Die Katze, die mitsamt ihren Welpen in Grenchen aus dem Fenster geworfen wurde, ist auf dem Weg der Besserung. In Oensingen hat sie ein neues Zuhause gefunden.
Ein wahrscheinlich gestörter und betrunkener Mann, der zudem vom Sozialdienst betreut wird, wirft die Katze seiner Freundin mitsamt deren erst wenige Tage alten Welpen aus dem dritten Stock in deren sicheren Tod. Schon davor war die Katzenmutter nicht einmal richtig gefüttert worden, berichten Nachbarn. Und es bleibt nicht beim Schock. Obwohl man sich um die Jungen kümmert, überlebt am Ende nur die Mutter. Sie hat Angst. Mit einer Katzenfalle muss sie gefangen und ins Tierheim gebracht werden.
So geschehen vor knapp zwei Monaten. Der Fall sorgte besonders in Tierschutzkreisen für grossen Ärger. In der Zwischenzeit wurde die Katze vom Tierarzt untersucht, geimpft und im Tierheim Aarebrüggli aufgepäppelt. Das brauchte viel Geduld. Denn das Vertrauen zu den Menschen hatte die Katze verloren. Seit gut zwei Wochen hat sie nun ein neues Zuhause. Ihre neue Halterin Fränzi Meister aus Oensingen will alles daran setzen, es dem Büsi so angenehm wie möglich zu machen.
Nicht einfach Katze, sondern Kaja
«Chumm, pss pss pss. Chumm Büsi, chuuumm.» Für das Foto versucht Fränzi Meister ihren neuen Liebling mit etwas Futter aus seinem Versteck unter dem Bett zu locken. Langsam streckt die Katze das Köpfchen hervor, schaut Fränzi Meister in die Augen, schleckt etwas Futter vom Fussboden. So verängstigt wie vor wenigen Wochen ist sie nicht mehr, als sie schon bei der geringsten Annäherung zusammenzuckte und die Krallen ausfuhr.
Trotzdem wird es noch viel Zeit und Geduld brauchen, bis sie sich wieder bei den Menschen wohl fühlt, weiss Meister. Die Tierliebhaberin und gelernte Uhrmacherin würde nichts lieber, als die Katze streicheln und liebkosen, um ihr zu zeigen, dass sie keine Angst mehr zu haben braucht. Noch geht das nicht. «Ich bin aber sicher, dass es wieder gut kommt», sagt die Oensingerin. Ein hoffnungsloser Fall sei die Katze bestimmt nicht, und sie werde sie auf jeden Fall behalten. Nicht nur ein neues Zuhause hat die einst geplagte Katze jetzt – auch einen neuen Namen hat sie bekommen. «Kaja» hat sie Fränzi Meister genannt. «Ich habe lange rumstudiert», erklärt sie. «Kaja tönt schön und passt zu ihr.»
Für sie war es Liebe auf den ersten Blick, erzählt Fränzi Meister, als sie die Katze zum ersten Mal sah. «Ich hatte sie sofort ins Herz geschlossen, und nach zwei Besuchen im Tierheim habe ich sie schliesslich mit zu mir nach Hause genommen.» Kaja hat ein freundliches, neues Zuhause: Die kleine Wohnung ist geschmackvoll eingerichtet, warme, natürliche Farbtöne dominieren den Raum, Bilder von Raubkatzen, ein Aquarium und ein Terrarium unterstreichen die Zuneigung, die ihre neue Herrin gegenüber der Tierwelt hegt. Fränzi Meister selbst erinnert sich ungern an den Moment, als sie von der Tierquälerei in Grenchen erfuhr. «Mir wurde fast schlecht», und das Ganze liege ihr heute noch tief im Magen.
Eine tierische Gesellschaft
Aber nicht nur Fränzi Meister ist künftig um das Wohl von Kaja besorgt und bemüht. Auch ihre langjährige Hauskatze Samira hat sich bereits mit dem Grenchner Büsi solidarisiert. Katzendame Samira ist sechs Jahre alt und wurde schon als ganz kleines Kätzchen von Fränzi Meister aufgenommen. «Die beiden haben sich von Anfang an verstanden, haben sich nicht angefaucht», sagt die Katzenfreundin. Wie auf Kommando steigt just in dem Moment Samira vom Katzenbaum und schlüpft zu Kaja unters Bett. Nun lauern die beiden gemeinsam da im Versteck. Kaja sieht gesünder aus als vor einigen Wochen, frisst immer mehr, scheint neuen Lebensmut zu fassen.
Und doch hat sie das Erlebte noch nicht restlos verdaut. Vielleicht noch nicht einmal ganz verstanden. Als Fränzi Meister vor ein paar Tagen im Fernsehen eine Tiersendung schaute, in der kleine Katzenwelpen vorkamen, kam Kaja plötzlich zum Fernseher, fing an zu schnuppern, zu miauen und lief in alle Zimmer. Fränzi Meister weiss: «Sie hat nach ihren Jungen gesucht.» Dass sie diese nie mehr sehen wird, versteht die inzwischen sterilisierte Kaja noch nicht.
Vielleicht ist auch das ein Grund, warum die arme Katze ihre Furcht bisher nicht ganz überwunden hat. Schliesslich aber lehrt uns die Mythologie, das eine Katze mindestens sieben Leben hat. Katze Kaja hat also noch viel Zeit und Leben, in Oensingen doch noch glücklich und zufrieden zu werden.