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Prächtige Wagen, vielseitige Guggen und phantasievolle Fuss-Gruppen sorgten für einen tollen Fasnachts-Umzug. Der scheidende Umzugschef Tinu Werren wartete dabei mit einer Neuerung auf, indem er das spektakuläre Schauspiel als Cortège im Stadtzentrum ansiedelte. Der Plan ging auf: Tausende Grenchner säumten die Strassen und amüsierten sich köstlich
Es ist eine schöne Eigenheit des Grenchner Umzugs, dass auch um die Wagen herum viel Betrieb herrscht. Die Hilari-Zunft nahm dabei das unsägliche Doku-Machwerk des Schweizer Fernsehens so richtig auf die Schippe. Sie liessen «Haupttäterin» Karin Bauer und ihre bedauernswerten Mitarbeitenden noch einmal auf das Volk los. Das Fazit der Narren war schnell gezogen «Gränche top-SRF Flop». Sinnbildlich dafür wurde zum wunderschönen Grenchner Lied von Kurt Gilomen und seinen Light-Food eine Fernseh-Wildsau am Spiess so richtig durchgegart. Ein überdimensioniertes «Chnörzli» erinnerte zudem daran, was wohl als einziges vom Film im Gedächtnis haften blieb.
Äusserst gelungen auch die Persiflage der «Lunesen» auf den neuen Lehrplan unter dem Titel «Kuschelplan 21». Zwar wird den Schülern beinahe alles geboten, von der guten alten Wandtafel bis zum Computer. Allein, die scheinen sich einen Deut darum zu scheren, fläzen sich lieber «kompetenzoriendierungsloss» in den Sofas und überhaupt: «Die Mohral an der Geschicht, fertraut den Leerer nicht». Ein wiederum beeindruckender Wagen, viel Fussvolk und eine heiter-ironische Auseinandersetzung mit der Materie von der Zunft, in welcher sich besonders viele aktive und ehemalige Lehrerinnen und Lehrer engagieren.
Die Faschingszunft entführte die Zuschauenden in das faszinierende Dickicht der Dschungelwelt. Diverse prächtige Figuren aus Rudyard Kiplings Erfolgsroman tummelten sich auf und neben dem Wagen und ganz oben versuchten der Dschungelkönig sowie Bär Balu das Ganze in einigermassen geordnete Bahnen zu lenken.
Die Froschzunft hat ein gelungenes Comeback mit Gefährt am Umzug gegeben. Unmissverständlich wiesen sie mit dem Motto «Frogs on Fire» auf die Beinahe-Katastrophe beim Brand ihres Zunftlokals «Passage» hin. In passender Feuerwehrs-Montur schränzten sie, dass es eine Freude war. Die Traditionszunft hat sich nach einigen nicht ganz einfachen Jahren eindrucksvoll zurückgemeldet.
Selbst die Stadtratten kamen aus ihren Löchern gekrochen. Sie, die sonst die eher feinen Töne anschlagen, liessen es diesmal ordentlich aus den Lautsprechern krachen, ebenso die Türmliwilerzunft aus Büren, die zudem ein Konfettigebläse in Stellung brachte. Es war nicht das einzige, auch die Crazy-Beats, angekoppelt an die Frösche, versorgten das Publikum zielsicher mit den fasnächtlichen Papierschnitzel.
Gern gesehene Gäste sind immer die Narren aus Selzach. Eindrucksvoll die «Aare-Schnägge», die auf ihrem Wagen kurzerhand Donald Trump hinter Gittern verfrachteten und als «Muchachos del Selzacho» Solidarität mit Mexico zeigten. Ihre Mit-Narren aus Selzach, die «Sauzfass-Narre» feierten ihr 20 Jahr-Jubiläum als Narrenköpfe mit einem mächtig zur Schau gestellten Gebäck, das auf Othello zurückgehen soll. Die STV Jugend Selzach schliesslich blickte mit ihrem gewaltigen Raumschiff in die Zukunft, in welcher wieder einmal ein «Space Race» zu erwarten sein wird.
Einen tollen Anblick bieten jeweils die Fusstruppen. Die Muki-Bettlach verzauberte als «bunti Tierwält», die Wiiberzunft als anmutige, zum Anbeissen schöne Zuckerwättli. Erfreulich, dass sich auch unabhängige Närrinnen und Narren auf die Socken gemacht haben und als «Emojis» ihrer Kinderschar und dem Publikum viel Freude bereiteten.
Guggenmässig wurde auch einiges geboten. Die Schuelschwänzer, einmal mehr grandios gewandet, gaben als Urvolk («ufaufäu vo wit här») ihre Evergreens zum Besten. Die Wettstein Gugge bezeugte ihre Herkunft mit Waggis-ähnlichen Larven, während die «Schnaubuwetzer» aus Selzach imposant wie gewohnt aufspielten und zudem als «Könige der Arktis» auf ein brandaktuelles Thema hinwiesen.
Es mischte auch die Böögezunft mit. Ihr mythisches Einhorn wird aber bestimmt nicht als Böög verbrannt werden. Die Spannung bleibt also gewahrt, was am Aschermittwoch ein Raub der Flammen wird. Oberschnurri Dänu Wisard machte seinem Namen alle Ehre und verleitete zusammen mit den «Amedisli» die Zuschauenden dazu, ihr Portemonnaie zu zücken.
Obernarr Diego Kummer liess schliesslich zum letzten Mal in dieser Funktion seinen Charme spielen und verteilte fleissig Rosen. Wehmut war bei ihm noch nicht zu spüren, das Mundwerk funktionierte wie geölt. Mal sehen wie das am «Böögverbrennen» sein wird.