Grenchner Parktheater
Gardi Hutter sorgt zum Saisonauftakt für volles Haus

Zum Saisonanfang des Grenchner Parktheaters gab es ein volles Haus. Die Clownin Gardi Hutter begeisterte mit ihrem Programm «Die Souffleuse» das Publikum.

Kaspar Haupt
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Clownin Gardi Hutter verstrickt sich in den Fäden des Schicksals.

Clownin Gardi Hutter verstrickt sich in den Fäden des Schicksals.

Kaspar Haupt

Was für ein Original, diese flotte Dame. Gardi Hutter ist eine wunderbar schrullige Clownin. Am Samstagabend trat sie mit ihrem neuesten Stück «Die Schneiderin» im Parktheater auf. Quicklebendig wuselte sie mit Fransenperücke und kugelrund ausgestopft zwischen bunten Stoffballen und frei schwebenden Kleidern durch ihr Atelier.

Gardi Hutter stieg in ihrem letzten Stück «Die Souffleuse» unter die Bühne. Jetzt sind es die Bretter eines Schneidertisches, die ihr die Welt bedeuten. Die clownesken Frauenfiguren der 57-jährigen St. Galler Schauspielerin und Autorin haben eine globale Ausstrahlung. Zu ihrer Rolle als Clown sagt Hutter: «Wer Clown werden will, muss seine eigene Figur kreieren, er muss etwas Eigenes finden und das ist ohne grosse Krisen nicht möglich. Wenn du Frau bist, hast du noch immer grundsätzliche Zweifel, obs überhaupt möglich ist. Du hast nicht die Modelle, die schon bewiesen haben, dass es geht.»

Im zauberhaften Bühnenbild von Urs Moesch und Fausto Milano drehen sich mit Unterstützung von Lichtdesigner Reinhard Hubert und Regisseur Michael Vogel an einem fast abenteuerlichen Gestänge Schneiderpuppen mit nicht fertigen Gewändern. Riesenscheren, Nadeln und ein überdimensionaler Nähkasten, in dem sich in den Alltagswirren die Fäden verheddern, ergänzen das Bild. Quicklebendig, mittendrin die Schneiderin, bunt und dick. Gardi Hutter bleibt auch hier ihrem Markenzeichen treu, dem verzweifelten Kampf gegen die Materie.

Unumgängliche Schicksalsfäden

Mit Mimik und Gestik schafft sie es, sich aus den Fadenspulen des multifunktionalen Nähkastens zu befreien. Doch ihre Schneiderwelt hält noch viele Schicksalsfäden bereit. Es wird mit grosser Schere angerichtet, geflickt, zerschnitten und zwischendrin dürfen die Puppen tanzen. Auch ein Schluck Aquavite – Lebenswasser aus der Garnrolle – gehört dazu. Durch das Verkuppeln ihrer Garnrollen wird sie zum Spielball, und bei so vielen Spulen kann das Schicksal den Faden verlieren.

Denn das Schicksal ist seit Urzeiten mit Faden und Scheren verbunden. Die Schicksalsgöttinnen spinnen den Lebensfaden, bemessen ihn und schneiden den Faden ab. Unser Leben kann zwar an einem seidenen Faden hängen, doch es ist ein roter Faden, der uns durchs Leben führt. Das wäre alles gar nicht so schlimm, wenn die Schneiderin darüber nicht den Arbeitsplan vergässe. Die Arbeitstage schwinden dahin.

Überlebenskampf

Doch es nützt nichts, auch wenn die Schneiderin versucht, den Kalender zu manipulieren. Am Ende steht doch das Zeichen für die Ewigkeit. Dazu kommen eine enttäuschende Liebe, eine verschluckte Nadel und die Schere im Kopf. Die Schneiderin und Clownin spielt um ihr Leben. Unendlich kraftvoll und unendlich zart. Und plötzlich hat alles sein Ende. Die Schneiderin versucht, das Ende zwar hinauszuzögern – mit bibbernder Unterlippe und Hinhaltetricks.

Erst als ihr gefiederter Freund Toni das Zeitliche segnet, ergibt sie sich dem Schicksal. Es fällt ihr jetzt leicht, und sie sieht sich selber im Spiegel mit Toni herumflattern. Damit kann sie leben, und wie die Dramaturgie vorschreibt, auch sterben. Sie grüsst noch einmal ins Publikum, und der Applaus begleitet die Künstlerin. Zum Schluss zeigt sich Gardi Hutten ohne ihre Clownnase. Eine zauberhafte Vorstellung ist wirklich vorbei.