Grenchen
Fischerboot «Vallery» wird länger, breiter und leichter als «Sandra»

Der Grenchner Büroangestellte Jailson de Barros baut schon sein zweites Boot – einen amerikanischen «Flat Flyer» namens «Vallery». Damit will er auf der Aare Fische fangen.

Oliver Menge
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Sobald die Temperaturen wieder etwas steigen, wird man Jailson de Barros vermehrt in seiner «Werft» antreffen.

Sobald die Temperaturen wieder etwas steigen, wird man Jailson de Barros vermehrt in seiner «Werft» antreffen.

Oliver Menge

Sein erstes Boot, die «Sandra», liegt momentan noch an ihrem Liegeplatz in Staad. Der Büroangestellte Jailson de Barros hatte sie vor etwas mehr als vier Jahren ins Wasser gebracht, nach rund neun Monaten Bauzeit in einer Garage am Promenadenweg. Inzwischen ist die Familie an die Lindenstrasse umgezogen, statt einer Garage dient nun ein Zelt im Garten als Werft für sein neustes Werk.

Und da liegt sie, die «Vallery», noch im Rohbau. Ende Mai letzten Jahres hat Barros mit dem Bau begonnen: Aus Holz stellte er das Grundgerippe zusammen, überzog es mit Glasfasermatten. Inzwischen ist der Rumpf fertig gespachtelt und geschliffen, nun geht es an die Profilierung der Elemente aus PVC-Hartschaum am Rumpf, die dem Boot im Wasser bei Fahrt Auftrieb verleihen und das Wasser zur Seite verdrängen. Danach erhält das Boot eine Grundierung und schliesslich wird in zwei Schichten die Aussenfarbe aufgetragen – schwarz wie die Nacht soll es werden, sein neues Fischerboot.

Bis es so weit ist, dauert es aber noch. «Die Aussentemperatur darf 15 Grad nicht unterschreiten, damit die Grundierung und die Farbe sich gut mit dem Untergrund verbinden», erklärt de Barros. Sobald der Rumpf fertiggestellt ist, wird das Boot umgedreht und der Bootsbauer kann sich dem Innenausbau widmen. «Kabine wird es auch dieses Mal keine geben», sagt de Barros schmunzelnd – seine Frau hatte schon bei der «Sandra» ihr Veto eingelegt. Und inzwischen ist so ein Aufbau auch für de Barros kein Thema, denn schliesslich ist der Hauptzweck, dem das Boot künftig dienen soll, die Fischerei. «Ein Aufbau mit einer Kabine ist bei einem Fischerboot eigentlich nur hinderlich, man muss sich frei bewegen können.» Aus diesem Grund will er am Bug auch eine begehbare Plattform anbringen.

Länger, breiter, leichter

Die «Vallery» ist um einen Meter länger und um einiges breiter als die «Sandra»: 6 Meter lang, 2,35 Meter breit. Aber sie wiegt nur etwa die Hälfte der Vorgängerin, die aus Douglasienholz gefertigt wurde. Nur etwa 150 Kilogramm wird das fertige Boot in etwa auf die Waage bringen, schätzt de Barros. Auch sonst gibt es wesentliche Unterschiede zur «Sandra»: Das neue Boot baut de Barros nach Plänen für einen Bootstyp, der insbesondere in Florida weit verbreitet ist, den «Flat Flyer». Wie der Name sagt, handelt es sich um ein flaches, eher schnelles Boot, das sich bei Geschwindigkeitsaufnahme aus dem Wasser hebt, wenig Tiefgang aufweist und flach auf dem Wasser liegt.

Entsprechend ist auch die Motorisierung eine andere: Während die «Sandra» noch mit einem 8-PS-Motor auskommen musste, plant de Barros, die «Vallery» mit einem 100 PS starken Aussenbordmotor zu bestücken. «Mit der ‹Sandra› erreichte ich gegen die Strömung der Aare nur gerade eine Geschwindigkeit von 3,5 Knoten, wenn die ganze Familie an Bord war.» Mit dem neuen Boot werden so Ausflüge am Wochenende möglich, die etwas weiter gehen als bisher. Zur Stabilisierung werden hinten spezielle hydraulisch gesteuerte Elemente auf beiden Seiten angebracht, die das Boot waagrecht halten. Der Motor wird auf einer Platte befestigt, auf der man ihn hydraulisch absenken oder anheben kann, je nach Beladung des Bootes und Wassertiefe.

Die «Vallery» soll diebstahlsicher werden – soweit als möglich, wenigstens. Denn de Barros musste letzten Sommer eine unliebsame Erfahrung machen. Zwar blieb er davon verschont, dass man ihm, wie so vielen anderen in der Region, den Motor entwendete, aber dennoch schlugen Diebe zu: «Normalerweise lasse ich meine Fischerei-Ausrüstung nicht auf dem Boot. An einem Abend aber doch, weil ich plante, am nächsten Morgen früh wieder hinauszufahren. Fazit: Alle Fischerruten wurden über Nacht gestohlen.» Auch der Treibstofftank im neuen Boot wird aus diesem Grund im Bootsrumpf integriert.

Fischerei steht im Vordergrund

Eine gepolsterte Plattform für die Bullmastiff-Hündin Leika ist natürlich auch vorgesehen, wie schon auf der «Sandra», denn das Tier ist immer dabei, wenn Jailson de Barros zum Fischen auf die Aare fährt. «Sie liebt es, dort hat sie den Überblick.»

Die «Vallery» wird hauptsächlich auf die Fischerei ausgelegt. «Zusammen mit Kollegen gehe ich etwa vier Mal die Woche fischen: Egli, Forellen, Hechte.» Die Egli werden direkt an Fluss filetiert und später eingefroren. «Ende Jahr findet dann jeweils eine Egli-Nacht statt: Zusammen mit den Fischerkollegen geniessen wir unseren Fang.» Wenn er hinausfahre, dann in erster Linie, um zu fischen. «Es gibt andere, bei denen geht es vor allem ums Grillieren, Fischen ist Nebensache. Nicht so bei mir und meinen Kollegen», sagt der 44-Jährige, der schon in seiner alten Heimat Brasilien oft mit Vater und Bruder fischen ging. Aber auch bei ihm und seinen Fischerkollegen mangle es nicht an Geselligkeit. «Und sowieso tut es gut, nach der Arbeit den Kopf an der frischen Luft auf dem Fluss zu lüften.»

Seit letztem Frühsommer hat de Barros täglich zwischen eineinhalb und zwei Stunden an seinem neuen Boot gearbeitet, am Samstag oft bis zu sechs Stunden. Geplant ist, die «Vallery» noch diesen Sommer ins Wasser zu bringen. Sein erstes Boot, die «Sandra», will de Barros im Frühling auswassern und überholen. Danach wird sie eine Reise nach Italien antreten und in Kalabrien beim Onkel seiner Frau eine neue Heimat finden. Der passionierte Fischer hatte bis jetzt noch kein eigenes Boot und wird künftig mit «Sandra» aufs Meer hinaus fahren können, um seinem Hobby zu frönen.