Burger- und Gemeinderäte von Lengnau und Pieterlen nutzten den runden Jahrestag zum Austausch: Auf Einladung der Burgergemeinde Lengnau traf man sich im Waldhaus.
«Am 2. März 1798 um sechs Uhr abends war es schon vorbei, das Gefecht bei Lengnau. Da waren keine Gewehrsalven und kein Säbelrasseln mehr, dafür die Rufe der Plünderer, Schreie und Wehklagen der Verletzten und Überlebenden, das Prasseln der brennenden Häuser und Ställe.» So begrüsste Bettina Widmer-Renfer, Präsidentin der einladenden Burgergemeinde Lengnau, ihre Gäste.
Passend fand das Treffen der Pieterler und Lengnauer Gemeinderäte im Lengnauer Waldhaus mit Rauchküche-Catering und Speck statt. Gegenüber vor 225 Jahren tauschen sich heute die Gemeinden aus, arbeiten in der Feuerwehr LePiMe, der Ausgleichskasse, dem Bergweg zusammen – ohne natürlich auf Geplänkel und Geschichten über die damals gestohlenen Speckseiten zu verzichten.
Doch was hatte es mit diesen Speckseiten auf sich? Wie man im Artikel vom 26. Januar dieses Jahres in dieser Zeitung lesen konnte, waren den französischen Truppen Schauenburgs bei ihrem Einfall in Lengnau windige Pieterler gefolgt und hatten in der Nachbargemeinde die verlassenen Häuser und das Pfarrhaus geplündert und offenbar auch etliche Speckseiten mitgehen lassen, die in den Kaminen zum Räuchern aufgehängt waren. Seither galten die Pieterler in Lengnau als «Späcksyte-Schelme».
Über Historisches zum Gefecht bei Lengnau berichtete im Waldhaus Hans A. Renfer, wie es den Franzosen und Bernern gegangen ist und wer sonst noch seine Finger im Spiel oder eben am Speck hatte. Auf die heutige friedliche Situation zwischen den Dörfern wies Sandra Huber, Gemeindepräsidentin von Lengnau, hin. Das Schicksal anderer zeuge leider von trauriger Wiederholung der Geschichte.
Damals gelang den Franzosen der Überfall. Noch ein Vierteljahrhundert später hatte sich Lengnau nicht von diesem fürchterlichen Tag erholt. Die Geschichte mit den Speckseiten erledigte sich «offiziell» erst 1971. Die damaligen Gemeinderäte trafen sich zur Einweihung des beleuchteten Trottoirs zwischen den Dörfern. Die Beleuchtung ist heute bis auf ein Licht in der «Farb» nicht mehr, doch Gemeindepräsident Ferdinand Sperisen von Pieterlen überbrachte dazumal seinem Lengnauer Kollegen Robert Hänzi eine Speckseite.
«Es wird erzählt, die Berner hätten zu stark dem Weine gefrönt», wusste Burgerpräsident Hanspeter Scholl aus Pieterlen zu berichten. Zusammen mit Gemeindepräsident Beat Rüfli brachte er dieses Mal trotzdem einige Tropfen und keine Speckseite mit. Der ungezwungene «grenzüberschreitende» Rahmen im Waldhaus erlaubte gute Gespräche und den Austausch zwischen den Politikerinnen und Burgern der beiden Gemeinden.
Aus Lengnau sind zwei Frauen und acht Männer umgekommen. Ihnen zu Ehren steht seit 1898 ein Obelisk auf dem Friedhof mit dem Spruch «Den Gefallenen zur Ehre, der Nachwelt zur Lehre».