Grenchen
Eine starke Solo-Darbietung im Parktheater

In einer Schweizer Erstaufführung gab das «Theater Kanton Zürich» mit dem Monolog «Das Auge des Tigers» ein Gastspiel im Parktheater. Überragend: Pit Arne Pietz in der Solo-Rolle.

André Weyermann
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Pit Arne Pietz glänzt zwischen Oleander und Punchingball.

Pit Arne Pietz glänzt zwischen Oleander und Punchingball.

André Weyermann

«Glaubt ihm kein Wort. Er hat’s verdient», kommt die Stimme aus dem Off. Sie gehört Barbara Reichenstein. Danach Auftritt Pit Pietz zur Erkennungsmusik «Eye of the Tiger» in Boxermontur. Er bearbeitet sogleich den Punchingball und legt los: «Um gleich mal was klarzustellen: Nur weil ich in den letzten sieben Monaten mit sechs Frauen ausgegangen bin ... und nur weil ich einen gebrauchten 911er gekauft hab ... und nur weil ich ein Zwei-Jahres-Abo fürs Fitnessstudio gebucht hab und eine Zeitlang auf Tinder war ...bin ich noch lang nicht in der Midlife-Crisis! Aber ich werd’ gestärkt aus dem allem hier rauskommen – gestärkt! Ich krieg das alles wieder auf die Reihe. Barbara nimmt mich schon wieder zurück, das weiss ich.»

Was ist passiert? Pit Pietz, Hauswartssohn aus Deutschland zieht das grosse Los. Heirat mit Barbara in die Oberklasse am Zürichberg. Dann Bandscheibenvorfall beim Herumtragen eines Oleanders. Physiotherapie bei der jungen Jenny. Affäre mit ihr, die ihm aber nach einiger Zeit den Laufpass gibt.

Nun will er zurück, begibt sich – von Barbara verordnet – in die Hände einer Psychiaterin und rollt die Geschichte von seiner Warte aus auf. Allein, das Ganze gerät zu einer einzigen grossen Rechtfertigung, inklusive einer gehörigen Portion Selbstmitleid und gipfelt im Satz: «Ich wäre Barbara gar nicht böse gewesen, dass ich sie betrogen habe.»

Immerhin, auf Anraten seiner Therapeutin kriecht er zu Kreuze, verdingt sich als Gärtner bei seiner Ehefrau. Diese lässt ihn zappeln, sitzt mit ihrem Geld und ihren Beziehungen offensichtlich am längeren Hebel. Partnerschaft auf Augenhöhe kann es erst wieder geben, wenn Pit das Gleiche erleidet wie seine Gemahlin, den Treuebruch. Aber muss es gerade mit dem von ihm so verachteten «Schnösel» Adi Grafenberg sein? Nun, die Hoffnung stirbt zuletzt und der Ausgang des über einstündigen Spektakels lässt erahnen, dass die unkonventionelle Therapie wohl gewirkt hat.

Pit Arne Pietz als gleichnamiger Protagonist gibt eine Glanzvorstellung. Mit vollem Körpereinsatz sieht man den Schauspieler am Punchingball, dann wieder im trauten Zwiegespräch mit dem Verursacher allen Übels, dem Oleander. Er zieht sich redend um, leiht seine Schauspielkunst auch weiblichen Figuren, wird zuweilen gar philosophisch, wendet sich ironisierend ans Publikum, schimpft und droht, um dann doch zu (ver)zweifeln.