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Anders als im letzten Jahr geht es am 1. Mai 2021 wieder auf die Strassen. Nationalrätin Franziska Roth mahnte in Grenchen, dass es bei Gleichstellung um Anstand und Moral gehe.
Nein, eine 1. Mai-Feier wie wir sie vor der Pandemie kannten, war es nicht. Die organisierenden SP Grenchen und Lengnau sowie die Gewerkschaft Unia haben jedoch eine Aktion auf dem Marktplatz auf die Beine gestellt, die eine stattliche Anzahl Besuchende anlockte, und bei welcher trotzdem die Schutzmassnahmen eingehalten werden konnten. Sie erfreuten sich offenkundig an den prominenten Rednerinnen und dem Redner sowie an der musikalischen Umrahmung durch die Grenchner Band Lightfood, die mit ihrem Sound ebenfalls dem garstigen Wetter eine bekömmliche Dosis Wärme entgegensetzte.
Die Lengauer Gemeindepräsidentin Sandra Huber plädierte dabei in ihrer Begrüssungsansprache für mehr Nachhaltigkeit, zu der jeder und jede etwas beitragen könne. Sie sprach insbesondere auch die Jungen an: «Mit grosser Erleichterung und mit Erwartungen, dass auf Worte Taten folgen, beobachtet ich nun die Klimajugend und deren Auswirkungen»
Nationalrätin Franziska Roth nahm in ihrer launigen, gewitzten Rede die Tatsache aufs Korn, dass auch nach 50 Jahren Frauenstimmrecht in Sachen Gleichstellung noch einiges im Argen liegt. Beim Kampf um Gleichstellung gehe es um Anstand und Moral, um Recht, um Gerechtigkeit, vor allem darum Frauen und Kinder aus der Armut zu holen: «In der Schweiz beträgt der geschlechtsspezifische Gesamteinkommensunterschied über 100 Milliarden Franken. 100 Milliarden, die wir Frauen der Gesellschaft schenken, um dann statistisch bestätigt feststellen zu müssen, dass Armut weiblich ist und als Lohn dafür in der Pandemie Applaus bekommen» In der Folge stellte sie sich die Schuldfrage für diese Ungleichheit, die beileibe nicht nur männlich sei, um zum Schluss aufzuzeigen, «wie wir Gleichstellung endlich erreichen können.»
Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse verwies auf die Tatsache, dass in der Pandemie Leute mit tiefen Einkommen am stärksten litten, während die wohlhabendsten Menschen gar noch Profit machten: «Eine temporäre Steuer für die Reichen, um die Kosten der Krise zu finanzieren, ist deshalb nötig und gerecht. Zu diesem Mittel hat der Bund bereits in der letzten Krise vor rund 100 Jahren gegriffen.» Er skizzierte anschliessend, was es für die propagierte soziale Wende brauche: Die Aufwertung sozialer Berufe und der nicht bezahlten Care-Arbeit; keine Erhöhung des Rentenalters für Frauen, Lohngerechtigkeit für alle, die Ausweitung von Gesamtarbeitsverträgen.