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Choreografin Monika Hugi bringt im Oktober ihre zweite Produktion als Dank an Grenchen auf die Bühne des Parktheaters. «Erzähl mir von morgen ...» ist ein Tanzprojekt für alle Generationen.
Eine junge Frau, an einen goldenen Rollator gefesselt, deren Äusseres mutwillig verunstaltet wird. Ein alter Mann überquert die Bühne mit einem Surfbrett unter dem Arm. «Schon wieder so eine schräge Produktion, bei der kein Mensch drauskommt?», ist man versucht zu fragen.
Choreografin Monika Hugi verneint lachend. «Mich interessiert das Gegensätzliche schon, und ich versuche, es aufzubrechen. Aber in meinem Stück geht es eben nicht darum, einfach nur ‹schräg› zu sein, weil das entspricht nicht mir.»
Die Berner Choreografin, die ursprünglich aus Grenchen stammt und auch hier arbeitet, bringt am 23. und 24. Oktober ihre neue Produktion des Tanzateliers «Dejavu?!» im Parktheater auf die Bühne. «Erzähl mir von morgen ...» ist ein Tanzprojekt für alle Generationen, welches sich mit dem Älterwerden und den wesentlichen Lebensentscheidungen des Menschen und im Speziellen der Frau befasst. «Es richtet sich an keine bestimmte Altersgruppe. Junge wie ältere Menschen sollen davon berührt werden, und auf der Bühne und im Publikum soll eine Verbundenheit aller Generationen entstehen», erklärt Hugi. Nebst professionellen Tänzerinnen und Laientänzerinnen sind auch ältere Herren – Mitglieder der Männerriege Arch – als Darsteller im Stück mit dabei.
Das Thema: Eine junge Frau sucht Antworten bei einer älteren Dame, die ihr einen Einblick in ihr bisher gelebtes Leben gewährt, ihre Wünsche, Träume und Fehlentscheidungen offenbart. Gespielt wird diese Dame von der Berner Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin Margot Utiger, die in unzähligen Produktionen mitgewirkt hatte. Ebenfalls mit von der Partie ist die Profitänzerin und Musical-Darstellerin Marina Utiger, die Tänzerin Lena Cancellara, Stepptänzerin und choreografische Assistentin, Vanessa Lara Wüthrich, Profitänzerin in Ausbildung, Pascale Schüpbach, mit 16 die jüngste Tänzerin, und natürlich Monika Hugi selber.
Die Tänzerinnen und Darsteller setzen die Träume und Wünsche tänzerisch um, die verschiedensten Tanzstile werden eingesetzt auf einer Zeitreise durch die letzten 50 Jahre: Klassisches und modernes Ballett, Modern Dance, Showdance, Hip-Hop und Akrobatik werden miteinander vermischt, genauso wie verschiedene Musikstile. «Ich wollte ein Stück kreieren, das nicht nur von ‹Tanz-Sachverständigen› verstanden wird, sondern auch von Laien. Tanz und Musik sind deshalb eben nicht schräg. Manche könnten sogar kritisch anmerken, es sei zu kommerziell, weil das Publikum sicherlich mehr als einen der Songs kennen und lieben wird.»
Monika Hugis Produktion ist eng mit ihrer eigenen Lebenserfahrung verknüpft: Nachdem sie ihre erfolgversprechende Profikarriere als Tänzerin relativ früh aufgegeben hatte, weil sie den Traum einer Familie leben wollte, zerschlug sich dieser Traum und mit 33 Jahren musste sie sich die Frage stellen, ob sie in ihrem eigenen Leben die richtigen Entscheidungen getroffen hatte. «Mit 30 gehört man im professionellen Tanzbusiness eigentlich schon nicht mehr dazu, man ist zu alt. Ältere Menschen werden im Kunstbereich Tanz ausgeschlossen.» Aber jeder Mensch dürfe sich bis ins hohe Alter bewegen und sich so ausdrücken. Hugi, die unter anderem auch bei Maurice Béjart ihre Ausbildung absolvierte, wurde durch ihn geprägt. Einer seiner Leitsprüche: «Verloren ist ein Tag, an dem nicht getanzt wird!»
Einen grossen Einfluss hatte ihre vor einem Jahr verstorbene Grossmutter. «Als sie älter wurde, war die Mobilität für sie eingeschränkt und nur noch mit Hilfsmitteln, wie beispielsweise einem Rollator, gewährleistet. Wie aber gehen die älteren Menschen mit einer solchen Einschränkung um? Es braucht viel, bis sie solche Hilfsmittel akzeptieren.» Ursprünglich hatte Hugi sogar die Idee, ihr Projekt mit pflegebedürftigen Menschen auf die Bühne zu bringen, musste aber aufgrund des damit verbundenen grossen organisatorischen Aufwands darauf verzichten.
Das Projekt stand anfänglich unter keinem guten Stern. Vor drei Jahren hatte Hugi damit begonnen, Ideen zu sammeln und die Choreografie zu schreiben. Es stellte sich bald heraus, dass dieses Stück um einiges grösser sein würde als ihre erste Produktion «Limbus» drei Jahre zuvor. Von den Tänzerinnen, die ihr anfänglich eine Teilnahme am Projekt zusagten, stiegen einige kurzfristig aus. Doch Margot Utiger, sie unterrichtet an der Studio-Bühne Bern klassisches Ballett, Jazz- und Stepptanz, konnte ihr innert kürzester Zeit «Ersatz» beschaffen: Tänzerinnen der Studio-Bühne Bern sagten spontan zu und sind seit März dieses Jahr am Proben.
Für Hugi war von Anfang an klar, dass sie «Erzähl mir von morgen» in Grenchen – und nur in Grenchen – auf die Bühne bringen wollte. Sie hat es auch auf die Bühne des Parktheaters zugeschnitten. Grenchen nicht nur, weil sie seit gut sieben Jahren im Sonderpädagogischen Zentrum Bachtelen als Lehrperson arbeitet. Hier hatte sie ihre tänzerische Karriere gestartet und immer grosse Unterstützung genossen. Sei es von ihrer langjährigen Tanzlehrerin, Barbara Bernard, oder von der Stadt, welche ihr nach dem Schweizer-Meister-Titel in klassischem Ballett 1996 den Nachwuchsförderpreis verlieh.
Das integrative Tanzprojekt «Erzähl mir von morgen» sei ihr Weg, sich zu bedanken und ihre ganz persönliche Arbeit zu zeigen. Als Choreografin habe sie eine neue Leidenschaft entdeckt, die sie nun mit allen Generationen teilen möchte.