Lötscher hauptberuflich in der früheren Molkerei an der Solothurnstrasse, die er vierzehn Jahre lang im eigenen Haus geführt hatte. Das Bier schmeckt, ob nun helles, dunkles, Weizen- oder Rauchbier. Im Keller stehen mehrere Metalltanks, in denen früher der Käse entstanden ist. Die Gerätschaften benutzt der 60-Jährige heute zur Bierherstellung. Ein Glücksfall, der ihm beim Geschäftsstart 2004 Investitionen erspart hat. Damals musste er die Käserei aufgeben und suchte nach einer Alternative, wodurch er zum Bier kam. «Die Trendforschung zeigte an, dass regionales Bier gross im Kommen ist», erinnert er sich. Und der Boom sei bis heute ungebrochen.

«Es reicht gerade mal so»

Reich wird Toni Lötscher vom Biermachen dennoch nicht, er reiche gerade mal so, erklärt er. 20 000 bis 30 000 Liter (oder rund 70 000 «Stangen») jährlich werden produziert. Das «Öufi» Solothurn macht nahezu das Zehnfache. Was das Granicum jedoch an Menge einbüsst, gewinnt es an Exklusivität. Besonders, wenn man den Gewölbekeller von Lötscher betrachtet, der anderen Beizen an Ambiente und Gemütlichkeit schon etwas voraus hat. Hier verkauft Toni Lötscher sein Bier nicht nur, hier schenkt er natürlich auch direkt aus. Ausserdem ist er immer wieder an Messen oder Kundenevents anzutreffen, was denn auch einer der Gründe ist, warum er dieses Jahr nach sieben aufeinanderfolgenden Teilnahmen nicht an den Solothurner Biertagen dabei ist. Die Uhrenmesse Baselworld, an der Lötscher seit Jahren eine Uhrenfirma mit seinem Bier bedient, fällt 2013 ausnahmsweise mit den Biertagen zusammen. Ausserdem musste sich Toni Lötscher einer Operation am Auge unterziehen. Er plant, nächstes Jahr wieder in Solothurn vor Ort zu sein. Ob es dann künftig gleich jedes Jahr sein muss, weiss er noch nicht. «Ein finanzieller Erfolg sind die Biertage nicht», erklärt er. Dennoch sei die Biermesse ein besonderer Event, den es so in der Schweiz ja kein zweites Mal gebe.

«Bleibt das beste Bier der Welt»

Den Biertagen abgeschworen hat hingegen das «vo Gränche bi Gott», das bei Rolf Meier an der Allmendstrasse gebraut wird. «Für uns war das Brauen seit Beginn 2004 nie viel mehr als ein Hobby», sagt dieser. Meier selbst führt eine Stanztechnikfirma, Bier gemacht wird nebenbei. Zu trinken gibt es Witibier (hell), Jurabier (geschmackvoller), Tunnelbier (Schwarzbier) und immer zum Sommer das Chappeli-Bier, ein Weizen.

Zwar produziere man mit zirka 3000 Liter pro Jahr nur noch etwa die Hälfte von früher. Für Rolf Meier steht dennoch fest: «Die Grenchner Bierkultur lebt.» Toni Lötscher mache sehr viel, und er selbst wolle eigentlich gar nicht noch mehr produzieren. Und in einem sind sich Meier und Toni Lötscher ohnehin einig: Genuss ist keine Frage der Menge, sondern der Qualität und Innovation. Und da müssen sich die Grenchner nicht verstecken. Oder wie Brauer Rolf Meier sagt: «Wir Grenchner machen immer noch das beste Bier der Welt. Das ist doch klar.»