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Sandro Keller, Verwaltungsratspräsident der «Grega»-Organisatorin FVF Messe-Event AG, setzt sich gegen Verunglimpfungen zur Wehr. In einem Kredit-Check weist die Firma ein «überdurchschnittlich hohes Ausfallrisiko» auf.
Die «mia» in Grenchen ist tot, es lebe die «Grega» – so konnten wir vermelden. Das Aufatmen war weitherum hörbar, als nach den Querelen mit und um die Organisatorin der bisherigen Grenchner Messe kurzfristig eine Nachfolgelösung präsentiert werden konnte.
Der ab kommendem Jahr amtierende Stadtpräsident François Scheidegger hat sich persönlich an vorderster Front engagiert, um den Gordischen Knoten zu lösen respektive zu durchschneiden.
Thurgauer Organisatoren
Den Zuschlag als Organisatorin der «Grega» erhielt die FVF Messe-Event AG. Als deren Präsident des Verwaltungsrates fungiert Sandro Keller. Er hat gemäss Firmen-Homepage auch die Geschäftsführung inne. Das Unternehmen ist an der Juchstrasse 21 in Frauenfeld zu Hause. Auf der Homepage erfährt man weiter viel Erfreuliches.
Zum Beispiel: «Als Veranstalterin der Thurgauer Frühjahrsmesse haben wir uns in der Branche einen Namen gemacht.» Und weiter «es ist uns gelungen, die traditionsreiche Thurgauer Messe zu einer modernen und erfolgreichen Veranstaltung für die gesamte Familie weiterzuentwickeln.» Das tönt vielversprechend und lässt für Grenchen einiges erhoffen. Hoffentlich nur Gutes.
Zweifelhafter Kredit-Check
Kaum hat die Frohbotschaft die Runde gemacht, sind am Horizont unübersehbare dunkle Wolken aufgezogen. Ein bei der Redaktion eingegangener Kredit-Check der weltweit tätigen Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet fördert Erstaunliches zutage: Die FVF Messe-Event AG wird bei einem schlechtest möglichen Risikofaktor von 4 mit einer 3 bewertet.
Die FVF Messe-Event AG, deren Geschäftsführer Sandro Keller ist, war während 35 Jahren auch für die Organisation der Schaffhauser Herbstmesse verantwortlich. 2012 allerdings zum letzten Mal, denn nach Kritik seitens der Aussteller entzog der Schaffhauser Stadtrat der FVF und Keller die Messeorganisation und übertrug sie an den Schaffhauser Verein «Schaffusia». Die Gründe: Zu wenig Einbezug regionaler Aussteller und generell zu wenig Regionalbezug, Kostenpflicht für Besucherinnen und Besucher auch in Teilen der Messe, die öffentlich zugänglich sein sollten, wie Flaniermeile und Restaurant und eine kaputte Heizung, die der eigentliche Auslöser für die heftige Kritik wurde. Keller erwischte das auf dem falschen Fuss, er sah seine Firma in ihrer Existenz bedroht. Er versuchte in der Folge, eine Schaffhauser Frühjahrsmesse zu lancieren, was aber nicht gelang. Seither war er auf der Suche nach einer Messe, deren Organisation er übernehmen kann, um sich zusätzlich zur Thurgauer Frühlingsmesse, welche die Firma ebenfalls seit Jahrzehnten organisiert, auf ein weiteres Standbein stützen zu können. (om)
Diese Benotung auf dem Risikoindikator bedeutet «überdurchschnittlich hohes Ausfallrisiko». Sandro Keller kann sich dies beim besten Willen nicht erklären: «Die FVF Messe-Event AG hat eine absolut saubere Weste, da stimmt doch was nicht.» Als Bestätigung schickt er umgehend per Mail einen aktuellen Betreibungsauszug, der tatsächlich frei von Einträgen ist.
Eine halbe Stunde später meldet sich Keller erneut und sagt, Dun & Bradstreet habe da wohl auch etwas verwechselt und allein aufgrund der Bezeichnungen «Messe» und «Event» das schlechte Rating gegeben. Das reiche eben, weil in diesen Bereichen das Geschäftsrisiko ganz allgemein hoch sei. Er habe soeben auch dort den jungfräulichen Betreibungsauszug eingereicht.
Unterschiedliche Firmen
Alles bloss ein ärgerlicher Irrtum? Fast sieht es so aus. Liegt es daran, dass an der obgenannten Juchstrasse 21 in Frauenfeld eine weitere Firma domiziliert ist und diese den Namen FVF Zelte-Messebau AG trägt? Und deren Geschäftsführer ebenfalls Sandro Keller heisst? Des Rätsels Lösung könnte sein: Diese FVF Zelte-Messebau AG ist beim Betreibungsamt Frauenfeld alles andere als ein unbekannter Kunde, wie Unterlagen belegen, die dieser Zeitung vorliegen.
Zwischen 23. Dezember 2011 und 30. Oktober 2013 sind auf dem Betreibungsauszug nicht weniger als 18 Betreibungen über die Gesamtsumme von knapp 100 000 Franken aufgeführt. Die letzte datiert vom 31. Oktober 2013 und stammt vom Amt für AHV und IV. Diese Rechnung über einen stolzen vierstelligen Betrag wurde erst nach einer Betreibungsandrohung beglichen. Der Controller eines Schweizer Grossunternehmens dazu: «Wenn ich so etwas sehe, leuchten bei mir sämtliche dunkelroten Lampen. Da würde ich nur auf Vorauszahlung Leistungen erbringen.»
Sandro Keller ist entsetzt und erklärt auf Anfrage, dass die beiden Firmen überhaupt nichts miteinander zu tun hätten. Er sehe die Verwechslungsgefahr. Daraus dürfe man aber keine falschen Schlüsse ziehen. Da streue offenbar jemand ganz bewusst Negativ-Informationen, um das Projekt Grega in der Startphase zu belasten. Die Einträge der FVF Zelte-Messebau AG müssten alle gelöscht sein, da die Forderungen inzwischen beglichen seien.
Seine Messe-Event AG habe, so betont er erneut, eine absolut saubere Weste und sei absolut solide finanziert. Er setze alles daran, in der Uhrenstadt eine neue, erfolgreiche Messe aufzubauen. Er sei gerade daran, einen Messebeirat zusammenzustellen. Darin seien namhafte Personen aus der Region Grenchen vertreten. Man wolle vor Ort möglichst gut verankert sein.
Nervosität beim Velodrome
Wie reagiert man beim Velodrome Suisse auf die Vorwürfe gegenüber ihrem neuen Messe-Partner? Geschäftsführer Peter Wirz gibt sich am Telefon äusserst ungehalten und beantwortet alle Fragen mit einem schroffen «kein Kommentar».
Etwas zugänglicher zeigt sich Verwaltungsratspräsident Beat Zbinden: «Wir verfügen über ein umfangreiches Vertragswerk, über dessen Inhalt ich jedoch nicht sprechen will. Aber ich kann versichern, dass alles in bester Ordnung ist.» Auf weitere Fragen kommt auch beim ihm ein «kein Kommentar».
Was sagt man bei der Stadt?
Bei der Stadt Grenchen gibt man sich gelassen. Luzia Meister, Stadtschreiberin und Leiterin des Rechtsdienstes, betont, dass man das Projekt eingehend geprüft und sich in jeder Hinsicht genügend abgesichert habe.
Die Exponenten der FVF Messe-Event AG seien zudem seit vielen Jahren im Geschäft tätig. Das offizielle Grenchen freue sich, dass für die mia eine Ersatzlösung gefunden werden konnte, und man sei zuversichtlich, was die neue Messe anbelange.