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Die Mazzini-Stiftung wahrt das Andenken an den italienischen Freiheitskämpfer Giuseppe Mazzini, der das moderne Italien mitbegründet hat.
Giuseppe Mazzini: Der Name des Freiheitskämpfers und Mitbegründers des modernen Italiens dürfte den meisten Grenchnerinnen und Grenchnern bekannt sein. Nicht verwunderlich, ist er in der Stadt doch gleich mehrfach anzutreffen. An der Kirchstrasse lädt Luigi Tundos Restaurant zum Verweilen. Nur einen Steinwurf davon entfernt blickt uns der Protagonist im kleinen, aber feinen Park gleich direkt entgegen, und vom Hôtel de Ville an südwärts verläuft eine Strasse, die seinen Namen trägt.
Die Pflege der Erinnerung an Giuseppe Mazzini (1805–1872) und seinen Aufenthalt in den Jahren 1834–1837 im damaligen Bachtelenbad, dem heutigen sonderpädagogischen Zentrum Bachtelen, hat sich die Mazzini-Stiftung auf die Fahne geschrieben. Herzstück ist dabei die Mazzini-Gedenkstätte. Diese befindet sich im Girardhaus, dem Hauptgebäude des Zentrums. Das Zimmer, das Mazzini während seines Aufenthalts im Bachtelenbad als Besuchs- und Besprechungsraum gedient hatte, ist heute als kleines, schmuckes Museum eingerichtet. In einer chronologischen Reihenfolge wird die Biografie von Mazzini mit alten Stichen und Verweistafeln dargestellt. Ergänzt wird die Sammlung durch Schriften von und über Mazzini und die Zeit des Risorgimentos (Kampf um einen eigenen italienischen Nationalstaat).
Vertraglich gewährt der Verein Kinderheim Bachtelen Grenchen der Stiftung das Gastrecht für das Gedenkzimmer. Die Stiftung übernimmt dafür die Inventarisierung und Kontrolle der Kunst- und Kulturgegenstände des Heimes.
Die Stiftung wurde am 21. Oktober 1991 von Dr. Theol. Anton Meinrad Meier, dem damaligen Leiter des Kinderheims Bachtelen (1968–1995), gegründet. Dieser war schon einige Jahrzehnte zuvor vom «Mazzini-Virus» befallen worden. «Ich war von den Gedanken Mazzinis beeindruckt. Sie weckten in mir nicht nur das Interesse für sein Leben, sie bewegten mich auch, Dokumente aus der Zeit des Risorgimentos zu sammeln. Das war nicht so einfach, denn über ein Jahrhundert ist in Italien kaum etwas so intensiv gesucht und gesammelt worden wie Andenken an Mazzini und Garibaldi», erklärte er anlässlich der Eröffnung des Gedenkraumes. Trotzdem gelang es ihm, innert relativ kurzer Zeit eine stattliche Sammlung anzulegen, die er nun eben in die Hände einer Stiftung legen wollte.
Als Leiter des Kinderheimes war es für den Theologen auch immer wichtig, dessen Image, das noch im zwanzigsten Jahrhundert nicht immer das beste war, zu korrigieren. Die Stiftung und die damit verbundenen kulturellen Veranstaltungen sah er als wichtiges Mittel dafür, die Verbundenheit zwischen der Stadt und dem Heim zu fördern. Ein Unterfangen, das wahrlich geglückt ist. Das «Sonderpädagogische Zentrum Bachtelen» geniesst seit Jahrzehnten über die Region hinaus einen hervorragenden Ruf und die Stadt ist bei diversen Anlässen (u. a. Kulturpreis) gern gesehener Gast in dessen Räumlichkeiten.
Die Gedenkstätte ist übrigens von Montag bis Freitag von 14.00 bis 17.00 Uhr oder nach Vereinbarung geöffnet. Es werden auch Führungen angeboten. Hier hätte sich Anton Meier etwas mehr Besuch erhofft: «Es kommen kaum Lehrpersonen mit ihren Schülern zu uns», bedauert er. Dabei wäre Mazzini eigentlich noch immer brandaktuell. Mit seinem zu seiner Zeit noch als schwärmerische Utopie geltenden Konzept eines Europas der Völker gilt er als ein früher Vordenker der modernen Europäischen Union.
Auf jeden Fall lässt es sich im Mazzini-Zimmer trefflich stöbern und schmökern. Und auch mehr ist möglich. Unter dem Namen «Atelier Bachtelen» schufen die Stadt und das Sonderpädagogische Zentrum ein Stipendium, welches einem Historiker oder einer Historikerin erlaubt, während dreier Monate Studien zu Mazzini zu betreiben. Einmal ist diese Möglichkeit bereits wahrgenommen worden. 2009 forschte der Historiker Fabio Cangini im Bachtelen zu «Mazzinis Verbrüderungsgedanke in der Tradition der politischen Europaidee». Weitere Gäste sind herzlich willkommen.
Ansonsten ist die Stiftung Mazzini gut ins solothurnische und grenchnerische Museumswesen eingebettet, wie die jetzige Präsidentin Ruth Zurschmiede ausführt. An die Öffentlichkeit tritt man aber vor allem mit Konzerten diverser Stilrichtungen.
«Als Stiftung mit klaren Leitlinien können wir finanziell nicht riesige Sprünge machen. Wir sehen uns denn auch vor allem als Plattform für jüngere Künstler», erklärt sie dazu.
Das Bachtelen ist also stets für eine Visite gut. Sei es, um mehr über den Visionär Mazzini zu erfahren, sei es, um einer kulturellen Veranstaltung beizuwohnen, oder sei es auch «nur», um sich bei einem Spaziergang in der wunderschönen Umgebung zu erholen.
Weitere Infos: www.mazzinistiftung.ch