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Im Schulhaus III wurde eine Übung durchgeführt, um Schwachstellen aufzuzeigen.
Kurz vor 10 Uhr vormittags, im Büro von Gesamtschulleiter Hubert Bläsi im Schulhaus IV: Stadtpräsident François Scheidegger, Feuerwehrkommandant Thomas Maritz, Polizeikommandant Christian Ambühl und Hubert Bläsi besprechen, was jetzt gleich passieren wird. Man will, nach dem Umbau und dem Umzug der Schulen, im Schulhaus III einen Feueralarm auslösen und überprüfen, ob die vorbereiteten Massnahmen für so einen Fall auch wirklich genügen.
Kurz nach der grossen Pause starten Thomas Maritz und seine Assistenten von der Feuerwehr die Übung. Eine Rauchmaschine wird im ersten Stock im Schulhaus III in Betrieb genommen und nur wenig später ziehen dichte Rauchschwaden durchs Treppenhaus. Kurt Gilomen, der Hauswart, bemerkt, was da geschieht und alarmiert eine der Klassen.
Im ersten Moment sieht es ganz danach aus, als nehme man die Warnung nicht besonders ernst. Denn als Gilomen die Türe aufmacht und hereinruft «es brennt», schliesst ein Schüler die Türe wieder, als sei nichts geschehen. Doch Augenblicke später wird sie wieder geöffnet und ein ohrenbetäubendes Sirenengeheul erfüllt das Schulhaus.
Wenig später ertönen aus den oberen Stockwerken weitere Sirenen, die ersten Schülerinnen und Schüler erscheinen auf den Gängen. Dem Grinsen auf manchen Gesichtern ist zu entnehmen, dass man weiss, es handelt sich «nur» um eine Übung.
Von irgendwo her ertönt ein Martinshorn, wie dasjenige der Feuerwehr. Es ist die Schulglocke in ihrer Alarmfunktion, ausgelöst durch Schulleiter Rolf Glaus in seinem Büro. Klassenweise verlassen Lehrer und Schüler das Gebäude und draussen werden die Jugendlichen nochmals durchgezählt, ob auch wirklich alle da sind. Dann verschieben sich die Klassen zum Schulhaus IV und besammeln sich in der Aula.
Vor dem Eingang steht Herbert Winiger in einer gelben Warnweste und alle Lehrer geben ihm die Schülerzahlen ihrer Klassen an. Er war einer der ersten Lehrer, die das Gebäude verlassen haben und hat sich die Utensilien aus der dafür vorgesehenen Kiste geholt – Warnweste, Stunden-und Belegungsplan, Liste mit den Klassenverzeichnissen. Er ist auch Auskunftsperson für die Feuerwehr, die «supponiert» wenig später eintrifft und Informationen über den Verbleib der Schüler und Lehrer verlangt.
Drei Klassen fehlen. Eine ist an einer Beerdigung, wie sich später herausstellt, zwei sind im Gebäude geblieben. «Die Lehrer haben sich absolut richtig verhalten», konstatiert der Feuerwehrkommandant später, denn die Gefahr einer Rauchvergiftung sei gross. Man müsse in dem Fall im Zimmer bleiben, die Türen schliessen und sich am Fenster bemerkbar machen.
Dann die Info, die zwei Klassen seien «von der Feuerwehr evakuiert worden». Eine Gruppe kommt spät aus dem Schulhaus, Lehrer und Schüler haben im Medienraum, dem ehemaligen, äusserst gut schallisolierten Sprachlabor, nichts gehört von der Alarmierung. Eine Schwachstelle, die durch die Übung aufgedeckt wurde.
In der Aula ist es verhältnismässig ruhig. Gesamtschulleiter Bläsi erinnert die Schülerinnen und Schüler daran, dass man solche Übungen durchaus ernst nehmen müsse, denn in einem Ernstfall könne das Leben retten. Der Feuerwehrkommandant lobt die Schülerschaft für ihr vorbildliches Verhalten und die rasche Evakuierung, die ruhig und geordnet verlief. «Der Applaus gebührt Euch», sagt Bläsi. Rund eine halbe Stunde nach der Alarmierung kehren alle in ihre Schulzimmer zurück.
In der anschliessenden Übungsbesprechung zeigt der Feuerwehrkommandant einige kleine Schwachstellen auf. «Es gibt nicht viel zu beanstanden». Zwar habe die Alarmierung innerhalb einer Minute sehr rasch geklappt, aber die Sirenen seien zu wenig lang eingesetzt worden.
«Die müssen so lange betätigt werden, auch noch beim Verlassen des Gebäudes, bis die Gasflasche leer ist». Auch sei die Alarm-Pausenglocke, die einem Martinshorn der Rettungskräfte täuschend ähnlich ist, eher verwirrend als förderlich.
Und nicht zuletzt das Problem mit dem Sprachlabor. «Diese Schülerinnen und Schüler hätten einen Brand eventuell nicht überlebt», heisst es.
Bei einem Augenschein kommt man zum Schluss, hier muss eine visuelle Warnung, eine Blinkanlage montiert werden. Aber dennoch könne die Übung als erfüllt betrachtet werden, so Maritz: Innerhalb von 3 Minuten waren alle draussen – bis auf die Besagten im Sprachlabor, die erst dreieinhalb Minuten später rauskamen.
Auch den Sammelplatz, die Aula, will man nochmals zur Diskussion stellen. Ist diese nämlich durch eine Veranstaltung belegt, könnte es eng werden. Auch könnten Kinder, die eben aus einem brennenden Gebäude geflohen sind, unter Umständen Probleme damit haben, sich erneut in ein Gebäude zu begeben.
Zusätzlich zu den bisherigen Alarmierungssystemen, ist ab August eine Notfall-App im Einsatz, welche von Lehrpersonen, Leuten in der Verwaltung und anderen geeigneten Personen auf ihren eigenen Mobiles installiert werden kann. Laut Polizeikommandant Christian Ambühl mache das insofern Sinn, als dass jeder sein eigenes Handy in einer stressigen Notfallsituation immer noch am besten beherrsche.
Die Notfall-App, nachdem sie durch die Behörden für die jeweiligen Personen freigeschaltet wurde, stellt eine automatische Verbindung zur Alarmzentrale in Solothurn und den Kommandanten von Polizei und Feuerwehr her. Damit könne man auch klar zwischen Alarmen für Brandfälle und Alarme für mögliche Amokläufe unterscheiden.
Beide Szenarien haben unterschiedliche Voraussetzungen: Bei Feuer müssen alle Leute rasch evakuiert werden. Bei einem Amok-Alarm sollten sich alle möglichst in ihren Zimmern verschanzen und auf die Sicherheitskräfte warten.
Auch sollte in dem Fall auf einen lauten Alarm verzichtet werden, so Ambühl. Des Weiteren können auf der App auch Informationen und Verhaltensregeln hinterlegt werden. Auch der Standort des Benutzers ist ersichtlich.
Stadtpräsident François Scheidegger hat die entsprechenden Kosten für die Einführung des Apps von 9900 Fr. für die Initialisierung und 1000 Fr. an wiederkehrenden Kosten bereits bewilligt. Zum Vergleich: Das bisherige System kostete jährlich 12 000 Franken und deckte die Sicherheitsanforderungen nicht ab. (om)