«Bürgi»-Villa
Grenchen kauft das «Café des Anges» – Abriss könnte beste Lösung sein

Die Stadt hat die alte Villa samt Nebengebäude an der Gibelstrasse 1 erworben. Die Verwendung für das Gebäude direkt vis à vis des Hotel de Ville ist noch unklar. Es ist das Elternhaus von alt Regierungsrat Walter Bürgi.

Andreas Toggweiler
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Eingangstor
17 Bilder
Statue von Jakobus mit Muschel
Der Brunnen verfällt
Blick vom Wintergarten in den Garten
Ehemalige Stallungen
Die Pferdeboxen sind erhalten
Grenchen kauft «Café des Anges»
Im Innern des Hauses
Wohnzimmer mit Stuckaturen
Stillleben in der ehemaligen Praxis
Rundgang durch die Räume - hier war das Elternschlafzimmer
Radiator
Küche
Kunst und Krempel
Eine alte Uhr
Badezimmer
Das Treppenhaus

Eingangstor

Andreas Toggweiler

«Wir haben verschiedene Optionen», meint Stadtpräsident François Scheidegger. Eigentlich plante die Stadt, beim Hôtel de Ville ein neues Verwaltungszentrum zu bauen, und hat dafür auch bereits einen Architekturwettbewerb durchgeführt. Da Grenchen aber finanziell klamm ist, bestehen laut Scheidegger auch noch andere Möglichkeiten. Eine davon wäre der Einbezug der Alten Villa in Pläne für eine räumliche Erweiterung der Verwaltung vis à vis der Strasse. «Wir haben beispielsweise im Stadthaus nirgends einen repräsentativen Raum, um offizielle Gäste empfangen zu können.»

Ferner ist auch im neuen SWG-Gebäude an der Brühlstrasse nach wie vor ein ganzes Stockwerk ungenutzt, und auch im ehemaligen SWG-Gebäude am Marktplatz, das voraussichtlich im August bei einem Ja des Kantonsrats von der kantonalen Verwaltung erworben wird, wird nach dem Einzug der Amtsschreiberei und des Grundbuchs noch einiger Platz frei bleiben.

Raumnutzungs-Studie

«Es ist einiges im Fluss», meint Scheidegger, deshalb habe er den Auftrag erteilt, zu untersuchen, welche der leerstehenden Räume sich für welche städtische Verwaltungsstellen eignen würden – jetzt unter Einbezug der neuen Liegenschaft an der Gibelstrasse 1.

Der Kauf der Villa sei allerdings keineswegs von langer Hand geplant gewesen, sondern musste kurzfristig organisiert werden. «Besitzerin Marlise Probst wollte das Gebäude verkaufen und die Stadt wollte sich mit dem Kauf alle Optionen sichern», erklärt Stadtpräsident Scheidegger. Denn ein so zentrales Grundstück in der Stadt komme selten auf den Markt. Schon gar nicht gleich gegenüber dem Stadthaus.

«Fairer Kaufpreis»

Über den Kaufpreis wurde mit der bisherigen Eigentümerin Stillschweigen vereinbart. «Es ist ein fairer Preis, der mehr oder weniger dem reinen Landwert an dieser Lage plus einem geringfügen Agio entspricht», betont der Stadtpräsident. Finanziert wird der Kauf aus einem globalen Landkredit, den die Bevölkerung für diese Zwecke an einer Urnenabstimmung genehmigte.

Wie es mit dem Gebäude weitergeht, das baulich in einem eher schlechten Zustand ist, kann Scheidegger noch nicht sagen. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Abriss die beste Lösung ist». Anzustreben sei aber der Erhalt des schönen Baumbestandes im Park der Villa, wo von Marlies Probst bis vor einigen Jahren das Freitagabend-Restaurant «Café des Anges» betrieben wurde. Denkbar sei auch, dass die Stadt ein Private-Public-Partnership-Bauprojekt ausarbeiten lässt, also einen Investor an Bord holt. Falls sich nichts realisieren lasse, könne die Stadt das Grundstück immer noch weiterverkaufen.

Eine Girard-Villa

Die Villa wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Girard-Dynastie erbaut. Später ging das Haus in den Besitz der Familie Bürgi über: Alt Regierungsrat und Ex-Atel-Chef Walter Bürgi (Jahrgang 1934) ist hier, wo sein Vater seine Arztpraxis hatte, aufgewachsen.

Er wurde letzte Woche von François Scheidegger mit der Nachricht überrascht, dass die Stadt das Gebäude gekauft hat und zu einem spontanen Rundgang durch sein ehemaliges Elternhaus eingeladen. «Vieles ist noch so, wie ich es in Erinnerung habe», wunderte sich Bürgi anlässlich eines Besuches bei Marlise Probst. Sogar das Tretauto aus Holz eines seiner Brüder steht noch in einer ehemaligen Pferdebox.

In der Tat wurde kaum in die Liegenschaft investiert. Vieles ist antik oder gar in Originalzustand. Man wähnt sich teilweise in einem Wohnmuseum. Auch die Stallungen im Nebengebäude sind im Original erhalten geblieben. Der Garten ist total verwildert. Um das Gebäude samt Umschwung wieder in einen repräsentativen Zustand zu bringen, wäre wohl ein Millionenbetrag nötig.