Die Grenchner Musigbar war für einmal nicht Auftrittsort für rockende Musiker, sondern Spielort für die Musik-Theater-Produktion «Der ferne Planet». Silvia Jost als alternde Schausspielerin Maren und ihre Mitspieler überzeugten in dem Stück, das in einer Bar spielt.
Die Grenchner Musigbar war für einmal nicht Auftrittsort für rockende Musiker, sondern Spielort für die Musik-Theater-Produktion «Der ferne Planet». Da diese aber just in einer Bar angesiedelt ist, bildete sie den exklusiven und passenden Rahmen, in welchem die Zuschauer gleichzeitig auch die Funktion der Statisten übernahmen.
Es herrscht eine gewisse Routine in Olivers Bar «Planet», die kurz vor dem Konkurs steht. Die alternde Schauspielerin Maren lässt sich vom Besitzer, einem ehemaligen Buchhändler und Linksaktivisten, ihren Spezialdrink kredenzen und offerieren. Die beiden waren offensichtlich einst liiert. Maren dazu: «Das war in der Zeit, als ich meinte, intellektuelle Fähigkeiten hätten etwas Erotisches.» Der Abend plätschert so dahin. Maren schwelgt in Anekdoten, unterhält mit Zitaten («Schiller passt immer») und hofft bei jedem Klingeln des Handys auf ein Engagement.
Die Tochter taucht auf
Helmut Dietl jedoch lässt sie eiskalt abblitzen, Wim Wenders erkundigt sich nach der Nummer einer Berufskollegin und ohne Gage für einen hoffnungsvollen Nachwuchsregisseur zu spielen, ist denn doch unter ihrer Würde. Ein Strassenmusiker spielt Songs im Stile der Siebzigerjahre. In diese Beschaulichkeit platzt ein etwas verschupft wirkendes Mädchen, Rahel, mit der Nachricht, Maren sei ihre Mutter. In einem Elternhaus mit evangelikalem Hintergrund aufgewachsen, hat sie erst vor kurzem erfasst, dass sie nicht die leibliche Tochter dieser Familie ist, sondern von ihr adoptiert wurde.
Alkohol statt Antworten
In Rückblicken erfährt man, dass Rahel tatsächlich die Frucht einer Liebe Marens mit einem Strassenmusiker ist, der dann jedoch das Weite gesucht hat. Rahel versucht, zu ihrer Mutter vorzudringen, Antworten zu erhalten. Diese jedoch ergeht sich in Selbstmitleid, frönt dem Alkohol und hat ihrer Tochter ausser Rechtfertigungsversuchen («Ich habe getan, was zu tun war») nicht viel zu bieten. Zu fern sind sich die beiden Planeten, als dass ein nachhaltiges Zusammenkommen realistisch wäre.
Ganze Familie auf der Bühne
Zum ersten Mal steht bei dieser Produktion die ganze Familie Jost-Berger gemeinsam auf der Bühne. Neben Silvia Jost (Maren) und Andreas Berger (Oliver) ist auch ihre Tochter Mirjam Berger in der Rolle der Rahel zu sehen. Silvia Jost, einem Mainstream-Publikum aus der Fernsehserie «Motel» bekannt, überzeugt mit ihrem grossen schauspielerischen Können. Mirjam Berger gibt eine glaubwürdige Rahel ab und Andreas Berger steht den beiden als eine Art Bindeglied in nichts nach. Singer/Songwriter Trummer (er hat zusammen mit Sander Timmermans die Musik komponiert) gibt dazu den herzensbrechenden Strassenmusiker Ben mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit und Authentizität.
Autor Andreas Berger hat ein Stück kreiert, welches kurzweilig daherkommt. Ein Stück, welches bewegt und dank schneller, einfallsreicher Dialoge mit Witz und Biss nicht in ein moralinsaures Lamentieren verfällt. Regisseurin Marlise Fischer schliesslich schafft es mit einfachen, aber subtilen Massnahmen, dass die Geschichte trotz mehrerer Erzählstränge jederzeit nachvollziehbar bleibt.