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Am kommenden Sonntag feiert Eric Nünlist das 25-Jahre-Jubiläum als Organist an der reformierten Zwinglikirche in Grenchen.
Seine Experimentierfreude als Orgelspieler – Nünlist verwendet mit Vorliebe diesen Ausdruck – kommt beim Jubiläumskonzert einmal mehr zum Ausdruck. Eine Kombination von Orgel und Jazz Big Band wird dabei zu hören sein. Doch dazu später mehr.
Nünlist ist ein musikalischer Tausendsassa, ein Glücksfall für die reformierte Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach, die seit nunmehr 25 Jahren sein Arbeitgeber ist. Für einen, der in seinem Leben 17 Mal umgezogen ist, würde man das nicht unbedingt erwarten. «Ich habe hier einfach die Rahmenbedingungen gefunden, in denen ich mich wohlfühle und ich mich entfalten kann. Man lässt mir die dafür nötige Freiheit», sagt Eric Nünlist.
Unkonventionell ging es offenbar schon bei seiner Anstellung 1992 zu, wie Nünlist berichtet. «Ich habe das Wahlgremium darauf aufmerksam gemacht, dass sie in der Stellenausschreibung einen «Tonverwalter» suchen und ich diesen Erwartungen nicht gerecht werden könne. Wenn sie hingegen einen Orgelspieler anstellen würden, dann wäre ich ihr Mann.» Eine Kirchgemeinderätin habe ihm nach der Anstellung freimütig bekannt, dass sie Orgelmusik langweilig finde. «Geben Sie mir ein Jahr», sagte Nünlist.
Nun, die Kirchgemeinde liess sich auf das Experiment ein und hat es offenbar bis heute nicht bereut. Nünlist, der in Bern Musik studiert hat, ist nicht nur ein begnadeter Live-Performer, sondern auch technisch und handwerklich begabt. So dauerte es nicht lange, bis er den Kirchgemeinderat mit einer Idee verführte, die in der Folge dazu führte, dass die Zwinglikirche heute eine der ganz wenigen Kirchen in der Schweiz mit einem Orgel-Fernwerk ist. Einer zweiten, ferngesteuerten Orgel, die Nünlist eigenhändig im Dachstuhl der Kirche eingebaut hat und die interessante Klangeffekte ermöglicht. «Die Orgel ist ja sowieso nichts anderes als ein mechanischer Synthesizer», so Nünlist.
Er sei wohl der einzige Organist weit und breit, dem man erlaubt habe, die Decke der Kirche aufzusägen, erzählt er lachend. Das war 1997, also vor genau 20 Jahren. Die Installation des Fernwerkes kostete die Kirchgemeinde nichts, sie erfolgte in Fronarbeit und durch Benefizkonzerte, welche Nünlist dafür organisierte. Der Neubau einer solchen Erweiterung hätte damals gut und gerne 300'000 Franken gekostet.
Wenn Nünlist etwas anpackt, ist er mit Leib und Seele dabei. Die Occasionsorgel für das Fernwerk hat er in Deutschland aufgetrieben, die elektronische Steuerung war eine Diplomarbeit der Ingenieurschule Biel und wurde speziell für dieses Fernwerk entwickelt und gebaut. Es hatte sich nämlich gezeigt, dass die handelsübliche Digitalverbindung für Musikinstrumente (MIDI) an der grossen Distanz zum Spieltisch gescheitert wäre, sagt der Orgelspieler. Für den Umbau der Barockorgel von 1981 hat er sich eine Grundbedingung auferlegt: Alle Eingriffe müssen reversibel sein.
Die Kirchgemeinderätin übrigens, die habe ihre Meinung zur Orgelmusik später revidiert, berichtet Nünlist weiter. Vielleicht auch, weil er viel mehr macht als Orgel spielen. Nämlich Menschen, Musikinstrumente und Musikalien (Noten) zusammenbringen, die vorher nichts miteineinander zu tun hatten. Das sei seine Stärke und die wolle er weiter pflegen. Es sind die ungewöhnlichen Instrumenten-Kombinationen, die ihn inspirieren; sei es Alphorn, Jodlerchor oder eine Jazz-Combo, die er mit der Orgel kombiniert und die auch die «Grenchner Abendmusiken», für die Nünlist verantwortlich zeichnet, unverwechselbar machen.
So wird man denn auch am kommenden Wochenende die Orgelsymphonie Opus 42 von Alexandre Guilmant erstmals in einer Version für Orgel und Big Band hören, welche der Aargauer Heini Hurni extra für die «Exciting Jazz Crew» arrangiert hat. Dazu gibts weitere Kostbarkeiten aus dem Orgelrepertoire von Eric Nünlist zu hören.
Trotz aller Avantgarde: Sein Lieblingskomponist ist und bleibt Johann Sebastian Bach (1685–1750). «Er ist einfach einzigartig, eine eigene Liga.» Und Bach war ein begnadeter Improvisator – wie Nünlist auch, der dafür sagt, dass er nicht gerne Tonaufnahmen mache. Weshalb es auch keine CDs von ihm zu kaufen gebe. Ihm liegt mehr das Spontane, Ungezwungene, bei dem man auch mal einen Fehler machen dürfe. Bei Live-Auftritten ist er in seinem Element. Das dürfte auch die Orgel-Jam-session vom Sonntag wieder zeigen.
Und wer weiss, vielleicht wird man sogar drei verschiedene Orgeln hören. Nebst der grossen Barockorgel (33 Register) und dem Fernwerk mit 11 Registern steht auf der Orgelempore noch eine transportable, sogenannte Baldachinorgel, die Nünlist privat gehört.
Konzert mit Eric Nünlist, Orgel und
Exciting Jazz Crew, Leitung Ingo Ganter, am Sonntag, 22. Oktober, um 17 Uhr in der Zwinglikirche Grenchen.
Eric Nünlist (61) wurde in Solothurn geboren und machte in Bern das Lehr- und Konzertdiplom als Musiker. Die Liebe zur Orgelmusik hat beim ihm der legendäre, leider kürzlich verstorbene, Hannes Meyer entfacht, der auf der Orgel Unterhaltungsmusik spielte, die andere ihm gerne verboten hätten und den Nünlist bereits als Jugendlicher im Internat im Bündnerland kennen gelernt hatte. Nünlist lebte an verschiedenen Orten in der Schweiz, darunter längere Zeit in Oberdorf (SO); heute ist er in Oftringen (AG) zu Hause. Er bietet mit Musikerkollegen und -kolleginnen musikpädagogische Programme für Kinder an, tritt auch mit amerikanischen Handglocken auf («Golden Bells»), war nach entsprechenden Nachdiplomstudien als Coach und Schulleiter tätig und arbeitet zurzeit wieder als Volksschullehrer (Französisch und Werken). Als Orgelspieler und Organisator der Abendmusiken in Grenchen ist er in einem 30-Prozent-Pensum angestellt.(at.)