Hannover liegt ziemlich im Norden von Deutschland. Die Aushängeschilder der Stadt, VW und die Computermesse Cebit, kriseln. Die schlechten Wirtschaftsnachrichten versucht die dortige Politik, mit neuen innovativen Ideen von der täglichen Traktandenliste zu verdrängen. Zum Beispiel solle der städtische Briefverkehr in Zukunft «geschlechtsgerecht» erfolgen. Die Ansprache «Damen und Herren» wird gestrichen. Aus Lehrern werden Lehrende, die nicht mehr mit der Mutter eines Kindes, sondern mit einem Elternteil reden würden. Auch das Rednerpult wird nicht verschont, es verwandelt sich in ein Redepult.
Erreicht diese Sprachform auch einmal Grenchen? Wie sähe dann der Stadtbummel aus? Ich versuche die nächsten Sätze mit neuen Wortbildungen, die fett und kursiv gedruckt sind, gendergerecht zu formulieren. Der Fussgängerstreifen müsste dem Fussgangstreifen weichen. In den Geschäften würde man von Verkaufenden bedient. In der Hausbank warteten Beratende auf die Kundschaft. Aus dem Wirte-Ehepaar im Bambi würden Bewirtende. Auch das Grenchner Tagblatt müsste seinen Namen überdenken ...
Dieser Tage flattern die wenig beliebten, buntfarbigen Formulare ins Haus, denen man alles anvertrauen muss, das mit Geld oder Vermögen zu tun hat. Wie im Vorjahr werden die ausgefüllten Formulare mit den Beilagen im vorbereiteten Kuvert ins zürcherische Urdorf wandern, wo alles säuberlich und datenschutzgerecht gescannt wird, bevor sich die Solothurnsteuerbeschäftigten der Steuererklärung annehmen. Neidisch blicken wir auf den Kanton Bern. Während unsere Steuererklärung mit den Beilagen schnell einmal ein halbes Kilo auf die Waage bringt, begnügt sich unser Nachbar dank Online-Lösung mit der Unterschrift der Steuererklärungsausfüllenden auf der Freigabequittung. Nur einzelne Dokumente, wie Bankdepot oder Einlagen in die dritte Säule, werden verlangt. Wäre dies nicht auch eine Lösung für die im Kanton Solothurn Lebenden? Wir könnten mit dieser Variante dank geringerem Papier- und Tonerverbrauch einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Sogar die junge schwedische Umweltaktivieren-de Greta Thunberg hätte ihre Freude daran.
Kürzlich traf ich einen Jungunternehmenden, der voller Vorfreude von seiner bevorstehenden Hochzeit erzählte. Er lud mich zur Ziviltrauung ins Hôtel-de-Ville ein. Ich belehrte ihn, dass seit der Schliessung des Zivilstandsamtes in der Uhrenstadt nur noch einmal im Monat Heiratswillige getraut würden, und zwar im über hundertjährigen Grenchenzugehörendenhaus (Bürgerhaus). Renato Müller, Verwaltender der Grenchenzugehörendengemeinde (Bürgergemeinde) bestätigte mir, dass dieser Irrtum immer wieder vorkomme. In der Regel stünde das Hochzeitpaar am richtigen Ort, doch schon öfters warteten die Trauungsbezeugenden und die Eingeladenen am falschen Ort.
Vor einer Woche machte sich der hiesige Gewerbeverein Gedanken darüber, wie man die monatlichen Stammtische attraktiver gestalten könnte? Die jüngeren Mitglieder des Vorstandes erkannten das Problem schnell. Stammtisch klinge veraltet und spreche nur ältere Menschen an. Heute würden sich die Handwerkenden wie die Büroarbeitenden nach Arbeitsschluss zum FüBi treffen. FüBi? Klar zum «Fürobe Bier». Wenigstens ein Wort, das auch in einer gendergerechten Sprache seinen Platz finden wird.