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Die Gemeinderatswahlen in Grenchen stehen vor der Tür. Einen Blick in die Programme der Parteien, beginnend beim linken Lager.
Jede Partei hat ihre Vision für Grenchen. Jene der SP ist eine Stadt, die umweltbewusster baut, den Zusammenhalt unter der Bevölkerungsgruppen stärkt und das politische System ändert, damit Bürger mehr an demokratische Prozesse teilnehmen. Jene der Grünen ist eine umweltfreundlichere Stadt, die stärker begrünt und sich gegen den Klimawandel einsetzt.
Die SP stellt neben ihren vier amtierenden Gemeinderäten zehn weitere Personen auf und hofft, ihre starke Position innerhalb des Rates verteidigen zu können. Die Grünen hoffen, von der aktuellen grünen Welle auf Bundes- und Kantonsebene profitieren zu können und einen Sitz im Gemeinderat zu gewinnen. Xenia Hediger, Partei-Co-Präsidentin, stuft ihre Chancen als «gut» ein und schickt fünf Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen. Als Partner in der Listenverbindung hofft SP-Parteipräsidentin und Gemeinderätin Angela Kummer, dass ihnen das gelingt, «aber hoffentlich nicht auf Kosten der SP».
Die sozialdemokratische Partei will eine bewusstere Stadtplanung. Den momentanen Bauboom in Grenchen kritisiert Angela Kummer dabei nur indirekt: Es gäbe noch genügend Brachen und Entwicklungspotenzial, aber es sollte mit klaren Vorgaben von der Politik umrahmt werden. Gerade in der momentanen Ortsplanungsrevision sieht Kummer die Möglichkeit, die Baupolitik zu steuern: «Insbesondere in der Arbeitszone können wir Vorgaben anbringen, damit wir nicht Land an Firmen verkaufen, die bloss Lagerstätte erbauen, sondern wir können nach Lösungen suchen, die Arbeitsplätze generieren.»
Auch könnte man sich bemühen, die Stadt stärker zu begrünen und die bestehenden Grünflächen vermehrt als Begegnungszonen nutzen ‒ Spielplätze, Parks mit Turnanlagen, urbane Gartenprojekte ... Die SP sieht da noch viel Entwicklungspotenzial und will dabei nicht das Erbauen von Einfamilienhäusern für gut verdienende Steuerzahler priorisieren:
«Wir wollen ein Gesamtpäckli, um für alle einen schönen urbanen Wohnraum zu schaffen.»
Begegnungszonen will die SP auch entlang der Aare schaffen. Auf der Website steht, dass sie sich für intakte Naherholungsgebiete und einen schöneren Zugang zur Aare einsetze. Auf das momentane Projekt des Bootshafens angesprochen, meint Kummer, der Hafen könnte durch die Konzentration der Boote an einem Ort die Ufer besser schützen und mehr Platz für Brutplätze schaffen. Ein Dorn im Auge ist Kummer der Werkhof einer Baufirma direkt an der Aare, den die Partei am liebsten rückbauen würde. Diese beiden Anliegen unterstützen auch die Grünen.
Die SP will auch ihre Bemühungen für Umwelt und Klima fortsetzen. In den vergangenen Jahren hätten die Gemeinderäte mit ihren Postulate zum Energiestadt-Goldlabel, Elektrobussen, ihrem Einsatz gegen Littering sowie ihre Unterstützung der Teilsperrung der Bettlachstrasse bewiesen, dass sie es ernst meinen ‒ diese Politik will die SP fortsetzen, während die Grünen klar einen Akzent auf Velowege und Fusswege setzen.
Die radikalsten Forderungen der SP sind aber institutioneller Natur: Die Sozialdemokraten wollen die Bevölkerung stärker in politische Prozesse einbinden. Vorstellbar wären für Kummer Konsultationen zu wichtigen Themen, bevor es überhaupt zu einer Abstimmung kommt. Sie findet auch, dass digitale Möglichkeiten für Austauschplattformen genutzt werden sollen. Aber abgesehen von solchen Forderungen, die bereits angesprochen wurden und bei denen entsprechende Schritte auch schon eingeleitet wurden, wünscht sich Kummer einen grossen Systemwechsel ‒ ein Stadtrat und Stadtparlament nach Oltner Vorbild könnte zum Beispiel die Partizipation der Bevölkerung steigern, weil sie damit auch ein legislatives Gremium wählen würde und mehr Menschen die Ortspolitik gestalten würden.
Dadurch würde man auch mehr Transparenz schaffen, wie Kummer sagt:
«Beim aktuellen System komme ich als Gemeinderätin zu wenig mit darüber, was in der Gemeinderatskommission und der Verwaltung abläuft.»
Für sie wäre auch ein Stimm- und Wahlrecht für Ausländer ein Thema ‒ aber zunächst muss im September eine Kantonsinitiative darüber entscheiden, ob dies Gemeinden per Abstimmung entscheiden können. Entsprechende Forderungen unterstützen auch die Grünen.
Die Grünen haben online keine strukturierten Programmpunkte veröffentlicht. Ihre Forderungen gehen aber in eine ähnlichen Richtung wie diejenigen SP in Sachen Umweltschutz und Begegnungszonen.
Die Grünen setzen einen stärkeren Akzent auf die Bekämpfung der Hitze in der Stadt ‒ dafür wären zusätzliche Begrünungen nötig, auf Fassaden etwa oder durch das Pflanzen grosser Bäume und Erhalten älterer.
Die Begrünung und der Schutz alter Bäume bietet zudem Schutz für zahlreiche Lebensformen, deren Existenz bedroht ist: «Die Masse der Insekten ist in den letzten zehn Jahren um etwa 60% geschrumpft und das hat weitreichende Konsequenzen unter anderem auch für die Landwirtschaft. Jede kleine Insel, wo sich ein Ökosystem aufbauen kann, ist deshalb von grossem Wert», sagt Partei-Co-Präsident David Horisberger.
Dadurch würde auch der Zusammenhalt in der Stadt gestärkt sein, meint Horisberger weiter. Mehr schattige Plätze unter Bäumen bedeuten mehr Erholungszonen für die Menschen, was ebenfalls ein Anliegen der Grünen ist; sie fordern deshalb auch die unkomplizierte Zwischennutzung von ungenutzten Flächen und der Einbezug der Bevölkerung in die Nutzung und Gestaltung der Flächen: «Dass grüne Freizeitflächen überbaut werden, bevor die Flächen an einem anderen Ort kompensiert worden sind, reduziert die Lebensqualität.»
Die Grünen wollen sich für nachhaltigere Energiegewinnungsformen einsetzen. So sollte die Stadt bei den öffentlichen Gebäuden mit gutem Vorbild vorangehen und diese künftig mit sauberer Energie versorgen. Die Grünen unterstützen auch den Windpark, der am Grenchenberg geplant ist. Dass die Städtische Werke in ihrem Masterplan Dekarbonisierung bereits einiges skizziert hat, begrüssen die Grünen, auch wenn sie sich eine raschere Umsetzung der Ziele wünschen würden: Für sie soll 2030 als Datum gelten, nicht 2050.
Beim Flughafen stellen sich die Grünen gegen einen Ausbau der bestehenden Fläche, um nicht der Naturschutzzone Witi zu schaden.
Sollten die Grünen keinen Sitz ergattern, so werden sie sich weiterhin stark an der Gemeindeversammlung einsetzen und sich durch eigene Aktionen aktiv in die Gestaltung Grenchens einbringen ‒ wie sie es mit Raumpatenschaften und Food-Waste in der Vergangenheit taten oder durch ihre Sensibilisierungsaktionen zum Thema Umwelt und Trinkwasser.