Auch Haustiere werden alt und gebrechlich, manchmal auch verwirrt. Doch ein Chip und aufmerksame Nachbarn können helfen, wie das Beispiel der Katze «Roxy» von der Allerheiligenstrasse zeigt.
Die rote Katze liegt wie tot am Strassenrand, als sie die Journalistin am vergangenen Donnerstagmorgen erblickt: Abgemagert bis aufs Skelett, mit struppigem Fell, macht das Tier einen mitleiderregenden Eindruck. Die Passantin ist überzeugt: Das Tier braucht sofort Hilfe. Die Szene ruft gleich mehrere Anwohner der umliegenden Liegenschaften am Schmelzirain auf den Plan: Man kenne die Katze, sagt Liselotte Spahr. «Sie streunt schon lange im Quartier herum.» Jessica Stämpfli sagt: «Wir sind sicher, dass sie niemandem gehört, so elend, wie sie aussieht.»
Eine andere Frau meint: «Man sollte sie zum Tierarzt bringen.» Gesagt getan. Die Journalistin ergreift die Initiative, packt das Tier in eine Katzentransportkiste und fährt in die Praxis von Tierärztin Irene Keller. Diese stellt vorsorglich ein Fangnetz bereit. «Man weiss nie, wie so ein Wildling reagiert», sagt sie.
«Roxy» ist gechippt
Doch die Tierfreunde vermuten alle falsch. Die Katze ist nicht heimatlos. Ohne grosse Hoffnung checkt Tierärztin Keller mit einem Lesegerät, ob sie einen Mikrochip trägt. Und siehe da: tatsächlich. Mittels Code ist der Besitzer im Nu bekannt, die Praxishelferin wählt eine Telefonnummer und kann dem überglücklichen Sascha Bertolotti mitteilen, dass er seine Katze in der Praxis abholen kann. Er ist sehr erleichtert, als er kurz darauf seine geliebte «Roxy» in den Armen hält.
Diese schnurrt genüsslich und tut, als ob nichts geschehen wäre. Dabei habe sie in der Woche zuvor schon die Polizei aufgegriffen und ins Tierheim Aarebrüggli gebracht, erzählt Bertolotti. Das bestätigt Hugo Kohler von der Grenchner Stadtpolizei: «Anwohner der Schmelzistrasse meldeten eine verwilderte Katze, die einen geschwächten Eindruck mache und möglicherweise verletzt sei», sagt er. Auch Ivan Schmid, der Leiter des Tierheims, erinnert sich an den «Streuner» mit dem angeschlagenen Äusseren. So sei er überrascht gewesen, dann doch einen Chip gefunden zu haben.
Tier und Halter profitieren
Tierärztin Irene Keller, Polizist Hugo Kohler und Ivan Schmid loben Sascha Bertolotti dafür, dass er seine Katze gechipt hat. Schmid: «Es erspart Halter und Tier viel Leid, weil sie schnell wieder zueinanderfinden.» Auch wenn das Tier tot ist, zum Beispiel nach einem Autounfall. Irene Keller: «Dann informieren wir den Besitzer.» Zudem, so Keller, spare der Chip Kosten. Denn gefundene Tiere dürfen per Gesetz erst nach einer Frist von 60 Tagen entweder behalten oder weiterplatziert werden, wenn sich in dieser Zeit der Besitzer nicht ermitteln lässt. Ivan Schmid: «Bis dann müssen wir das Tier unterhalten und allenfalls medizinisch versorgen.» Alle Tiere mit Mikrochip sind bei der offiziellen Datenbank Animal Identitiy Service (ANIS) in Bern registriert. Für Hunde besteht eine gesetzliche Chip-Pflicht. Für Katzenbesitzer hingegen ist es freiwillig.
«Roxys» schlechtes Aussehen war indes schnell erklärt: Sie war 18 - für eine Katze ein biblisches Alter - und hatte eine chronische Nierenkrankheit. Laut Tierärztin Keller besteht aber kein Grund, solche Tiere einzuschläfern, solange sie noch «Freude am Leben» haben, was bei Roxy offensichtlich der Fall gewesen sei. Als zusätzliche Sicherheit trug Roxy» am Schluss noch ein Halsband mit Sascha Bertolottis Natelnummer. Dieser wird aber keine weiteren Anrufe mehr erhalten. Am Dienstag ist «Roxy» in ihrem Körbchen friedlich für immer eingeschlafen.