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Von den 9640 Stimmberechtigten Grenchnerinnen und Grenchnern gingen am Wochenende nur 2929 an die Urne. Weniger als 30 Prozent Stimmbeteiligung bringt die Politikerinnen und Politiker ins Grübeln.
Während in Solothurn bei den Gemeinderatswahlen knapp 42 Prozent zur Urne gingen, ist in Grenchen die Wahlbeteiligung am Sonntag auf 28,8 Prozent abgesackt.
«Das ist wirklich grottenschlecht», kommentiert Nicole Hirt (GLP), die darüber hinaus auch nicht ganz froh werden kann über das Resultat der eigenen Partei. «Ich hätte mir schon einen zweiten Sitz gewünscht, was vielleicht mit einer anderen Listenverbindung möglich geworden wäre, doch das Restmandat ging diesmal an die SVP», sinniert die Politikerin.
Im Nachhinein sei man immer schlauer. Obwohl sie sich im Klaren war, dass für GLP und Grüne Grenchen als Industriestadt ein hartes Pflaster sei. Dabei sei es gerade jetzt bei der laufenden Ortsplanungsrevision wichtig, dass die Natur nicht unter die Räder komme.
Die einmal mehr absackende Wahlbeteiligung gebe ihr zu denken. Umso mehr, als die Grenchner Parteien diesmal bei der Internet-Wahlplattform Smartvote mitmachten, die mit Wählermeinungen kompatible Kandidaturen vorschlägt. Doch ausgerechnet die SVP-Kandidatin wurde gewählt, wo doch diese Partei als einzige nicht bei Smartvote mitmachte.
«Im Durchschnitt hebt Smartvote die Wahlbeteiligung um 2 Prozent»,
versucht sich Hirt zu trösten. Mit anderen Worten: Der Wert hätte auch bei 26 Prozent liegen können.
Bei den Grünen, die in Grenchen neu gegründet antraten, hatte man sich ebenfalls mehr erhofft. Co-Präsidentin Xenia Hediger ist trotzdem nicht entmutigt angesichts der Tatsache, dass die Grünen in Grenchen bei null beginnen mussten. Sie freue sich, dass langjährige und kompetente SP-Vertreter ihre Sitze behalten konnten, meint Hediger. Man versuche, sich jetzt in die Kommissionsarbeit einzubringen, und werde sich an der Besprechung vom Dienstag um Kommissionssitze bemühen, um sich künftig dennoch politisch einbringen zu können.
SP-Newcomerin Farah Rumy hat einen Sitz im Gemeinderat knapp verpasst, konnte sich dafür aber einen Sitz im Bürgerrat sichern. Deshalb ist sie nicht traurig. «Der Bürgerrat ist für mich ein Betätigungsfeld mit neuen, interessanten Themen», sagt sie. Was die geringe Stimmbeteiligung in Grenchen betrifft, schlägt Rumy vor, die Jugendlichen vermehrt in den Schulen, vor allem den Berufsschulen zu sensibilisieren: «Es ist heutzutage nicht mehr üblich, dass zu Hause am Mittagstisch über Politik gesprochen wird», meint die Kantonsrätin. Wenn die Schule hier vermehrt in die Bresche springe, könne das politische Interesse der Jugendlichen wieder geweckt werden. «Die Wahl- und Abstimmungsunterlagen hätten sicher einigen Gesprächsstoff bieten können», meint sie.
Stadtpräsident François Scheidegger nimmt die miese Wahlbeteiligung zwar mit Unbehagen zur Kenntnis, zeigt sich aber auch nicht sonderlich überrascht. Die Abwesenheit von eidgenössischen Vorlagen schlage sich immer wieder beim Interesse nieder. «Und dies, obwohl man eigentlich meinen könnte, die lokalen Angelegenheiten müssten die Leute vermehrt interessieren.» Leider habe auch der Einsatz von Smartvote nicht wirkliche Effekte gezeitigt.
Elias Meier vom Team Meier zeigt sich mit seinen 4,1 Prozent erzielten Wählerstimmen zufrieden. «Gefehlt haben schlussendlich 360 Stimmen. Aufgrund von Corona und der tiefen Stimmbeteiligung wäre es nur mit einem grossen Kraftakt möglich gewesen, diese Stimmen zu holen», schreibt Elias Meier von der gleichnamigen unabhängigen Liste in einer Mitteilung. «Wir bleiben weiterhin in der Lokalpolitik aktiv, wenn auch nicht im Gemeinderat.» So werde man ein (ev. virtuelles) Wahlpodium organisieren, sofern es zu einer Kampfwahl ums Stadtpräsidium komme. (vgl. Kasten unten)
Am Freitag will die SVP bekanntgeben, ob sie mit Richard Aschberger für das Stadtpräsidium Grenchens kandidiert. Nach dem guten Wahlresultat im Gemeinderat und der grossen Bekanntheit als Regierungsratskandidat kann sich Aschberger eine Kandidatur vorstellen, bekräftigt er Aussagen vom Sonntag. Nicole Hirt (GLP) fordert Aschberger auf, zu kandidieren und damit eine Auswahl zu ermöglichen. Elias Meier, der vor vier Jahren Stadtpräsident François Scheidegger herausforderte, kündigt an, nicht erneut anzutreten, sofern bereits zwei Kandidaturen (z. B. Aschberger und Scheidegger) feststünden. Ein Entscheid über seine Kandidatur sei noch nicht gefallen, betont Aschberger, denn es gelte, die aktuelle politische Konstellation genau abzuwägen. Auch über das Vizepräsidium (zurzeit in SP-Hand) dürfte bei der SVP diskutiert werden, die neu stärkste Partei der Stadt. In dieser Funktion wird am Dienstag SVP-Präsident Marc Willemin erstmals die «Elefantenrunde» der Grenchner Parteipräsidenten präsidieren, welche die Verteilung der Kommissionssitze vornimmt. (at.)