Spätestens seit der Ausstrahlung des DOK-Filmes am 12.04.18 wissen alle, dass Grenchen einen Anteil Fremdsprachiger von über 35 % hat. Wir bieten den Frühkindergarten, Integrationsklassen und Granges Mélanges an. In Sachen Integration unternimmt die Stadt viel und lässt sich dies auch einiges kosten. In einem entsprechenden Ranking stünde unsere Stadt auf dem Podest. Es gibt über 100 Vereine, denen man sich für wenig Geld anschliessen kann. Sie sind die besten Sprachbrücken und Integrationshilfen. Niemand kann uns also vorwerfen, nicht genug für die Integration zu tun.
Doch kürzlich habe ich im Radio (16.04.18 – Echo der Zeit) ein Interview von einer Schulleiterin aus Nordrhein-Westfalen gehört, welches mich nachdenklich stimmte. Sie sagte, die Integration sei gescheitert und man habe aus den Fehlern nicht gelernt. Ich war erstaunt, denn sie selber hat türkische Wurzeln. Ihre Eltern kamen einst nach Deutschland, um der Enge der sozialen Kontrolle in Istanbul zu entkommen. Sie seien gegenüber dem Gastland sehr dankbar gewesen, hätten am gesellschaftlichen Leben teilgenommen.
Heute fühle sie von Eltern sehr oft Ablehnung und Kritik gegenüber dem Gastland. Die zahlreichen Angebote für Eltern würden oft nicht angenommen. Ich denke, das gilt auch für die Schweiz, wenn sie sagt, dass sich die Erwachsenen viel mehr einbringen müssen und nicht nur fordern sollten. Wir bieten den Kindern von Familien mit Migrationshintergrund sehr viel. Das ist wichtig und richtig, denn wir müssen dafür sorgen, dass alle eine gute Ausbildung erhalten, um später im Arbeitsmarkt bestehen zu können.
Doch wäre es verwerflich, deren Eltern mehr in die Pflicht zu nehmen? Kann man von einem Erwachsenen, egal woher er oder sie kommt, und unabhängig vom sozialen Status, nicht ein wenig mehr Eigenverantwortung und Eigeninitiative erwarten, resp. verlangen? Wie gross ist die Motivation der sich zu Integrierenden, wenn alles auf dem Silbertablett serviert wird?
Warum soll sich jemand mit der hiesigen Sprache auseinandersetzen, wenn auf Kosten der Allgemeinheit Dolmetscher aufgeboten werden? Bei der Stadt- wie auch der Schulverwaltung finden sich Prospekte in diversen Sprachen. Ist das nicht übertrieben? Man könnte meinen: Je mehr Geld in die Integration investiert wird, desto grösser ist automatisch der Integrationserfolg.
Erfolgreiche Integration basiert doch auf einer Balance zwischen geben und nehmen. Und damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich kenne viele, die sich sehr bemühen oder bemüht und integriert haben, sie sprechen unsere Sprache auch entsprechend gut, sogar sehr gut. Aber die anderen, die nach zwei oder mehr Jahren hier, immer noch fast kein Deutsch sprechen, sollte man zum Glück «zwingen», wenn sie nicht freiwillig bereit sind, ihren Anteil zu leisten.
*Nicole Hirt Gemeinderätin und Kantonsrätin GLP