Grenchen
Eindrückliche Erinnerung an unrühmliches Kapitel

Ruedi Käser, Obmann der Vereinigung für Heimatpflege in Büren an der Aare, referierte im Kultur-Historischen Museum Grenchen über das «Concentrationslager» im Häftli von 1940–1946.

André Weyermann
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Ruedi Käser anlässlich seines Vortrags im Museum.

Ruedi Käser anlässlich seines Vortrags im Museum.

André Weyermann

Es ist ein nicht gerade rühmliches Kapitel in der Schweizer Geschichte, die Zeit der Internierten im Bürener «Häftli». Ruedi Käser gelang es in seinem reich illustrierten Vortrag eindrücklich, die schwierigen Lebensbedingungen dieser Menschen aufzuzeigen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Konzentration auf ein Grosslager scheitern musste. Zur Vorgeschichte: Mitte Juni 1940 schnitten deutsche Truppen beim Westfeldzug in der Nähe von Belfort den Rückzugsweg des französischen XXXXV. Armeekorps in das Landesinnere ab. Unter den 45 000 Soldaten befanden sich auch 12 000 polnische Mitstreiter. Da diese nicht zurückgeschickt werden konnten, entschied sich die Eidgenossenschaft dazu, die Betroffenen gemäss Haager Konvention in zwei Internierungslagern, davon eines eben in Büren a. Aare, aufzunehmen.

Wie der Referent ausführte, hatte der ursprüngliche Begriff «Concentrationslager» durchaus seine Berechtigung. Zwar wurden in Büren keine Gräueltaten begangen, aber das Lager ähnelte ansonsten in vielem dem deutschen Vorbild. Die Soldaten waren in über 120 Baracken untergebracht, ein Wachturm mit Scheinwerfern sollte Fluchtversuche im Keim ersticken, ebenso ein Stacheldrahtzaun und Hundepatrouillen. Die Lagerkommandanten führten ein strenges Regime. Es ist zudem ein offenes Geheimnis, dass in Offizierskreisen mit dem Hitler-Regime sympathisiert wurde. Dazu kam die Tatsache, dass nur wenige der maximal 3500 Polen einer Arbeit nachgehen konnten. Folgerichtig kam es bereits kurz nach der Fertigstellung des Lagers zur ersten Revolte, welche auch mit Waffengewalt niedergeschlagen wurde. Um einiges besser waren die Beziehungen zur Bevölkerung, welche den Soldaten etliche Sympathien entgegenbrachten. Es wurden gar Liebschaften eingegangen und immerhin 350 Polen blieben in der Schweiz und gründeten hier eine Familie.

Trotzdem: Man sah bald ein, dass das Grosslager nicht der richtige Weg sein konnte und bis 1942 wurden sämtliche in Büren internierte polnischen Soldaten auf andere Kantone verteilt. In der Folge wurden im «Häftli» unter anderem jüdische Flüchtlinge, italienische Militärflüchtlinge und später entflohene sowjetische Deserteure untergebracht. Wobei gerade deren Schicksal betroffen macht. Denn auf Druck der Sowjetunion wurden sie schliesslich in die Heimat zurückgeschafft und sind wohl in einem «Gulag» verschwunden.

Vom ehemaligen Lager sind in Büren nur noch zwei Baracken geblieben. Dazu erinnern Gedenksteine an diese wichtige Episode in der Geschichte der Region. Im Vortrag, dem anschliessenden Film und der Diskussion, in welcher Zeitzeugen von ihren Erlebnissen berichteten, wurde ein Kapitel Schweizer Geschichte lebendig, bei welchem nicht alle Beteiligten eine gute Figur machten.