Grenchen
Für Kinder ist der Sandkasten top, für die Randständigen ein Flop

Des einen Freud, des andern Leid. Während die ersten Kinder den neuen Sandkasten auf dem Marktplatz geniessen, beklagen sich die Randständigen: «Wir wissen bald nicht mehr, wohin».

Andreas Toggweiler
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Der dreieinhalbjährige Dominic aus Grenchen freut sich am Bagger.

Der dreieinhalbjährige Dominic aus Grenchen freut sich am Bagger.

Andreas Toggweiler

Die 50-jährige Grenchnerin schaut trüb in die Welt. Etwa gleich trüb, wie das Wetter an diesem Morgen ist. In der Hand eine Büchse Billigbier aus dem Denner nebenan , sitzt sie auf einem orangefarbenen Metallstuhl, den die so genannt «Randständigen» unter der Markise des ehemaligen (und jetzt leeren) Solariums auf dem Marktplatz platziert haben. Auf einem schmalen Streifen sind die Menschen, die sich dort niedergelassen haben, etwas geschützt vor dem Regen, aber auch zunehmend zusammengepfercht. Es wird eng für sie in der Stadt.

«Das ist also der neuste Coup der Behörden»

Die Frau, welche in Grenchen aufgewachsen ist und auch hier lebt, enerviert sich. «Das ist also der neuste Coup der Behörden, um uns wegzuhaben», meint sie zum Sandkasten, der am Dienstag unter dem Baumdach eingerichtet wurde.

«Zuerst wurde das Bänkli vor der Drogerie weggemacht und jetzt können wir auch nicht mehr am Schatten sitzen. Allmählich wissen wir nicht mehr wohin wir gehen sollen.» Sie wisse schon, dass die Szene manche störe. «Aber längst nicht alle benehmen sich daneben. Abgesehen davon, dass wir nur eine Handvoll Leute sind, die regelmässig hier sind.» Und überhaupt, die, welche am Südbahnhof herumhängen, seien viel schlimmer, meint sie.

«Das wird ein einziges Hundeklo»

«Der Sandkasten wird ein einziges Hundeklo und eine Abfallhalde», prophezeit ein junger Mann, der neben ihr sitzt. Er wohne seit neun Jahren in Grenchen. Auswärtige sehe man hier nicht. Im Vergleich zu Solothurn und Biel sei die Szene im Grenchen geradezu winzig. «Doch auch das scheint manchen zu viel zu sein.» Eine Tafel der Polizei beim neuen Sandkasten macht darauf aufmerksam, dass Alkoholkonsum und Raucherwaren im Bereich des Spielplatzes tabu sind. «Das gibt uns eine bessere Handhabe, um Leute falls nötig wegzuweisen. Obwohl, im Prinzip war das schon vorher möglich», meint Polizeikommandant Christian Ambühl.

«Nur eine Verlagerung des Problems»

«Wir dürfen uns keine Illusionen machen, das ist nur eine Verlagerung des Problems», meint Ambühl weiter. «Denn in der Schweiz gibt es kein Alkoholverbot in der Öffentlichkeit und jeder darf sich aufhalten, wo er will, solange er nicht ein Rayonverbot hat.» Dieses werde ausgesprochen bei wiederholten Verstössen oder ungebührlichem Benehmen. Beispielsweise, wenn jemand an die Wand pinkelt. 16 Rayonverbote (für jeweils 30 Tage) wurden letztes Jahr ausgesprochen.

Auch Richard Aschberger, SVP-Gemeinderat und Präsident der Sozialkommission ist von der Sandkasten-Lösung nicht überzeugt. «Ich befürchte, das endet als Hundeklo», meint Aschberger. Er habe vor einem Jahr schon einen Vorschlag gemacht mit Holzspielgeräten, was unter den gegebenen Umständen wohl eine bessere Lösung gewesen wäre, wie er meint.

Wie gross ist das Problem wirklich?

Auch dass der Spielplatz das Problem mit den Randständigen nicht lösen kann, sei ihm bewusst, meint der Sozialkommissionspräsident.
Die Frage stelle sich zudem, wie gross dieses Problem überhaupt sei. «Grenchen ist eine Stadt und da gehören solche Menschen zur Gesellschaft dazu wie andernorts auch. Auch sie müssen einen Platz haben.» Ob es dazu zusätzlich spezielle Betreuungseinrichtungen braucht, bezweifelt Aschberger. Er stimme absolut mit der Einschätzung von Kurt Boner, Leiter der Sozialen Dienste Oberer Leberberg, überein, wonach beispielsweise eine Gassenküche auch in Grenchen die «Szene» nur vergrössern würde. Dies, weil Personen aus der ganzen Region angezogen würden.

Zurück auf dem Marktplatz. Die Betroffenen machen sich durchaus Gedanken, wo sie hin könnten, wenn man sie denn liesse. «Ein Hüttli hinter dem Denner, das würde wohl niemand stören», meint die Frau. Denn so wäre der Weg zum Bier nicht allzu weit. «Oder noch besser die alte Chäsi, das wäre ideal für uns.»